Weniger Plaques im Hirn
A fish a day keeps Alzheimer's away
Meeresfische sind zwar reich an Quecksilber. Trotzdem hat eine fischreiche Ernährung für das Gehirn wohl mehr Vor- als Nachteile. Alzheimer tritt dann seltener auf. Zumindest bei Menschen mit dem Alzheimer-Risiko-Allel ApoE4.
Veröffentlicht:CHICAGO. Meeresfische enthalten zum einen wertvolle, für das Gehirn wichtige ungesättigte Fettsäuren, aber andererseits auch das Nervengift Quecksilber.
Daher stellt sich mancher die Frage, ob er dem Gehirn tatsächlich etwas Gutes tut, wenn er viel Fisch ist.
Immerhin ging in Studien ein hoher Fischkonsum mit einer erniedrigten Demenzrate einher, wobei sich nicht eindeutig sagen lässt, ob das nun tatsächlich an den Fischen liegt oder an einem insgesamt gesünderen Lebensstil.
Alzheimerrate fast halbiert
Ernährungswissenschaftler um Martha Clare von der Rush University in Chicago haben mit einem anderen Ansatz versucht, den Fisch-Demenz-Zusammenhang besser zu entschlüsseln: Sie konnten von verstorbenen Teilnehmern des prospektiven Memory and Aging Projects (MAP) die Gehirne untersuchen.
Darin fahndeten sie zum einen nach den pathologischen Markern für eine Alzheimerdemenz, also Plaques und Fibrillen, zum anderen bestimmten sie den Quecksilbergehalt in temporalen und mitfrontalen Regionen, die bei Alzheimer besonders betroffen sind.
Schließlich schauten sie, wie häufig die Verstorbenen in den Jahren vor ihrem Tod Fisch gegessen hatten. Solche Ernährungsdaten waren vor dem Tod der MAP-Teilnehmer regelmäßig erhoben worden.
Insgesamt konnten sie die Gehirne von 286 Teilnehmern unter die Lupe nehmen, die im Alter von 90 Jahren gestorben waren. Zwei Drittel waren Frauen, 23% trugen das ApoE4-Allel. Ernährungsdaten waren im Mittel in den viereinhalb Jahren vor dem Tod erfasst worden.
Wie sich zeigte, war die Quecksilberkonzentration im Gehirn umso höher, je häufiger die Teilnehmer vor dem Tod Fisch gegessen hatten.
Zugleich ließ sich bei hohem Fischkonsum (mehr als einmal pro Woche) seltener eine Alzheimerpathologie nachweisen, dies war jedoch nur bei Teilnehmern mit dem ApoE4-Allel evident, bei ihnen konnten die Forscher eine Neurofibrillen-Pathologie zu 23% und eine Plaque-Pathologie zu 31% seltener beobachten als bei Fischverächtern mit dem Risiko-Allel.
Eine Alzheimerdemenz nach pathologischen Kriterien trat sogar um 47% seltener auf. Bei Teilnehmern ohne ApoE4 zeigte sich bei regelmäßigem Fischkonsum hingegen kein Vorteil.
Macht Selen das Quecksilber unschädlich?
Ein ähnliches Bild ergab sich, wenn die Forscher um Clare den Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren wie DHA und EPA aus der Nahrung berechneten. Solche Fettsäuren stammen überwiegend aus Fischen.
Auch hier zeigte sich ein günstiger Zusammenhang nur bei den ApoE4-Trägern - je mehr solcher Fettsäuren sie vor dem Tod konsumiert hatten, umso seltener war eine Alzheimerpathologie zu beobachten.
Dagegen gab es keinerlei Zusammenhang zwischen dem Konsum von Fischen, Meeresfrüchten, den entsprechenden Fettsäuren und Makroinfarkten oder Lewy-Körperchen.
Ein hoher Konsum von Alpha-Linolensäure - einer pflanzlichen, kurzkettigen Omega-3-Fettsäure - ging wiederum mit einer geringeren Rate an pathologisch nachweisbaren Infarkten einher, und zwar unabhängig vom ApoE4-Status.
Was lässt sich also aus den Daten schließen? Erstens: Wer viel Fisch isst, muss sich offenbar wenig um das Quecksilber sorgen. Zwar steigt dann die Konzentration des Schwermetalls im Gehirn, es hat dort aber keine nachweisbare neurodegenerative Wirkung. Möglicherweise liegt das am hohen Selengehalt der Meeresfische. Selen kann die Wirkung von Quecksilber neutralisieren.
Zweitens: Viel Fisch scheint zumindest bei ApoE4-bedingtem hohem Alzheimerrisiko etwa zu nützen. Ob das auch bei Personen ohne das Allel der Fall ist, lässt sich nicht sagen, höchstens vermuten. Da bei den Personen ohne dieses Allel das Demenzrisiko deutlich geringer ist, wäre auch der Nutzen durch den Fischkonsum in absoluten Zahlen deutlich geringer und kann in einer derart kleinen Studie wohl nicht nachgewiesen werden.