Demenzprävention

Schützt Fischöl doch vor Demenz?

Ältere Personen, die viel der Omega-3-Fettsäure DHA zu sich nehmen, lagern weniger Beta-Amyloid im Gehirn ab: Dies nährt wieder die Hoffnung, mit Fischöl Alzheimer verhindern zu können.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Fisch: Ein gesundes Lebensmittel, doch schützt er auch vor Demenz?

Fisch: Ein gesundes Lebensmittel, doch schützt er auch vor Demenz?

© Sergiy Goruppa / iStock / Thinkstock

LOS ANGELES. Gegen Alzheimer ist bekanntlich noch immer kein Kraut gewachsen, und auch Milliardeninvestitionen in neue Medikamente brachten bisher nicht den gewünschten Erfolg. Lediglich ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, einer gesunden Ernährung und reger geistiger Aktivität scheint eine Alzheimerdemenz hinauszuzögern, wenngleich auch dafür lediglich epidemiologische Daten vorliegen.

Dass diese nicht einfach zu interpretieren sind, wird am Beispiel Fischöl deutlich. Freunde regelmäßiger Fischmahlzeiten entwickelten in Kohortenstudien regelmäßig seltener eine Alzheimerdemenz als Fischverächter.

In kontrollierten Studien mit dem Fischölbestandteil Docosahexaensäure (DHA) ließ sich die Alzheimerprogression jedoch nicht bremsen. Auch in Studien mit gesunden älteren Teilnehmern konnte DHA den altersüblichen kognitiven Abbau nicht verzögern.

DHA ist die häufigste ungesättigte Fettsäure im Gehirn, sie gilt daher als die "aktive Komponente" der vermuteten kognitionsprotektiven Effekte von Fischöl. Entweder ist diese Annahme falsch und man hat die falsche Komponente für Studien gewählt, oder es ist eben nichts dran am Hirnschutz durch Fischöl und seine Bestandteile.

Viel DHA, wenig Amyloid

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch noch: Vielleicht wurden auch die falschen Studien gemacht. Inzwischen gehen Experten davon aus, dass krankheitsmodifizierende Therapien bei Alzheimerkranken zu spät kommen. Therapien, die Beta-Amyloid-Ablagerungen verhindern, sollten am besten 10-20 Jahre vor den ersten Symptomen beginnen.

Vor diesem Hintergrund ist die Beobachtung interessant, dass DHA zumindest in Tierversuchen die Beta-Amyloid-Deposition reduzieren konnte.

Ein Endokrinologenteam um Dr. Hussein Yassine von der Universität in Los Angeles hat in einer Querschnittuntersuchung der Aging Brain Study nun auch bei älteren Personen Hinweise gefunden, wonach eine hohe DHA-Aufnahme mit einer reduzierten Beta-Amyloid-Last im Gehirn einhergeht (JAMA Neurol 2016; online 8. August 2016).

Dass der DHA-Konsum die Amyloidwerte tatsächlich senkt, lässt sich mit einer solchen Untersuchung freilich nicht belegen – das wäre dann in einem weiteren Schritt zu zeigen.

Die Forscher um Yassine konnten für ihre Untersuchung 61 Patienten im mittleren Alter von 77 Jahren gewinnen, die noch keine Demenz hatten, allenfalls eine leichte kognitive Beeinträchtigung. Ein Großteil war übergewichtig und hatte einen Diabetes oder Prädiabetes.

Alle Teilnehmer unterzogen sich einem PET-Scan mit einem Beta-Amyloid-Tracer sowie einer neuropsychologischen Testbatterie. Zudem maßen die Studienärzte die DHA-Spiegel im Serum und das Hirnvolumen der Probanden.

DHA-Spiegel um ein Viertel reduziert

Bei 23 der Teilnehmer (38 Prozent) fanden die Studienärzte eine erhöhte Beta-Amyloid-Ablagerung. Von einer solchen wurde ausgegangen, wenn das PET-Signal mehr als zwei Standardabweichungen über dem einer Kontrollgruppe junger Probanden lag.

Wie erwartet, hatten vor allem ältere Teilnehmer und solche mit Apo-E4-Allel eine zerebrale Amyloidose. Wurden solche Faktoren jedoch berücksichtigt, dann waren die DHA-Spiegel bei Patienten mit erhöhten Beta-Amyloid-Werten im Schnitt um rund ein Viertel geringer als bei Teilnehmern mit normalem PET-Befund.

Umgekehrt zeigten Teilnehmer im Quartil mit den niedrigsten DHA-Werten die höchste Beta-Amyloid-Last. Dagegen gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen LDL- oder HDL-Spiegeln und der Menge der Amyloidklumpen im Gehirn.

Teilnehmer mit hohen DHA-Spiegeln hatten zudem ein größeres Hippocampusvolumen, auch der linke entorhinale Kortex war relativ groß. Beide Strukturen sind für die Gedächtnisfunktion entscheidend.

Wenig überraschend schnitten die Teilnehmer mit hoher Amyloidlast bei den kognitiven Tests tendenziell schlechter ab, allerdings waren die Unterschiede statistisch nicht signifikant.

Offene Fragen

In Laborexperimenten und Tierversuchen konnte DHA die Beta- und Gamma-Sekretase-Expression senken sowie die der Alpha-Sekretase stabilisieren. Die ersten beiden Sekretasen begünstigen die Beta-Amyloid-Produktion, letztere reduziert sie. Auf diese Weise könnte DHA zur Senkung der Amyloidlast beitragen.

Ob ein hoher DHA-Konsum tatsächlich die Amyloidablagerung senkt oder nur ein Marker für einen gesunden Lebensstil darstellt, müsste nun in großen langjährigen Studien geprüft werden.

Nach dem Debakel mit so vielen unterschiedlichen Ansätzen gegen Alzheimer, dürfte es jedoch fraglich sein, ob sich für ein solches Projekt Sponsoren finden.

Immerhin kann man älteren Menschen getrost zu mehr Fisch raten, sofern dieser nicht mit Schwermetallen belastet ist. Denn die sind erwiesenermaßen nicht gut für die Hirnfunktion.

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