Diabetes Kongress
Erstes Schulungsprogramm für Insulinpumpen-Träger
Erstmals gibt es jetzt ein evaluiertes Schulungsprogramm für Menschen mit Insulinpumpentherapie. Nach Studiendaten lässt sich die Behandlung damit deutlich optimieren, wurde beim Diabetes Kongress 2018 berichtet.
Veröffentlicht:BERLIN. Mit dem neuen Schulungsprogramm INPUT lernen Patienten, das Potenzial ihrer Insulinpumpe besser auszuschöpfen. Dadurch bessert sich nach Studiendaten zum einen die Stoffwechseleinstellung zum anderen werden schwere Hypoglykämien und weitere Belastungen durch die chronische Krankheit reduziert. INPUT wurde vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) mit Unterstützung des Unternehmens Berlin-Chemie entwickelt.
Schwerpunkte der zwölf Kurseinheiten von je 90 Minuten sind Kenntnisse und Fertigkeiten, die Patienten in ihrem Umgang mit der Insulinpumpe im Alltag unterstützen. Typische Fragen sind dabei: Wie verhalte ich mich bei kurz- oder längerfristigem Ablegen der Pumpe? Wie kann ich neue technische Möglichkeiten wie den Boluskalkulator oder die kontinuierliche Glukosemessung für meine Therapie nutzen? Wie wirkt sich Sport auf meinen Insulinbedarf aus? Darüber hinaus werden auch soziale Themen wie Familie, Partnerschaft oder Beruf behandelt.
Empowerment-Ansatz
Vorgegangen wird nach dem sogenannten Empowerment-Ansatz: Bei der Vermittlung der Inhalte werden die Patienten mit ihren speziellen Fragen einbezogen und lernen so, wie sie im Alltag auftretende Probleme selbstständig lösen können. Zu den Inhalten der Schulung haben Diabetologen und Diabetesberaterinnen aus ganz Deutschland beigetragen. In vielen Workshops flossen dabei die Erfahrungen der Teams sowie das direkte Feedback ihrer Patienten ein, erläuterte Dr. Dominic Ehrmann vom FIDAM beim Diabetes Kongress.
Der Psychologe und Experte für Patientenverhalten bei Diabetes stellte dabei die Daten der Evaluationsstudie von INPUT vor. Teilnehmer waren 268 Diabetespatienten mit schon längerer Insulinpumpentherapie aus 26 Studienzentren in Deutschland. Die Patienten hatten im Schnitt bereits mehr als 22 Jahre Diabetes und waren mit einem mittleren HbA1c von 8,3 Prozent schlecht eingestellt. Nach dem Zufallsprinzip wurde dabei je die Hälfte der Patienten einer Interventionsgruppe mit der Schulung oder einer Kontrollgruppe ohne das Programm zugewiesen.
Sechs Monate nach der Schulung war der HbA1c in der Interventionsgruppe um 0,28 Prozentpunkte gesunken, in der Kontrollgruppe waren es nur 0,06 Prozentpunkte: ein statistisch signifikanter Unterschied beim primären Endpunkt. Darüber hinaus konnte der Anteil der Patienten mit sehr schweren Hypoglykämien durch INPUT signifikant reduziert werden. Ermittelt wurde in der Kontrollgruppe eine Rate von 0,7 schweren Ereignissen mit Fremdhilfe pro Jahr und damit gut viermal mehr als in der Schulungsgruppe (0,17 Ereignisse). Das Programm erhöhte bei den Teilnehmern zudem das psychosoziale Wohlbefinden und zeigte zudem signifikant positive Effekte auf deren Behandlungskompetenz.
Trainer Seminare ab Sommer
Wie geht es weiter? Die Publikation der Studie ist eingereicht, nach der Publikation wird die Zertifizierung bei der DDG und beim Bundesversicherungsamt (BVA) beantragt. Bundesweite Trainer-Seminare sind ab dem Sommer vom FIDAM in Kooperation mit Berlin-Chemie geplant. Für diese Kurse wird bei den Ärztekammern jeweils eine Zertifizierung beantragt. Auch Mitglieder des Verbands für Diabetesberatungs- und Schulungsberufe e.V. (VDBD) erhalten Fortbildungspunkte. Die Teilnehmer erlangen ein Zertifikat, das sie zur Abrechnung von INPUT berechtigt, sobald es in die KV-Verträge aufgenommen wird. Wichtige Voraussetzungen dafür sind erfüllt: Die Inhalte der Schulung entsprechen nach FIDAM-Angaben den aktuellen Leitlinien zur Insulinpumpentherapie sowie den Leitlinien zur Diabetesschulung. Das Schulungsprogramm ist kompatibel mit der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV), welche die rechtliche Grundlage der Disease-Managementrogramme (DMP) bildet.
Die INPUT-Materialien können ab Juni über den Kirchheim-Verlag bestellt werden, das Patientenbuch dazu soll es ab September geben www.kirchheim-verlag.de
Ergebnisse der Evaluationsstudie
- Sechs Monate nach der Insulinpumpen-Schulung war der HbA1c in der Interventionsgruppe um 0,28 Prozentpunkte gesunken, in der Kontrollgruppe waren es 0,06 Prozentpunkte.
- Die Rate schwerer Hypoglykämien betrug in der Kontrollgruppe 0,7 Ereignissen pro Jahr und damit gut viermal mehr als in der Schulungsgruppe. Das Programm erhöhte bei den Teilnehmern zudem das psychosoziale Wohlbefinden und zeigte zudem signifikant positive Effekte auf deren Behandlungskompetenz.