Bluthochdruck

Nachts zeigt sich die wahre Gefahr

Eine große Metaanalyse und eine 16-Jahresstudie bestätigen: Wenn nachts der Blutdruck zu hoch ist, dann ist die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall am größten. Die Messung in der Praxis ist dagegen weit weniger aussagekräftig.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Einsatz beim Patienten: Nächtlicher Blutdruck gibt am besten Auskunft über das kardiovaskuläre Risiko.

Einsatz beim Patienten: Nächtlicher Blutdruck gibt am besten Auskunft über das kardiovaskuläre Risiko.

© Arne Trautmann / panthermedia

NEW YORK. Die Ergebnisse einer großen Metaanalyse sind zwar alles andere als neu, sie bestätigen aber anhand einer großen Patientenzahl: Der nächtliche Blutdruck gibt am besten Auskunft über das kardiovaskuläre Risiko, die Tagesmessung schon weniger und die Messung in der Klinik oder Praxis kann man sich bei Hypertonikern fast sparen - sie lässt jedenfalls kaum Rückschlüsse auf das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko zu, haben US-Ärzte auf dem Kongress der American Society of Hypertension (ASH) in New York berichtet.

Für ihre Analyse haben Dr. George Roush und Mitarbeiter vom St. Vincent Medical Center in Bridgeport Angaben zu knapp 14.000 Hypertonikern von neun Kohortenstudien aus Europa, Japan und Brasilien ausgewertet (Journal of the American Society of Hypertension 2014; Supplement 8(4) e59).

In allen Studien hatten die Teilnehmer zu Beginn eine ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung erhalten, zusätzlich war bei ihnen in einer Klinik oder Praxis der Blutdruck bestimmt worden.

Für jeden nächtlichen systolischen Anstieg um 10 mmHg ließ sich aus diesen Daten ein um 25 Prozent erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse berechnen, bei einem entsprechenden Anstieg tagsüber war das Risiko noch 20 Prozent erhöht und bei einer Praxismessung nur noch 11 Prozent.

Wurden diverse Begleitfaktoren berücksichtigt, änderte sich praktisch nichts beim nächtlichen Risiko (plus 26 Prozent pro 10 mmHg), für die Tages- und Praxismessung ergab sich jedoch überhaupt keine Risikoerhöhung mehr (plus 1 und 0 Prozent).

Schauten die Ärzte um Roush nun getrennt nach kardialen und zerebralen Ereignissen, so fand sich kein Unterschied, in beiden Fällen war das Risiko nur bei einem nächtlichen systolischen Anstieg signifikant erhöht.

Auch wenn nur die sechs Studien mit der höchsten Qualität herangezogen wurden, veränderte dies das Ergebnis nicht maßgeblich, der Unterschied war dann sogar noch größer (27 Prozent mehr Ereignisse pro 10 mmHg nachts, plus 1 und 0 Prozent für die Tages- und Praxismessung).

Risiko: hoher diastolischer Wert

In eine ähnliche Richtung deutet eine Studie finnischer Ärzte um Dr. Teemu Niiranen aus Turku (Journal of the American Society of Hypertension 2014; Supplement 8(4):e3-4).

Sie hatten das Schicksal von 464 Hypertonikern untersucht, bei denen zwischen 1992 und 1996 der Blutdruck in der Praxis, zu Hause und per 24-Stunden-Messung bestimmt worden war.

Nach einer Beobachtungsdauer von im Schnitt 16 Jahren war es bei knapp 14 Prozent der Teilnehmer zu einem kardiovaskulären Ereignis gekommen.

Auch hier war die Blutdruckmessung in der Praxis kaum prädiktiv, die zu Hause schon eher. Den besten prädiktiven Wert lieferte die 24-Stunden-Messung.

Wurden diverse Begleit- und Störfaktoren berücksichtigt, dann ließ sich das kardiovaskuläre Risiko sogar nur mit der 24-Stunden-Messung präzise abschätzen.

Am stärksten war hier die Divergenz beim diastolischen Druck: Wurde in der Praxis ein Wert von 110 mmHg gemessen, dann lag die Rate für kardiovaskuläre Ereignisse in der Folgezeit bei 20 Prozent, wurde dieser Wert jedoch nachts gemessen (während der 24-Stunden-Messung), dann erlitten 60 Prozent dieser Patienten später einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Beim systolischen Druck lagen die Werte zwar etwas näher beieinander, doch auch hier zeigte sich, dass ein nachts erhöhter Blutdruck gefährlicher ist als ein ähnlich hoher tagsüber oder in der Praxis bestimmter Wert.

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