Bluthochdruck

Letzter Ausweg Denervation

Seit SYMPLICITY-HTN-3 hat ein Umdenken eingesetzt: Die renale Denervation gegen Bluthochdruck soll nur noch in Ausnahmen eingesetzt werden. Das hat die Deutsche Hochdruckliga zum Welthypertonietag betont. Und die Zertifizierung von Zentren soll wohl fortgesetzt werden.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Bei der renalen Denervation werden Nervenfasern in der Wand der Nierenarterien mit einem Katheter verödet.

Bei der renalen Denervation werden Nervenfasern in der Wand der Nierenarterien mit einem Katheter verödet.

© Medtronic

BERLIN. "Wir sind bei der renalen Denervation ein wenig in die falsche Richtung gegangen", sagte Privatdozent Oliver Vonend vom "medicum" Facharztzentrum Wiesbaden bei einer Veranstaltung zum Welthypertonietag am 17. Mai.

Zwischen 2009 und 2014 habe es einen großen Hype gegeben. Mittlerweile würde das Verfahren, bei dem sympathische Nervenfasern in der Wand der Nierenarterien mittels Katheter verödet werden, deutlich zurückhaltender beurteilt.

Die renale Denervation hatte in der im März 2014 beim ACC-Kongress vorgestellten SYMPLICITY-HTN-3-Studie den Blutdruck um 14 mmHg systolisch gesenkt. Bei Einsatz einer Sham-Prozedur waren es 12 mmHg, also kaum weniger.

"Die Denervation ist damit bei aktueller Studienlage die allerallerletzte Option bei Patienten, die schon Monate lang spezialärztlich betreut werden", so Vonend.

Der Nephrologe sprach sich allerdings dagegen aus, das Verfahren ganz zu beerdigen. Es gebe Patienten, denen die Medizin nichts anderes anzubieten habe.

Professor Jürgen Scholze von der Medizinischen Poliklinik der Charité Berlin, Campus Mitte, argumentierte ähnlich: "Ich wäre traurig, wenn wir die Methode ganz streichen würden. Bei Patienten, bei denen es keine Alternative gibt, würde ich sie gerne weiterhin einsetzen."

Interventionen beim Lebensstil wird unterschätzt

Scholze betonte allerdings auch, dass die Zielgruppe klein sei. Er leitet in Berlin eine Ambulanz, in die niedergelassene Ärzte Patienten einweisen, die sie für nicht therapierbar halten. "Sieben von zehn dieser Patienten verlassen uns nach Medikationsumstellung und Lebensstilintervention mit einem Blutdruck von unter 140/90 mmHg", Scholz.

Auch die übrigen, wenigen Patienten erreichen längst nicht alle jene dauerhaften 160/90 mmHg, die die Hochdruckliga in ihren im Jahr 2013 vorgelegten Empfehlungen für die Indikationsstellung einer Denervation mindestens fordert.

Professor Reinhold Kreutz vom Institut für Klinische Pharmakologie der Charité betonte, dass der Erfolg von Lebensstilinterventionen gerade bei schwer einstellbarem Hochdruck unterschätzt werde. Dies gelte für körperliche Bewegung und Gewichtsabnahme, aber auch für den Salzkonsum.

Bevor überhaupt nicht-evidenzbasierte Verfahren wie die Denervation in Erwägung gezogen würden, sollte eine erhöhte Salzaufnahme konsequent reduziert werden, so der Vorstand der Hochdruckliga.

Was die von der Hochdruckliga und den Deutschen Gesellschaften für Kardiologie und Nephrologie gemeinsam aufgelegte Zertifizierung von "Renale-Denervations-Zentren (RDZ)" angeht, so scheint es derzeit keine Pläne für eine Veränderung des Programms zu geben. "Meiner Meinung nach ist die Zertifizierung jetzt wichtiger denn je", so Vonend.

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