Flugmedizin
Notfälle im Flieger meist glimpflich
Medizinische Notfälle an Bord eines Flugzeugs sind zwar häufig. Doch ernster Natur sind sie offenbar aber nur selten, wie eine US-Studie ergeben hat.
Veröffentlicht:PITTSBURGH. Laut den Ergebnissen, die eine Arbeitsgruppe um den Notfallmediziner Drew Peterson von der University of Pittsburgh School of Medicine vorgelegt hat, entfallen 37,4 Prozent der medizinischen Notfälle über den Wolken auf Synkopen und Präsynkopen (NEJM 2013; 368: 2075).
Atemprobleme sind mit 12,1 Prozent, Übelkeit und Erbrechen mit 9,5 Prozent und kardiale Ereignisse mit 7,7 Prozent - Herzstillstände mit 0,3 Prozent - vertreten. Bei 5,8 Prozent der Begebenheiten handelt es sich um einen epileptischen Anfall, in 2,0 Prozent um (den Verdacht auf) einen zerebralen Insult.
25,8 Prozent der Patienten werden nach der Landung notfallmäßig in eine Klinik transportiert, aber nur 8,6 Prozent müssen stationär behandelt werden - meist wegen zerebraler Insulte, respiratorischer Probleme und kardialer Ereignisse. Bei 0,3 Prozent der Patienten endet der Zwischenfall tödlich.
Ärzte, die als Passagiere an Bord sind, leisten in knapp der Hälfte (48,6 Prozent) der Notfälle medizinische Nothilfe. Nur bei jedem 13. bis 14. Patienten (7,3 Prozent) hat der Notfall eine Zwischenlandung zur Folge.
Solche außerplanmäßigen Landungen sind am häufigsten nach einem Herzstillstand an Bord (57,9 Prozent). Die Entscheidung darüber, ob der Flieger landet, liegt allerdings beim Flugkapitän, nicht beim Arzt.
Vorsicht vor unterlassener Hilfeleistung
Für ihre retrospektive Studie hatten Peterson und Kollegen die Daten von knapp 12.000 Zwischenfällen analysiert, die sich von Januar 2008 bis Oktober 2010 während eines Fluges ereignet hatten.
Die Angaben entstammten den Aufzeichnungen medizinischer Kommunikationszentren, die von Fluggesellschaften unterhalten werden.
Abgebildet waren damit rund 10 Prozent des gesamten Flugaufkommens im genannten Zeitraum. Rein rechnerisch ist damit von einem Notfall pro 604 Flügen auszugehen.
Das Alter der in die Studie einbezogenen Patienten lag im Mittel bei 48 Jahren, die Spanne betrug 14 Tage bis 100 Jahre. Automatische externe Defibrillatoren wurden bei 1,3 Prozent der Zwischenfälle eingesetzt.
"Die meisten medizinischen Notsituationen während eines Fluges sind selbstlimitierend oder werden zutreffend eingeschätzt und ohne Änderung der geplanten Flugroute behandelt", schreiben Peterson und sein Team. Ernste Erkrankungen oder gar Todesfälle seien selten.
Sich nach der Frage, ob ein Arzt an Bord sei, still zu verhalten, kann für Ärzte problematisch werden. Beispielsweise gelten in deutschen Flugzeugen die deutschen Gesetze, und die verpflichten zur Hilfe im Notfall.
Für Fehler haften müssen Ärzte nach derzeitiger deutscher Rechtslage allerdings erst bei grober Fahrlässigkeit.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Notfälle über den Wolken