Herzkatheter
Deutsche Kardiologen müssen sich umstellen
Paradigmenwechsel im Zusammenhang mit Herzkathetern: Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie macht sich für die Arteria radialis als Zugangsweg der ersten Wahl für Herzkatheter stark. Bislang ist das in Deutschland nicht üblich.
Veröffentlicht:SOPHIA ANTIPOLIS. Die Frage des arteriellen Zugangswegs für Koronarangiografie und perkutane Koronarintervention (PCI) polarisiert die Kardiologen.
Die mögliche Wahl zwischen Arteria femoralis und Arteria radialis fällt von Land zu Land sehr unterschiedlich aus.
In Deutschland oder den USA erfreut sich der transfemorale Zugang breiter Zustimmung der Kardiologen, während der Weg über die Arteria radialis die Ausnahme ist und oft auf Ablehnung stößt.
In anderen europäischen Ländern wie Italien, Frankreich oder den skandinavischen Ländern gehört der Radialiszugang dagegen mit einem Anteil von über 50 Prozent längst zur täglichen Routine.
Transradiale Route präferiert
Jetzt hat die im südfranzösischen Sophia Antipolis ansässige ESC ein klares Zeichen gesetzt. In einem aktuellen "Konsensus-Dokument" ergreifen von der ESC mit der Aufarbeitung der Sachlage beauftragte Experten Partei für die transradiale Route als Zugangsweg der ersten Wahl (Eurointervention 2013; online 28. Januar).
Als Argument für den aus ärztlicher Sicht anspruchsvolleren Radialiszugang, der durch technische Verbesserungen aber mittlerweile einfacher geworden ist, wird in erster Linie die nachweisliche Reduktion von Blutungen an der Punktionsstelle genannt.
Patienten bevorzugen diesen Zugangsweg auch deshalb, weil sie danach ohne lange Immobilisierung schneller wieder auf die Beine kommen. Aus der Reduktion der Blutungskomplikationen scheint allerdings nach derzeitiger Studienlage kein genereller prognostischer Vorteil zu resultieren.
Allerdings mehren sich Belege dafür, dass vor allem Patienten mit ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) auch von einer Reduktion der Mortalität bei transradialer PCI profitieren.
Längere Durchleuchtungszeiten ein Problem
Skeptiker verweisen auf verlängerte Behandlungs- und Durchleuchtungszeiten als Problem. Pauschale Aussagen lassen sich dazu aber nicht machen. Ganz entscheidend ist die Expertise der Untersucher und Zentren.
Wird der radiale Zugang - nach einer unumgänglichen längeren Lernkurve - von erfahrenen Untersuchern gut beherrscht, relativieren sich viele vermeintliche Nachteile.
Um die nötigen Fertigkeiten dauerhaft zu erhalten, empfehlen die ESC-Experten, dass der Anteil diagnostischer oder therapeutischer Katheter-Eingriffe via Radialiszugang an Zentren bei über 50 Prozent liegen sollte und jeder Untersucher jährlich auf ein Minimum von 80 solcher Prozeduren kommen sollte.