Wechselnde Generika

Kunterbunt verunsichert Herzpatienten

Die Einnahmetreue bei einer Therapie leidet, wenn sich dabei Form oder Farbe der Tabletten verändert. Das konnten jetzt erneut Harvard-Forscher am Beispiel von Herzpatienten zeigen.

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Welche darf's denn sein?

Welche darf's denn sein?

© Doug Cannell / iStockphoto.com

BOSTON. Sie sind preisgünstig und therapeutisch äquivalent, doch sehen sie oft anders aus als das Originalpräparat - die Generika. Mit den wirkstoffgleichen Kopien eines bereits unter einem Markennamen bekannten Arzneimittels lässt sich eine Menge Geld sparen.

Für die Einnahmetreue der Patienten scheinen sie allerdings nicht gerade zuträglich zu sein, zumindest dann, wenn sich Farbe und Form im Laufe der Therapie verändern. Im Falle wechselnder Pillenformen nehmen Patienten nämlich ihre Medikamente unregelmäßiger ein, so das Ergebnis einer Studie.

Dr. Aaron S. Kesselheim von der Harvard Medical School in Boston und sein Team konzentrierten sich bei ihrer Analyse auf Herzinfarktpatienten, die innerhalb von 90 Tagen nach Entlassung aus der Klinik eine kardiovaskuläre Therapie mit mindestens einem Generikum begannen (Betablocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker, Statine).

Bei solchen Patienten ist es besonders wichtig, dass sie ihre Medikamente regelmäßig nehmen.

Wechselten Farbe oder Form, nahmen die Patienten ihre Pillen allerdings im Vergleich nachlässiger ein: Die Odds-Ratio (OR) für eine unregelmäßige Einnahme stieg bei einem Farbwechsel um 34 Prozent; änderte sich die Form, stieg die OR um 66 Prozent (Ann Intern Med. 2014; 161: 96).

Die Autoren analysierten zunächst, wie häufig bei der Therapie mit Generika einer Medikamentenklasse ein Farben- oder Formenwechsel bei den Patienten vorkam. Dies war während des einjährigen Follow-up bei 29 Prozent der 11.513 Infarktpatienten, die man in der United Health Datenbank fand, der Fall.

Dann verglichen sie die Persistenz dieser 3286 Patienten (Fälle) mit der Persistenz der Patienten, bei denen sich das Aussehen der Tabletten nicht veränderte (Kontrollen).

Die Patienten könnten durch eine Veränderung der Pillenform verunsichert oder verwirrt werden und würden die Medikamente deshalb unregelmäßig einnehmen, mutmaßen die Studienleiter.

Für die Praxis sei dieser Zusammenhang nicht irrelevant, betonen sie. Denn Morbidität und Mortalität steigen bekanntlich, wenn Infarktpatienten ihre Medikamente unregelmäßig nehmen. Auch die Ausgaben für das Gesundheitswesen erhöhen sich dadurch.

Für die Wissenschaftler um Kesselheim sind das Argumente, warum sie es befürworten würden, das Äußere chemisch identischer Generika in Zukunft angleichen zu lassen. Es sei zudem Aufgabe der Ärzte und Apotheker, die Patienten darüber zu informieren, dass sich das Aussehen generischer Medikamente trotz gleicher Wirkung unterscheiden kann. (vsc)

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Kommentare
PD Dr. Hans-Robert Böhme 22.07.201409:45 Uhr

(Ann Intern Med. 2014; 161: 96).......



Diese tiefschürfende Forschung von der Art mehr Störche –mehr Geburten kann einen praktisch tätigen Arzt nicht überraschen. Trotzdem betreiben solche Untersuchungen das Geschäft der Kassen,denn, wenn der Patient unterschiedliche Präparate in der Wirkung bei sich nicht mehr differenzieren kann, wird verschleiert, dass Präparate unterschiedlicher Herstellung nie, heisst niemals, die gleiche Wirkung haben können und liefern damit eine Scheinbegründung für die Dümmlichkeiten eines AMNOG ! Ob Pressdruck oder Zusatzstoffe, ob Differenzen in der Metabolisierung , es gibt eine Fülle schon pharmakokinetischer Einwände gegen einen unkontrollierten dazu wechselnden Generika-Einsatz und übereinander projizierte Wirkspiegelkurven sind keine Garantie für therapeutische Äquivalenz !




Peter Drexler 22.07.201406:23 Uhr

kein Wunder...

da man ja meist von Polymedikation ausgehen kann und der Mensch halt auch ein Gewohnheitstier ist, ist es einfach schwierig.
Zumindest wenn häufig die Farben/Formen wechseln. Da tut sich sicher schon ein geistig aktiver, junger Mensch schwer "treu" zu bleiben.

Außerdem ist es -von äußerem mal ganz abgesehen- halt ein nicht zu unterschätzende Variable das das gleiche halt nicht das selbe ist. Unbestreitbar das es Unterschiede in Bioverfügbarkeit usw. gibt...
Auch -erfahrungsgemäß- im Nebenwirkungsprofil. Ob es tatsächlich so ist oder es subjektiv so empfunden wird, sei mal dahingestellt, ist aber nicht entscheidend

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