Verkehrte Welt

Mit Diätlimo wächst der Bauch

Cola mit Zucker macht dick, darum greifen viele lieber zur Süßstoff-Limo. Doch das ist ein Trugschluss. US-Forscher haben das Phänomen jetzt untersucht.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Kein Zucker in der Limo, aber trotzdem dick? Den Zusammenhang haben Forscher jetzt untersucht.

Kein Zucker in der Limo, aber trotzdem dick? Den Zusammenhang haben Forscher jetzt untersucht.

© Creativa/fotolia.com

SAN ANTONIO. Mit dem Konsum von Diätlimonade erreicht man offensichtlich das Gegenteil dessen, was eigentlich geplant ist. Statt zu schrumpfen, wächst der Bauch kontinuierlich und mit ihm verschiedene Gesundheitsrisiken.

In einer prospektiven Kohortenstudie wurde dieser Zusammenhang jetzt an einer Gruppe Senioren bestätigt.

Viele negative Wirkungen

Viele Menschen haben mittlerweile die Gefahren eines übermäßigen Zuckerkonsums erkannt und sind auf Produkte mit künstlichen Süßstoffen umgestiegen. Trotzdem werden die Leute immer dicker, wie mehrere Untersuchungen zum Langzeiteffekt kalorienfreier Süßstoffe ergeben haben.

Darüber hinaus zeigen sich bei Personen, die häufig kalorienfreie Süßstoffe verwenden und Diätlimonaden trinken, beispielsweise auch negative Effekte auf Blutdruck, Glukosestoffwechsel, Niere sowie Herz und Gefäße.

Konsum bei Senioren untersucht

Während die Teilnehmer früherer Studien meist jüngeren oder mittleren Alters waren, haben Sharon Fowler und Kollegen vom University of Texas Health Science Center in San Antonio/Texas nun den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Diätlimonade und Veränderungen des Taillenumfangs bei Senioren untersucht.

An der San Antonio Longitudinal Study of Aging (SALSA) nahmen 749 Amerikaner mexikanischer und europäischer Herkunft teil. Durchschnittlich wurden die Veränderungen der zu Studienbeginn mindestens 65-jährigen Probanden über 9,4 Jahre verfolgt (J Am Geriatr Soc 2015, online 17. März).

Der Body-Mass-Index der Probanden nahm während des Beobachtungszeitraums langsam zu und fiel jenseits eines Alters von 75 rasch ab. Der Taillenumfang dagegen stieg ab 65 kontinuierlich und blieb mit 80 Jahren konstant, trotz schwindender Muskelmasse und Gewichtsverlust in späteren Jahren.

So ist die Zunahme des viszeralen Fettes der bessere Parameter, um im Alter das Gefährdungspotenzial für Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall einzuschätzen.

Größter Effekt bei Männern

Konsumenten von Diätlimonade legten pro Untersuchungsintervall (Baseline: 1992-96; Follow-up (FU)1: 2000-01; FU2: 2001-03; FU3: 2003-04) dreimal mehr an Taillenumfang zu als Probanden, die auf solche Getränke vollständig verzichteten (2,11 cm vs. 0,77 cm).

In der adjustierten Analyse, in die der Anfangsumfang, demographische Charakteristika, Bewegungslevel, Diabetes und Rauchen eingingen, ergab sich für diejenigen, die gelegentlich etwa eine Cola light tranken, eine Zunahme des Taillenumfangs von durchschnittlich 1,76 cm pro Zeitintervall.

Im Mittel 3,04 cm legten die zu, die die künstlich gesüßten Getränke täglich zu sich nahmen. Über die gesamte Beobachtungszeit bedeutet dies für Verächter von Diätlimonade einen Taillenzuwachs von 2,03 cm, während gelegentliche Konsumenten insgesamt 4,65 cm und tägliche Diätlimo-Trinker 8,03 cm zulegten.

Am stärksten war der Effekt bei den Männern ausgeprägt. Auch in allen anderen Subgruppenanalysen wurden die Befunde bestätigt.

Rat zu Kaffee, Tee und Wasser

Wie die unerwartete Zunahme des Taillenumfangs zustande kommt, darüber rätseln die Studienautoren allerdings noch immer. Die tägliche Gesamtkalorienaufnahme der Probanden wurde in dieser Studie nicht überprüft.

Es könnte also durchaus sein, dass man den eingesparten Zucker an anderer Stelle mit durchschlagender Wirkung ersetzt hat.

