Herzaktivität wird erfasst

"Intelligente" Kleidung optimiert Training

Bewegung schützt vor Krankheiten. Doch wann trainiert man optimal? Ein Fitness-Shirt hilft künftig, Überlastung oder Unterforderung zu vermeiden. Der Clou: Kombiniert mit einem Elektrorad und einem Smartphone wird es zum intelligenten Trainingsgerät.

Veröffentlicht:

ERLANGEN. Die Textilbranche erlebt derzeit eine Revolution: Bot Kleidung bisher vor allem Schutz vor Kälte, Regen und Schnee, so geht der Trend nun hin zu intelligenten, funktionalen Hightech-Textilien: Selbstreinigende Jacken, Handschuhe, die Giftstoffe erkennen oder Ski-Anoraks mit integriertem Navigationsgerät sollen ihren Trägern das Leben erleichtern.

Bei den meisten der schlauen Kleidungsstücke handelt es sich um Prototypen. Von der Stange gibt es sie noch nicht.

Bald reif für den Massenmarkt ist das FitnessSHIRT vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen, das beim Tragen kontinuierlich Körpersignale wie Atmung, Puls und die Herzraten-Variabilität - ein Maß für Anpassungsfähigkeit und Stressbelastung - misst.

Das Trikot soll voraussichtlich im Lauf des nächsten Jahres erhältlich sein, ein Investor ist bereits gefunden, berichtet die Fraunhofer-Gesellschaft.

Im Stoff verbirgt sich Elektronik

Leitfähige, im Trikotstoff integrierte textile Elektroden erfassen die Herzaktivitäten des Trägers. Ein elastisches Band um den Oberkörper nimmt zudem die Bewegungen des Brustkorbs beim Atmen auf.

Eine abnehmbare, mit Druckknöpfen befestigte Elektronikeinheit digitalisiert die Rohdaten und berechnet anhand von Algorithmen weitere Kennwerte wie Puls oder Atemfrequenz.

Die Daten werden per Funk an ein Smartphone oder wahlweise an einen PC übertragen, der sie weiter ausgewertet und speichert. Diese Parameter bilden die Grundlage, um Vitalfunktionen wie Stress, Leistungsfähigkeit, Anspannung oder Entspannung zu beurteilen.

"Das FitnessSHIRT ist vielseitig einsetzbar. Es bietet völlig neue Möglichkeiten für Sport, Freizeit und Wellness, aber auch für die Medizinbranche",wird Christian Hofmann zitiert, Ingenieur am IIS.

Beispielsweise könnte dieser "Fitnessbegleiter" Senioren oder Reha-Patienten bei Gymnastikübungen sowie beim Fahrradfahren Rückmeldung zu ihren Vitaldaten geben und sie so vor Überlastung schützen.

Auch Sportler profitieren: Zum einen trägt sich das Shirt komfortabler als ein Brustgurt. Zum anderen liefern die integrierten Sensoren detailliertere Informationen. Neben Puls und Atmung erfassen Beschleunigungssensoren die Bewegung des Anwenders und nehmen eine Auswertung vor.

"Ist der Puls beispielsweise hoch, während die Atemfrequenz und die Bewegungsaktivität niedrig sind, könnte dies ein Hinweis auf mögliche Herzprobleme sein", so Hofmann.

Smartphone am Fahrradlenker sammelt Vitalparamenter

Von dem hohen Tragekomfort und den Möglichkeiten zur Leistungsdiagnostik haben sich auch die Entwickler des MENTORbikes überzeugt, einem neuartigen Trainingsgerät bestehend aus einem Elektrofahrrad (Pedelec), einem Smartphone sowie einer intelligenten Diensteplattform.

Die Projektpartner unter der Leitung von BitifEye Digital Test Solutions wollen das Pedelec künftig in Kombination mit dem Fitnesstrikot vom IIS nutzen.

Das Shirt wird kabellos über ein Smartphone mit dem Fahrrad und der Plattform im Internet verknüpft, wo die Daten visualisiert, analysiert und dokumentiert werden, erläutert das Fraunhofer-Institut.

Das Smartphone am Fahrradlenker sammelt die übertragenen Vitalparameter wie Puls und Atemfrequenz sowie die physikalischen Daten - etwa die erbrachte Leistung und die Geschwindigkeit - analysiert diese und schaltet bei Bedarf den Elektromotor zu.

"Übersteigt der Puls beispielsweise einen Maximalwert von 150, wird der Fahrer durch den Motor unterstützt und somit entlastet.

Sinkt der Puls unter einen Wert von 80 Schlägen pro Minute, wird der Elektromotor gedrosselt und die Tretlast wieder erhöht. Die Motorleistung passt sich also automatisch an die Fitness der Radfahrer an", erläutert Markus Gratzfeld, Ingenieur bei BitifEye.

So sei sichergestellt, dass diese sich weder überanstrengten noch unterforderten, ein optimaler Trainingszustand sei jederzeit gewährleistet.

Rehapatienten, insbesondere Personen mit Herz- und Gefäßerkrankungen, könnten ihre Leistungsgrenzen besser überwachen, sich mehr zutrauen und ihren Bewegungsradius erweitern.

Wird das Trikot für Langzeit-EKGs nutzbar?

Wie das MENTORbike im Zusammenspiel mit dem FitnessSHIRT funktioniert, demonstrieren die Forscher vom IIS vom 20. bis 23. November auf der Messe Medica 2013 in Düsseldorf im Live-Betrieb am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 10, Stand F05.

Künftig wollen die Wissenschaftler mit ihrem FitnessSHIRT eine differenziertere Bewertung der Herzfunktion ermöglichen und auch den Herzrhythmus auf Störungen überwachen. Einen entsprechenden Algorithmus entwickeln die Experten derzeit, wie die Fraunhofer Gesellschaft mitteilt.

Mit dem intelligenten Kleidungsstück könnte dann ein EKG in medizinischer Qualität für kardiologische Auswertungen erfasst werden. Ärzten stünde es frei, das Trikot für Langzeit-EKGs zu nutzen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Metaanalyse zur Kardiotoxizität

Fast 1 Prozent entwickelt Herzprobleme unter Checkpointhemmern

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

Lesetipps
Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert