Steroide bei Asthma
Gefahr für die Nebenniere?
Die Behandlung asthmakranker Kinder mit inhalierbaren Kortikosteroiden bringt offenbar den Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennieren aus dem Ruder. Gefährdet sind vor allem untergewichtige Kinder mit schlechter Lungenfunktion.
Veröffentlicht:KAPSTADT. Die Unterdrückung des Regelkreises zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebenniere (HHN-Achse) durch inhalierbare Glukokortikoide galt bislang als seltenes Phänomen.
Eine südafrikanische Studie mit 143 asthmakranken Kindern hat nun das Gegenteil gezeigt: Hier wiesen zwei Drittel der mit inhalativen Steroiden behandelten Patienten eine Dysfunktion der HHN-Achse auf (Pediatrics 2012; online 12. November).
Der HHN-Regelkreis steuert unter anderem die körpereigene Glukokortikoidproduktion in der Nebennierenrinde. Unter den Glukokortikoiden ist Kortisol als "Stresshormon" bekannt.
Es wird bei Stimulation durch das aus der Hypophyse stammende adrenokortikotrope Hormon (ACTH) ausgeschüttet und ist beteiligt an der Regulation des Blutzucker-, Eiweiß- und Knochenstoffwechsels.
Ferner ist es in der Lage, das Immunsystem zu dämpfen. Die Regulation des Kortisolspiegels im Blut erfolgt über einen Rückkopplungsmechanismus: Ist zu wenig vorhanden, wird die Hypophyse über das kortikotrope Releasing-Hormon (CRH) des Hypothalamus dazu angeregt, mehr ACTH zu produzieren.
Atrophie der Nebenniere durch Unterdrückung der Hormonachse
Eine Unterdrückung der HHN-Funktion kann langfristig zu einer Atrophie der Nebenniere führen; diese kann dann auf die ACTH-Signale nicht mehr mit der erforderlichen Hormonproduktion reagieren.
In Stresssituationen droht in einem solchen Fall schneller als sonst eine lebensgefährliche Addison-Krise. Diese kündigt sich mit Symptomen wie Müdigkeit, Bauchschmerzen, Übelkeit und Fieber an.
Das Ausmaß der HHN-Suppression bei den 5- bis 18-Jährigen wurde mithilfe des Metyrapon-Tests ermittelt. Metyrapon hemmt die 11beta-Hydroxylase und damit die Bildung von Kortisol aus dem Vorläufer Deoxycortisol (DOC).
Die Substanz wird am Vorabend der ACTH-/Kortisol-Messung verabreicht. Steigen ACTH und/oder Kortisol am nächsten Morgen unzureichend an, weist dies auf eine Insuffizienz des Regelkreises hin.
Als adäquates Ansprechen hatten die Studienautoren einen ACTH-Anstieg auf mindestens 106 pg/ml, einen 11DOC-Anstieg auf über 208 nmol/l oder einen kombinierten 11DOC-/Kortisol-Anstieg auf über 400 nmol/l festgelegt.
Besonders ungünstig: Inhalation plus nasales Steroid
Insgesamt blieben 65% der kleinen Asthmapatienten unter diesen Schwellenwerten. Der Regelkreis war vor allem bei den Kindern gestört, die zusätzlich zu ihrer Inhalationstherapie ein nasales Steroid erhalten hatten, außerdem bei Patienten mit schlechten Lungenfunktionswerten.
Ein FEV1/FVC unter 80% war mit einem gegenüber Normalwerten vierfach erhöhten Risiko einer HHN-Suppression verknüpft. Dagegen schienen Übergewicht und wiederholtes Auslassen von Steroid-Inhalationen oder nasalen Applikationen die HHN-Suppression eher zu verhindern.
Wichtig zum Verständnis: Bei der HHN-Funktion geht es nicht um alles oder nichts. Das System ist dynamisch, es kann sich regenerieren, wenn die Kortikoidtherapie ausgesetzt wird.
Dabei erholen sich zunächst Hypothalamus und Hypophyse; die Nebenniere folgt meist erst Monate später - es sei denn, sie ist bereits atrophiert. Andererseits kann trotz Hypophysenunterfunktion die Nebenniere noch vollständig aktiv sein, weil z. B. die Schädigung nur kurze Zeit angehalten hat.
In der Studie wiesen die meisten Kinder eine isolierte Suppression der Nebenniere auf. Die zentralen Anteile des Systems hatten sich hier offenbar bereits wieder regeneriert.
Die Studienautoren um Dr. Ekkehard Werner Zöllner von der Tygerberg-Kinderklinik in Kapstadt empfehlen, bei asthmakranken Kindern die HHN-Funktion zu testen, wenn folgende Faktoren zusammentreffen: niedriger BMI, kombinierte Steroidtherapie mit inhalierbaren und nasalen Präparaten sowie gute Compliance im Hinblick auf die Asthmatherapie. (eo)