Da mit dem Bauchumfang auch die Risiken für Herz-Kreislauf- sowie für Stoffwechselerkrankungen wachsen, sollte älteren Menschen idealerweise zu ungesüßtem Kaffee und Tee, Mineralwasser oder ungesüßten Fruchtsäften geraten werden, so Fowler und Kollegen.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 12.04.201523:54 Uhr

pardon Schreibfehler, natürlich Dr. Schätzler

---

Dr. Wolfgang P. Bayerl 12.04.201523:43 Uhr

Lieber Herr Hausarzt Schätzer aus Dortmund, keine Sorge, ich habe den Beitrag von Frau Christine Starostzik nicht Amoklauf genannt,

so unhöflich wie Sie bin ich nicht.
Ich werde für die Mitleser trotz Ihrer Polemik
sachlich antworten auch wenn das nicht ganz ohne Ironie möglich ist:

Meinten Sie etwa, die Jahreszahl 2015 verglichen mit der Jahreszahl 2007 wäre ein valides Sachargument?

Nebenbei, die hier beschriebene SALSA-Kohorte wurde befragt zwischen 1992 bis 2004 mit einem Verlust an Teilnehmern von 20-30%, das ist also dummerweise VOR 2007.

Alle anderen Untersucher sind also Dummköpfe????
Seit 1878 alles Dummköpfe?
Wahrscheinlich war auch Aristoteles ein Dummkopf, weil er ja noch viel älter ist. Er konnte schon Ursache und Wirkung auseinanderhalten, das scheint Ihnen verloren gegangen zu sein.

Zunächst also zu Ihrer offensichtlich so hoch eingeschätzte nachträgliche statistische Analyse von Sharon Fowler und Kollegen aus San Antonio, Texas von 2015 über Untersuchungen zwischen 1992 bis 2004.

Abgesehen davon, dass darin die "europäischen" Amerikaner von Anfang an signifikant dicker waren und zufällig auch signifikant mehr Diät-Limos getrunken haben als die "mexikanischen" Amerikaner
und unterhalb von einem Ausgangs BMI von 25 überhaupt keine Korrelation zu Diät-Limos mehr bestand -
- entsprechend einer statistischen negativen Korrelation zwischen Mexikohüten und Übergewicht -

… haben Sie im Gegensatz zur verehrten Frau Christine Starostzik den wichtigsten Satz offenbar nicht gelesen:

"Whether DSI exacerbated the WC gains observed in SALSA participants is unclear"
Ob Diät-Limos zur Gewichtszunahme geführt haben ist unklar!

Hier kommt wieder Aristoteles ins Spiel mit Ursache und Wirkung.
Haben nun die Amerikaner in der Studie Diät-Limos getrunken weil sie zu dick waren und die schlanken Mexikaner nicht weil sie nicht zu dick waren?
Kein Wunder, denn das wichtigste wurde NICHT berücksichtigt:

"Complete dietary intake data are not available for SALSA participants; these results are thus unadjusted for caloric intake."

Die Analyse wurde also ganz ohne Berücksichtigung der Kalorienaufnahme der Teilnehmer durchgeführt und ist daher unbrauchbar.

Nun will ich nur zum Kontrast, wie eine wissenschaftliche Fragestellung auszusehen hat, die darauf Antwort geben soll, ob Süßstoffe zur Gewichtszunahme führen nur die erste meiner zitierten Literaturangaben aus England von A. de la Hunty et al. 2006 (British Nutrition Foundation Nutrition Bulletin, 31, 115–128), ein REVIEW zitieren:

"Studies which were not randomised controlled trials in healthy adults and which did not measure energy intakes for at least 24 h were excluded from the analysis.
… A total of 16 studies were included in the analysis."

Es musste daher zumindest für 24 Stunden eine exakte Angabe der aufgenommenen Nahrungskalorien vorliegen.
Ergebnis:
"This review has shown that using foods and drinks sweetened with aspartame instead of those sweetened with sucrose is an effective way to maintain and lose weight without losing the palatability of the diet. The decrease in energy intakes and the rate of weight loss that can reasonably be achieved is low but meaningful. Some compensation for the substituted energy does occur but this is only about one-third of the energy replaced and is probably less when using soft drinks sweetened with aspartame."
Ich darf mir bitte die Übersetzung sparen.

mfG

Dr. Thomas Georg Schätzler 12.04.201519:00 Uhr

Kollege Bayerl, bitte keine kommentierenden Amokläufe!

Sie können doch nicht allen Ernstes mit Literatur-Angaben aus dem letzten Jahrhundert argumentieren. Hier in der ÄZ wird eine Publikation von 2015 referiert und Ihre Quellen stammen maximal von 1991 bis 2007!

Das kann niemand mehr ernst nehmen, was Sie da an pseudo-logischem Unsinn verzapfen. Letztlich bedienen Sie damit nur populäre Vorurteile.

Mf+KG, Dr. med. Th. G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Wolfgang P. Bayerl 11.04.201521:59 Uhr

Ralph Stein auch das mit der Tiermast ist ein (böser) Mythos!

Der Agrarexperte Prof. Dr. Edgar Schulz von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig betont, dass Süßstoffe zum Süßen und Aromatisieren von Kälber- und Ferkelfutter eingesetzt wird, um es nach dem Absetzen von Kuh- oder Sauenmilch für die Jungtiere akzeptabler zu machen. In der Mastphase ist das Futter frei von Süßstoff.
hier noch einige Literaturstellen zum Thema aus dem Internet (Sven-David Müller):

De la Hunty etal.: “A review of the effectiveness of aspartame in helping with weight control.” British Nutrition Foundation Nutrition Bulletin 31 (2006): 115-128.
Gallus etal.: “Artificial sweeteners and cancer risk in a network of case – control studies.” Annals of Oncology, 18 (2007): 40 – 44.
Ludwig etal.: Relation between consumption of sugar-sweetened drinks and childhood obesity: a prospective, observational analysis, The Lancet, Vol. 375/2001, 505?508
Tordoff etal.: Effect of drinking soda sweetened with aspartame or high-fructose corn syrup on food intake and body weight, Am J Clin Nutr, 51/1990, 963-969
D.M. DellaValle, L.S. Roe, B.J. Rolls, Does the consumption of caloric and non-caloric beverages with a meal affect energy intake?, Appetite 44 (2005) 187-193
ROLLS B.J.; 1991: Effect of intense sweeteners on hunger, food intake and body weight: a review. American Journal of Clinical Nutrition 53, S. 872-878
RENWICK A.G.; 1994: Intense sweeteners, food intake, and the weight of a body of evidence. Physiology & Behaviour 55, S. 139-143
DREWNOWSKI A.; 1995: Intense sweeteners and the control of appetite. Nutrional Reviews 53, S. 1-7
ROGERS P.J., BLUNDELL J.E., HILL A.J.; 1988: Uncoupling sweet taste and calories: comparison of the effect of glucose and three sweeteners on hunger and food intake. Appetite 11, S. 54-61
HÄRTEL B., GRAUBAUM H.-J., SCHNEIDER B.; 1993: Einfluss von Süßstoff-Lösungen auf die Insulinsekretion und den Blutglucosespiegel. Ernährungs-Umschau 40, S. 152-156
STEINIGER J., GRAUBAUM H.J., STEGLICH H.D., SCHNEIDER A., METZNER C.; 1995: Gewichtsreduktion mit saccharose- oder süßstoffhaltiger Reduktionskost? Ernährungs-Umschau 42, S. 430-437
FÖRSTER H.; 1993: Einfluss des Süßstoffs Aspartam auf den Appetit. Aktuelle Ernährungs-Medizin 18, S. 331?337
RABEN A., VASILARAS T.H.; 2002: Sucrose compared with artificial sweeteners: different effects on ad libitum food intake and body weight after 10 wk of supplementation in overweight subjects. American Journal of Clinical Nutrition 76, S. 721-729
Buchtipps: Moderne Ernährungsmärchen, Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover, 12,90 Euro, Die dicksten Diätlügen, Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover, 12,90 Euro

oder ausnahmsweise die Deutsche Gesellschaft für Ernährung:
http://tinyurl.com/lq5rc4f

Dr. Wolfgang P. Bayerl 09.04.201522:59 Uhr

Dr. Wolfgang Hensel Ihre "Mutmaßungen" sind falsch, die da lauten:

"Es gibt keine wirkliche aussagekräftige Untersuchung was mit Süssstoff im Körper passiert."

Saccharin ist farblos, wird vom menschlichen Körper schnell aufgenommen und unverändert mit dem Urin wieder ausgeschieden (nach 24 Stunden bereits 90 %).
Sacharin, Constantin Fahlberg, 1878 erster Süßstoff.

Bemühen Sie sich einfach etwas, das Thema ist hoch interessant und ist Teil des historisch internationalen Handelskrieg zwischen Deutschland , (Saccharin) und USA (Aspartam).
In Deutschland selbst wurde die Verbreitung blockiert durch die Zuckerindustrie, 1902 brutales Süßstoffverbot und erst im WK2 !, als der Zucker knapp wurde, hat man sich daran erinnert und Sacharin wieder erlaubt.

Eines der Waffen gegen den besseren Deutschen Süßstoff war das fast Verkaufsverbot in USA wegen falschem Krebsverdacht (vorgeschriebener Warnhinweis), erst aufgehoben durch Bill Clinton.
Keine der wirklich vielen Studien hat Gesundheitsrisiken beim Menschen nachweisen können.

mfG

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