Paradigmenwechsel in der COPD-Therapie
Neue Kriterien für die Therapie bei COPD-Patienten: Diese richtet sich nach der neuen GOLD-Leitlinie außer nach der Lungenfunktionsprüfung auch nach der Exazerbationsrate und dem Ergebnis von Patienten-Fragebögen zu den Symptomen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Nach der Ende Dezember 2011 publizierten aktualisierten Leitlinie der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) sollen Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) nicht mehr wie bisher strikt nach dem Ergebnis der Lungenfunktionsprüfung (LuFu) und den Symptomen therapiert werden.
An deren Stelle fließt jetzt neben der bisherigen FEV1-basierten Schweregradeinteilung, wie sie auch in der aktuellen Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin empfohlen wird, jetzt auch die Beurteilung des Exazerbationsrisikos sowie die mit Fragebögen zu erhebende Symptomenschwere in die Patientenbeurteilung mit ein.
Zunächst wird das Exazerbationsrisiko anhand der Einsekundenkapazität (FEV1), vorangegangener Exazerbationsphasen und der subjektiven Selbsteinschätzung durch den Patienten, die mittels Fragebögen (zum Beispiel CAT oder MRC) quantifiziert wird, eingeschätzt. Daraus ergeben sich vier Gruppen (A bis D).
Je nach Einschätzung unterschiedliche Medikamente
In Gruppe A zum Beispiel gehören Patienten mit niedrigem Risiko und wenigen Symptomen. Das sind Patienten mit höchstens einer Exazerbation pro Jahr und einem CAT-Test-Ergebnis < 10. Und nach der Spirometrie befinden sich die Patienten in dieser Gruppe im GOLD-Stadium I-II.
Der Gruppe D werden Patienten zugeteilt mit hohem Risiko und vermehrten Symptomen: Mindestens zwei Exazerbationen pro Jahr und CAT-Test = 10. Die Spirometrie entspricht dem GOLD-Stadium III-IV.
Je nach Einschätzung (A bis D) ergibt sich die Empfehlung zur medikamentösen Therapie. Und hierfür gibt es jetzt Medikamente der ersten und zweiten Wahl sowie Alternativen.
Für Patienten der Gruppe A wird als Medikament der ersten Wahl ein kurzwirksames Anticholinergikum oder ein kurzwirksamer Beta-2-Agonist empfohlen. Zweite Wahl sind: langwirksames Anticholinergikum (LAMA) oder langwirksamer Beta-2-Agonist (LABA) oder kurzwirksames Anticholinergikum plus kurzwirksamer Beta-2-Agonist. Als Alternative dazu wird Theophyllin genannt.
Die Empfehlungen für Gruppe D: erste Wahl ist ein inhalatives Kortikosteroid (ICS) plus LABA oder LAMA. Zweite Wahl: ICS plus LAMA oder ICS plus LABA plus LAMA oder ICS plus LABA plus PDE-4-Hemmer oder LAMA plus LABA oder LAMA plus PDE-4-Hemmer. Als weitere Alternativen für diese Patientengruppe werden genannt: Carbocystein, kurz wirksamer Beta-2-Agonist und/oder kurzwirksames Anticholinergikum, Theophyllin.
Bringt die Fülle an Therapiemöglichkeiten wirklich zur besseren Patientenversorgung?
Ähnlich wie auch schon in der aktuellen Asthma-Leitlinie der Global Initiative for Asthma (GINA) wird jetzt auch in der neuen GOLD-Leitlinie zu COPD zwischen der ersten, der zweiten und einer "alternativen" Medikamentenwahl unterschieden, kommentiert Professor Adrian Gillissen, Direktor der Klinik für Lungen- und Bronchialmedizin am Klinikum Kassel.
Zwar werde diese neue Einteilung der Heterogenität der Erkrankung zweifelsfrei besser gerecht als ein starres, letztendlich willkürlich festgelegtes Schwergradschema, aber ob die Fülle der vielen auch überlappenden Therapiemöglichkeiten tatsächlich zu einer Verbesserung der Patientenversorgung führt, müsse zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen bleiben.
Ein kompliziertes Schema müsse, so Gillissen, insbesondere für den Hausarzt, der ja die überwiegende Mehrheit der COPD-Patienten in Deutschland betreut und auf eine einfache Diagnosestellung und Therapieempfehlung angewiesen ist, nicht unbedingt besser sein als die bisherige Vorgehensweise bei dieser Lungenerkrankung.
Die vor kurzem aktualisierte COPD-Leitlinie der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) ist einsehbar auf: www.goldcopd.org
So funktioniert der CAT-Test
Der COPD Assessment Test™ (CAT) besteht aus acht Fragen und lässt sich leicht in die Praxisroutine integrieren. Ähnlich wie der bereits seit einigen Jahren etablierte Asthma Control Test (ACT) geht auch der CAT vom individuellen Beschwerdebild des Patienten aus. Der Patient soll zum Beispiel auf einer Skala von Null bis Fünf angeben, wie häufig er hustet. Null bedeutet: Kein Husten; Fünf bedeutet hingegen: ständiger Husten. Gefragt wird etwa auch nach der Menge des Auswurfs, nach der Schwere der Atemnot beim Treppensteigen sowie danach, wie sehr die Patienten bei ihren alltäglichen Aktivitäten zu Hause eingeschränkt sind. Es ergibt sich schließlich ein Summenscore zwischen 0 und 40. (ikr)
Der CAT™-Test steht zur Verfügung auf: www.CATestonline.de