Welt-Hypertonie-Tag
Experten loben manche Blutdruck-Apps
Die Deutsche Hochdruckliga unterstützt den Einsatz von Gesundheits-Apps, die der Protokollierung des Blutdrucks dienen. Die dokumentierten Werte sollten dabei mit zertifizierten Messgeräten erhoben werden, fordert sie.
Veröffentlicht:BERLIN. Für ein medikamentöses Selbstmanagement, wie es beim insulinabhängigen Diabetes gang und gäbe ist, sei die arterielle Hypertonie eher nicht geeignet, betont Dr. Egbert Schulz vom Blutdruckinstitut Göttingen.
Mobile Hypertonie-Apps, die suggerierten, dass sie anhand von Messwerten Empfehlungen zur medikamentösen Therapie geben könnten, seien deswegen sehr kritisch zu bewerten.
"Für Menschen mit hohem Blutdruck ist ein solches Selbstmanagement nicht möglich", so Schulz. "Die medikamentöse Therapie bei arterieller Hypertonie ist zu komplex, als dass Patienten Dosierungen selbst ändern oder Wirkstoffe austauschen können".
Bereits eine automatisierte Blutdruckbeurteilung, etwa durch eine Ampelfunktion mit "grün-gelb-rot", sei problematisch, sobald Patienten dadurch veranlasst würden, die Dosierung der Medikamente selbst zu verändern.
Schulz, der Mitglied der Kommission Telemedizin und E-Health bei der Deutschen Hochdruckliga (DHL) ist, betonte bei einer Veranstaltung der DHL im Vorfeld zum Welt-Hypertonie-Tag am 17. Mai, dass eine therapieleitende App als höherklassiges Medizinprodukt einzustufen sei, was eine entsprechende Zertifizierung erfordere, die dann auch eine klinische Prüfung einschließe.
Dies sei bei Hypertonie-Apps bisher aber nicht gegeben. In diesem Bereich sei auch auf regulatorischer Ebene noch viel unklar.
Zuverlässigere Blutdruckwerte
Rein auf Dokumentation und Adhärenzverbesserung zielende Hypertonie-Apps für das Smartphone bewertete der Experte auch im Namen der Hochdruckliga dagegen positiv.
Diese könnten dazu beitragen, dass Ärzte einen besseren Überblick über den Blutdruckverlauf bekämen, und sie könnten den Patienten bei der Einnahme der Medikamente unterstützen.
Auch würden die Infos zu Blutdruckwerten durch digitale Systeme tendenziell zuverlässiger. So gebe es Untersuchungen zu handschriftlichen Blutdruck-Tagebüchern, die darauf hindeuteten, dass ein relevanter Anteil der Einträge in solchen Tagebüchern falsch ist.
Bei der automatischen Übermittlung digitaler Messwerte in eine App fallen zumindest einige potenzielle Fehlerquellen weg. Voraussetzung sei allerdings, dass qualitativ hochwertige Messgeräte eingesetzt würden, am besten solche mit einem Prüfsiegel etwa der DHL.
Gerade was die Blutdruckmessverfahren angeht, sieht Schulz derzeit in der digitalmedizinischen Szene eher die Verwirrer am Werk.
Besonders kritisch seien Messverfahren zu bewerten, die den Blutdruck durch Auflegen der Smartphone-Kamera auf die Fingerbeere ermitteln: "Davon raten wir klar ab. Da kann man auch würfeln."