Hintergrund
Hausärzte haben Vorhofflimmern gut im Griff
Registerdaten zeigen, dass Allgemeinärzte Patienten mit Vorhofflimmern überwiegend gut therapieren.
Veröffentlicht:MÜNSTER. Wie werden in Deutschland Patienten mit Vorhofflimmern in Praxen von Allgemeinmedizinern behandelt? Einblick in eine bislang weitgehend unerforschte Versorgungsrealität geben jetzt aktuelle Daten aus dem prospektiven Register ATRIUM.
Das deutsche ATRIUM-Register (Outpatient Registry Upon Morbidity of Atrial Fibrillation) ist vom Unternehmen Sanofi in Kooperation mit dem Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) ins Leben gerufen worden. Erstmals sollten damit gezielt Informationen über das Therapiemanagement bei Patienten mit Vorhofflimmern gewonnen werden, die von niedergelassenen Allgemeinmedizinern ärztlich betreut werden. Die bislang ins Leben gerufenen Register waren meist auf die Behandlung dieser Patienten durch Kardiologen ausgerichtet.
Daten stammen aus 730 Praxen
Von den 730 am ATRIUM-Register beteiligten Ärzten waren 63 Prozent Fachärzte für Allgemeinmedizin und 34 Prozent Internisten in hausärztlicher Praxis (Clin Res Cardiol 2011, online).
Bei ihnen befanden sich insgesamt 3667 Patienten wegen paroxysmalen (27 Prozent), persistierenden oder langanhaltend persistierenden (26 Prozent) oder wegen permanenten Vorhofflimmerns (41 Prozent) in Behandlung. Die Rhythmusstörung bestand bei den im Schnitt 72 Jahre alten Patienten seit etwa fünf Jahren.
Nach den Daten des Registers steht es um die Behandlung bei Vorhofflimmern in diesem ärztlichen Versorgungsbereich offenbar nicht schlecht. Vor allem die Zahlen zur antithrombotischen Therapie lassen darauf schließen, dass die Leitlinien-Empfehlungen zur Schlaganfall-Prophylaxe auch bei den Allgemeinmedizinern angekommen sind.
Eine Schlaganfall-Prophylaxe erhielten 93 Prozent
Immerhin 93 Prozent aller Patienten erhielten eine antithrombotische Therapie; bei 83 Prozent bestand sie aus oraler Antikoagulation, 27 Prozent bekamen Thrombozytenhemmer.
Allerdings war in Sachen Antikoagulation auch ein gewisser Übereifer zu erkennen: Gemessen an den Scores für das Schlaganfallrisiko (CHADS2 und CHA2D2SVASc) erfüllten längst nicht alle Patienten, die eine Antikoagulation verordnet bekamen, auch tatsächlich die dafür erforderlichen Risikokriterien.
Umgekehrt erhielten aber über 70 Prozent aller Patienten mit gesicherter Indikation de facto auch die benötigte Schlaganfallprophylaxe mit Gerinnungshemmung - im Vergleich zu anderen Registern ein relativ hoher Anteil.
Als Symptome wurden Palpitationen (43 Prozent), Kurzatmigkeit (49 Prozent), Schwindel (37 Prozent) und Angina (20 Prozent) angegeben. Bei 46 Prozent der Patienten war im Jahr vor der Aufnahme in das Register eine Kardioversion vorgenommen worden, die je zur Hälfte medikamentös (bei 23 Prozent der Gesamtkohorte) und elektrisch (bei 22 Prozent) erfolgte.
Bei 75 Prozent aller Patienten wurde Frequenzkontrolle als Behandlungsstrategie angegeben, bei 33 Prozent Rhythmuskontrolle.
Der Anteil schwankte allerdings in Abhängigkeit vom Arrhythmie-Typ: Bei paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern wurde häufiger Rhythmuskontrolle angestrebt (bei 63 respektive 36 Prozent der Patienten), während bei permanentem Vorhofflimmern - die davon betroffenen Patienten waren im Schnitt älter - erwartungsgemäß Frequenzkontrolle die dominierende Strategie war (85 Prozent).
Mit 44 Prozent war der Anteil der Patienten, bei denen im Jahr vor Aufnahme in das Register ein Klinikaufenthalt notwendig war, vergleichsweise hoch. Nicht wenige Patienten mussten sogar mehrfach hospitalisiert werden. Das zeigt nach Ansicht der ATRIUM-Forscher, dass die bisher verfügbaren Therapien nicht den erwünschten stabilisierenden Effekt haben, um Patienten mit Vorhofflimmern dauerhaft Klinikaufenthalte zu ersparen.