Akute Herzinsuffizienz
Neue Therapien dringend gesucht
Bei Herzinsuffizienz stehen bislang nur symptomatische Therapien zur Verfügung. Erste Hinweise sprechen dafür, dass ein rekombinantes Peptidhormon die Prognose verbessern kann.
Veröffentlicht:MÜNCHEN. Im Gegensatz zur KHK hat sich bei der Prognose der akuten Herzinsuffizienz (Acute Heart Failure, AHF) in der vergangenen Dekade nichts verbessert, berichtete Professor Stephan Felix vom Klinikum für Innere Medizin der Universität Greifswald.
Bei Hospitalisierung wegen AHF in den USA etwa liegt die 30-Tages-Mortalität bei 25 bis 30 Prozent, die Einjahresmortalität um die 40 Prozent.
In Europa seien die Mortalitätsraten ähnlich. "Das bedeutet: Es handelt sich um eine maligne Erkrankung", so Felix.
Die Notwendigkeit der Hospitalisierung bei AHF sei der härteste Prädiktor für stationäre Wiederaufnahme und Tod. Daher ist die Prävention von Dekompensationen prognostisch besonders wichtig.
Das vorrangig belastende Symptom für die Patienten ist aber die Dyspnoe, wie laut Felix 90 Prozent der Teilnehmer an einer Befragung in den USA angegeben haben.
Leider gebe es "nichts, was erwiesenermaßen prognostisch hilft. Zur symptomatischen Besserung werden Diuretika empfohlen und Nitrate bei hohem Blutdruck, das war's dann."
"Morgenröte am Horizont"
Als "Morgenröte am Horizont" bezeichnete Felix daher den in der klinischen Entwicklung befindlichen Wirkstoff RLX030 (Serelaxin), welcher von einem Peptidhormon namens Relaxin abgeleitet worden ist, das in der Schwangerschaft vermehrt produziert wird.
Er hat offenbar vasodilatatorische, renoprotektive, antiproliferative und antiinflammatorische Effekte und scheint sich auf die Neovaskularisation positiv auszuwirken, so Felix. "Die vielen pleiotropen Effekte werden noch gar nicht ganz verstanden."
Erste positive Signale konnten in der Phase-II-Studie Pre-RELAX-AHF und vor allem der Phase-III-Studie RELAX-AHF zur Prüfung von Serelaxin in Bezug auf Symptomlinderung und klinische Ergebnisse gesehen werden.
In RELAX-AHF mit 1161 Patienten erhielt die Hälfte der Patienten zusätzlich zur Standardtherapie den Wirkstoff Serelaxin i. v. 30 µg / kg / Tag über 48 Stunden, die andere Hälfte Placebo (Lancet 2013; 381: 29-39).
Mit Serelaxin nahm die Dyspnoe in den ersten fünf Tagen (primärer Endpunkt) signifikant stärker ab als mit Placebo. Die Hospitalisierungsdauer verringerte sich zudem um fast einen Tag, und auch die Intensivstation konnten die Patienten signifikant früher verlassen.
"Ganz überraschend war dann, dass in der Serelaxin-Gruppe weniger Patienten gestorben sind", so Felix. Im sekundären Sicherheitsendpunkt Mortalität nach 180 Tagen stellte man sowohl beim kardiovaskulären Tod als auch bei der Gesamtmortalität eine relative Risikoreduktion um 37 Prozent fest (7,3 vs. 11,3 Prozent).
Felix: "Das ist eine Abnahme, wie wir sie bisher nur bei ACE-Hemmern und Betablockern zusammen kennen." Als Ursache des Vorteils kämen die akuten vasodilatatorischen Effekte aber sicher nicht infrage.
Studienstart noch 2013 geplant
Um nun auch auf Forderung der FDA die nötige Evidenzbasis zu schaffen, wird noch 2013 eine auf den Endpunkt Mortalität ausgelegte Studie gestartet, kündigte Felix an.
Diese prospektiv randomisierte Untersuchung soll weltweit wahrscheinlich über 5000 Patienten aufnehmen und wird voraussichtlich "RELAX-AHF 2" heißen. Wann mit ersten Ergebnissen zu rechnen ist, ist aufgrund des Studiendesigns noch unklar.
Die US-Zulassungsbehörde FDA hat RLX030 jüngst den Status eines Therapiedurchbruchs (breakthrough therapy) verliehen, dessen Konsequenz voraussichtlich ein beschleunigtes Zulassungsverfahren sein wird.