Verdacht erhärtet: Schlafmangel ist Dickmacher
Auch Schlafmangel steht inzwischen im Verdacht, als Risikofaktor die Entwicklung von Übergewicht und Fettleibigkeit zu begünstigen. Ein Experiment von US-Forscher liefert dafür jetzt neue Verdachtsmomente.
Veröffentlicht:SAN DIEGO (ob). In epidemiologischen Studien ist eine Assoziation von kurzer Schlafdauer und Adipositas beobachtet worden.
In Untersuchungen an Menschen sind als Folge von akutem Schlafmangel Veränderungen der an der Appetitregulation beteiligten Hormone festgestellt worden, die den Körper auf erhöhte Kalorienzufuhr programmieren.
Allerdings könnte eine vermehrte Kalorienaufnahme durch ein Mehr an körperlicher Aktivität während der verlängerten Wachphase wieder ausgeglichen werden. Macht Schlafmangel also wirklich dick?
Experiment an 17 gesunden Probanden
Um der Sache auf den Grund zu gehen, hat ein US-Forscherteam um Dr. Andrew D. Calvin von der Mayo-Klinik in Rochester ein Experiment gestartet, dessen Ergebnisse Calvin jetzt auf einem Kongress der American Heart Association (AHA) in San Diego (Epidemiology and Prevention/Nutrition, Physical Activity and Metabolism 2012 Scientific Sessions) vorgestellt hat.
Insgesamt 17 gesunde Probanden durchliefen dabei ein Studienprotokoll, das zunächst drei Nächte mit unbeeinflusstem Schlaf vorsah (acclimation period).
In den folgenden acht Nächten durfte die Hälfte der Teilnehmer ihre Nachtruhe weiterhin in gewohnter Länge genießen, während die andere Hälfte ihren Schlaf auf zwei Drittel der normalen Schlafdauer verkürzte (experimental phase).
In Zahlen: Schliefen die Probanden in der "Akklimatisierungsphase" im Schnitt 6,5 Stunden, waren es bei den Teilnehmern mit Schlafentzug in der "experimentellen" Phase nur noch 5,2 Stunden.
Tatsächlich stellten die Untersucher in dieser Subgruppe in der Phase mit gewollter Schlafverkürzung eine deutliche Steigerung der Kalorienzufuhr (im Schnitt 549 kcal zusätzlich) im Vergleich zur "Akklimatisierungsphase" fest.
Wer wenig schlief, aß mehr
Ein Kompensationseffekt stellte sich aber nicht ein: Auf Seiten des Energieverbrauchs gab es nämlich keine nennenswerten Veränderungen. Somit resultierte eine positive Energiebilanz, die bei chronischem Schlafentzug zwangsläufig in Übergewicht münden würde.
In einem hatten sich die Studienautoren allerdings getäuscht. Sie hatten erwartet, dass Schlafmangel die Spiegel des appetitzügelnden Hormons Leptin reduzieren und die Spiegel des appetitanregenden Hormons Ghrelin erhöhen würde.
Beobachtet wurde aber das Gegenteil: Die Leptin-Spiegel stiegen tendenziell an, die Ghrelin-Spiegel sanken gleichzeitig.
Der Körper schaltete also anscheinend mehr auf Zügelung denn auf Stimulation der Energiezufuhr. Diese Veränderung sei wohl eher eine Konsequenz der positiven Energiebilanz und nicht deren Ursache, schlussfolgern die Forscher.