Häufig bei Frauen
Herzinfarkt ohne Brustschmerzen
Schmerzen in der Brust gelten als das Hauptsymptom eines Herzinfarkts. Fehlen sie, schließt das ein akutes Konorarsyndrom aber nicht aus - schon gar nicht, wenn die betroffene Frau um die 50 ist.
Veröffentlicht:MONTREAL. Die meisten Herzinfarktpatienten klagen über Brustschmerzen. Bei vielen betroffenen Frauen fehlt dieses Kardinalsymptom, wie man aus Untersuchungen an älteren Patienten weiß.
Ob dieser geschlechterspezifische Unterschied auch auf Infarktpatienten um die 50 übertragbar ist, haben kanadische Forscher nun überprüft (JAMA Intern Med 2013, online 16. September).
Prognose von Frauen deutlich schlechter
Bei Frauen um die 50 bleibt nämlich ein Herzinfarkt häufiger unentdeckt als bei ihren männlichen Leidensgenossen gleichen Alters. Ihr Risiko, nach der Diagnose daran zu sterben, ist sogar doppelt so hoch.
Womöglich liegt das - ähnlich wie bei älteren Patienten - an der etwas anderen Symptomatik, mit der sich ein Infarkt bei Frauen bemerkbar macht.
Das mutmaßten kanadische Wissenschaftler und suchten bei 1015 jüngeren Herzinfarktpatienten - 305 Frauen und 710 Männern - nach geschlechterspezifischen Unterschieden.
Die Probanden, alle um die 50, waren in den Jahren 2009 bis 2012 mit Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom (ACS) in eine Klinik eingeliefert und in die GENESIS PRAXY-Studie* aufgenommen worden.
Die Diagnose galt als bestätigt, wenn neben den klinischen Symptomen Veränderungen im EKG in zwei oder mehr benachbarten Ableitungen und/oder die "kardialen" Enzyme erhöht waren.
Die Symptome in der Akutphase bestimmten die behandelten Ärzte anhand des McSweeney Acute and Prodromal Myocardial Infarction Symptom Survey (MAPMISS).
Fast alle Patienten klagten bei Einlieferung über mindestens ein typisches Symptom. Brustschmerzen wurden dabei mit Abstand am häufigsten angegeben, von Männern wie Frauen und unabhängig vom diagnostizierten ACS-Typ, gefolgt von Schwäche, Hitzegefühl, Kurzatmigkeit, kaltem Schweiß und Schmerzen im linken Arm oder der linken Schulter.
Frauen leiden anders
Ohne Brustschmerz präsentierten sich jedoch mehr Frauen als Männer (19 vs. 13,7 Prozent, p = 0,03). Frauen hatten auch häufiger einen Nicht-ST-Hebungsinfarkt als Männer (37,5 vs. 30,7 Prozent; p = 0,03).
Insgesamt berichteten Patienten ohne Brustschmerzen insgesamt weniger Symptome als solche mit. Ein typisches Muster der "Nicht-Brustschmerz-Symptome" war nicht erkennbar.
Gemäß der Multivariat-Analyse waren das "Frau-Sein" (OR 1,95) und eine erhöhte Herzfrequenz (OR 2,07) unabhängige Faktoren für ein ACS ohne Brustschmerz.
Hinsichtlich des ACS-Typs, der Troponin-Spiegel und des Ausmaßes der Koronarstenose unterschieden sich Patienten mit und ohne Brustschmerz nicht.
Auf alle Symptome achten!
Auch wenn bei jüngeren Patienten ebenfalls Brustschmerzen das Hauptsymptom eines Infarkts waren, warnen Louise Pilote von der Universität in Montréal und ihre Kollegen davor, bei Fehlen dieses Kardinalsymptoms den Verdacht auf ein ACS vorschnell fallen zu lassen.
Speziell bei Frauen, bei denen immerhin eine von fünf einen Infarkt erleidet, der sich nicht mit typischen Brustschmerzen äußert.
Auch lasse das Vorhandensein oder Fehlen von Brustschmerzen keine Rückschlüsse auf die Schwere des Infarkts zu.
Um bei Infarkten, die ohne Brustschmerzen ablaufen, die Diagnose zu erleichtern, fordern Pilote und ihre Kollegen, die übrigen Symptome, die ebenfalls häufig im Zusammenhang mit einem ACS auftreten, zu listen und zu evaluieren.
Dem pflichten auch Akintunde O. Akinkuolie und Samia Mora vom Brigham and Women´s Hospital and Medical School in Boston in ihrem Editorial bei.
Denn nur anhand einer standardisierten Einschätzung der Symptome gelinge eine rasche und sichere Diagnose bei ACS-Patienten ohne Brustschmerzen.
*Gender and Sex Determinants of Cardiovascular Disease: From Bench to Beyond Premature Acute Coronary Syndrome
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Nicht so kleiner Unterschied beim Infarkt