Herzstiftungen fordern weniger Fett im Essen
Ein Bericht zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat die Europäischen Herzstiftungen auf den Plan gerufen. Die alarmierenden Erkrankungszahlen sollen nun auch EU-Politiker wach rütteln, damit diese die Lebensmittelindustrie stärker regulieren.
Veröffentlicht:BERLIN (eb). Die Lebensmittelindustrie solle stärker reglementiert werden, um Menschen vor schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie KHK und Schlaganfall zu schützen, die als Folge einer dauerhaft ungesunden Ernährung auftreten.
Das fordert das European Heart Network (EHN), Dachorganisation der europäischen Herzstiftungen, in einem alarmierenden Bericht.
Der Bericht "Diet, Physical Activity and Cardiovascular Disease Prevention in Europe” (Ernährung, körperliche Aktivität und Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen in Europa) analysiert die derzeit gängigen Verhaltensmuster der Europäer in puncto Nahrungsaufnahme und körperlicher Aktivität, teilt die Deutsche Herzstiftung mit.
Er liefert zudem einen aktuellen Überblick über die Beziehung zwischen Herz-Kreislauf-Gesundheit und dem, was Europäer im Schnitt täglich essen und wie körperlich aktiv sie sind.
Unter dem Vorsitz der Deutschen Herzstiftung haben Vertreter des EHN, Kardiologen und Gesundheitsexperten aus Verbänden, Gesundheitsorganisationen und medizinischen Fachgesellschaften die Ergebnisse des Reports auf einem internationalen Treffen in Berlin diskutiert.
Das Treffen ist Teil des "EuroHeart II"-Projekts, das die Europäische Union in ihrem Gesundheitsprogramm mitfinanziert.
12.000 Herz-Kreislauf-Tote pro Tag in Europa
"12.000 Europäer sterben jeden Tag an Herzinfarkten, Schlaganfällen oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Viele dieser Sterbefälle ließen sich durch einen gesunden Lebensstil mit herzgesunder Ernährung und ausreichend körperlicher Aktivität vermeiden - am besten beginnend im Kindesalter", wird der Kardiologe Professor Helmut Gohlke in der Mitteilung zitiert.
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Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen nicht nur frühzeitigen Tod und nahezu die Hälfte aller Sterbefälle jedes Jahr in der EU (48 Prozent oder über 4,3 Millionen Menschen).
"Sie führen auch zu chronischen Behinderungen in massivem Ausmaß in ganz Europa", sagt die Direktorin des European Heart Network Susanne L¢gstrup.
Am härtesten treffe es die ärmsten Bürger, und in den ärmeren europäischen Ländern sei der Gesundheitszustand dieser Menschen noch schlimmer. Auch ökonomisch stellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine enorme Belastung für die Gesundheitssysteme dar:
Nach Schätzungen verursachten sie in der EU im Jahr 2006 Kosten in Höhe von 192 Milliarden Euro.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, macht das EHN in einem Aktionsplan Vorschläge für Veränderungen in der Lebensmittel-, Handels- und Vermarktungs- sowie der Werbeindustrie.
EHN-Direktorin L¢gstrup begrüßt etwa Initiativen wie die in Dänemark eingeführte Steuer auf gesättigte Fette, auf zuckerhaltige Softdrinks in Frankreich und auf Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt in Ungarn.
"Es gibt Nachweise, dass diese Maßnahmen funktionieren", sagt L¢gstrup.
Die Lebensmittelindustrie, der Einzelhandel und die Gastronomie sollten den Empfehlungen entsprechend verbindliche Ziele eingehen, um den Gehalt an Fett, Zucker und Salz in Lebensmitteln - von Brot und Backwaren bis zu Fertiggerichten und Frühstückscerealien - zu verringern.
Dramatische Zunahme an Übergewicht und Diabetes
Der Bericht fordert auch die Europäische Kommission auf, einen Vorschlag für eine EU-weite Regulierung einzubringen, um industriell hergestellte Transfettsäuren aus Lebensmitteln, die in der EU auf den Markt kommen, zu entfernen.
Als besorgniserregend stuft der Bericht die dramatische Zunahme in der Häufigkeit von Übergewicht, Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes ein, weil damit zugleich ein Anstieg von Herz-Kreislauf-Leiden zu erwarten ist.
Bereits bei Kindern ist dem EHN-Bericht zufolge ein Anstieg an Fettleibigkeit, Diabetes und hohem Blutdruck festzustellen: Jedes vierte Kind in Europa ist übergewichtig, fünf Prozent sind fettleibig.
Deshalb propagieren das EHN und die Deutsche Herzstiftung Vorbeugung durch einen gesunden Lebensstil als Schlüssel gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Schon geringfügiges Training hat Schutzeffekt
"Schon geringfügige, dafür aber regelmäßige körperliche Aktivität, verbunden mit einer herzgesunden Ernährung, kann viel für die Vorbeugung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und anderer Leiden wie Diabetes bewirken", erläutert Gohlke.
So müsse ein 55-jähriger Mann mit 80 kg Körpergewicht nur drei mal 25 Minuten pro Woche joggen oder zwei Stunden intensiv Fahrradfahren (entspricht 1000 kcal / Woche), um so über eine Beobachtungszeit von zehn Jahren sein Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um 20 Prozent zu senken - und bekommt damit auch noch eine bessere Lebensqualität.