Herzkrank

Sport ist so wichtig wie Medikamente

In Bezug auf Sport bei herzkranken Menschen hat in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden: von der Warnung vor Überlastung hin zu Trainingsempfehlungen vergleichsweise hoher Intensität. Ein Spezialist für rehabilitative Sportmedizin gibt Tipps.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Optimal für KHK- oder Herzinsuffizienzpatienten ist körperliche Aktivität an sechs Tagen der Woche für 45 Minuten.

Optimal für KHK- oder Herzinsuffizienzpatienten ist körperliche Aktivität an sechs Tagen der Woche für 45 Minuten.

© Robert Kneschke / fotolia.com

MÜNCHEN. Körperliches Training hoher Intensität bei herzkranken Patienten ist vor Jahren als kontraindiziert angesehen worden.

Inzwischen wisse man, dass intensives Training sich hinsichtlich unerwünschter Wirkungen nicht von einem moderaten Training unterscheide, wohl aber mit Blick auf die positiven Effekte, so Professor Martin Halle vom Klinikum rechts der Isar an der TU München.

Wolle man signifikante Wirkungen bei Patienten mit KHK oder mit Herzinsuffizienz erreichen, brauche es große Trainingsumfänge und submaximale Belastungsintensitäten, so der Leiter des Zentrums für Prävention und Sportmedizin in einem Beitrag für "Cardio News" (2012; 6: 22). Doch wie gelangt man bei den oft dekonditionierten Patienten dorthin?

Faustregeln für die Ermittlung der Trainingsintensität sind obsolet. "Alle Patienten, die ein körperliches Training durchführen wollen, müssen vorher ergometriert werden", schreibt Halle.

Nur auf dieser Grundlage ist es möglich die submaximale Belastbarkeit zu ermitteln und unerwünschte Ereignisse beim späteren Training zu vermeiden. Besonders Patienten mit Herzinsuffizienz sollten spiroergometriert werden.

Eine zusätzliche Laktatdiagnostik ermöglicht es, die anaerobe Schwelle zu berechnen.

Optimal für KHK- oder Herzinsuffizienzpatienten ist körperliche Aktivität an sechs Tagen der Woche für 45 Minuten, und zwar bei 40 bis 60 Prozent der maximalen Herzfrequenzreserve oder 50 bis 80 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme, mindestens jedoch dreimal 20 bis 30 Minuten pro Woche.

Um dahin zu gelangen, sollte das Therapieziel in den ersten vier Wochen weniger die Intensität als die Regelmäßigkeit sein.

Sport dokumentieren

Das kann anfangs fünf Minuten zügiges Spazierengehen sein, und zwar täglich, vergleichbar mit der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten. Später wird die Intensität allmählich erhöht.

Die sportliche Aktivität sollten die Patienten in einem Heft dokumentieren, vergleichbar mit Blutzucker- oder Blutdrucktagebüchern. Essenziell, so Halle, sei zudem eine Pulsuhr, die anfangs als Leihgabe abgegeben werden könne.

Dies verstärke die Perzeption für die Bedeutung dieser Maßnahme, ebenso wie die Verordnung des Sports auf einem "Rezept für Bewegung", das zudem als Gedankenstütze für die Patienten wichtig ist.

Darüber hinaus können mit Hilfe von Schrittzählern die Alltags- und Gesamtaktivität des Patienten erfasst sowie Zielvorgaben vereinbart werden.

Um die Aktivitäten zu dokumentieren und positiven Nachdruck auszuüben, empfiehlt der Sportmediziner, die Patienten anfangs häufig einzubestellen, etwa alle zwei Wochen - später monatlich und vierteljährlich.

Die Trainingseinheiten können bei dieser Gelegenheit im Tagebuch abgestempelt und in die Patientenakte übertragen werden. Günstig ist es auch, Anforderungen für neue Medikamente mit der Vorlage des Aktivitätstagebuches zu verbinden.

Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche körperliche Aktivierung sind nach Angaben von Halle eine optimale medikamentöse Einstellung sowie gegebenenfalls operative Therapie, ebenso wie eine individuelle Gestaltung des Trainingsplans.

Patienten, die Herzsportgruppen besuchen, müssen verstehen, dass diese ein bis zwei Termine pro Woche lediglich als Anleitung für ein eigenständiges, möglichst tägliches Training dienen können.

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