Neugeborenen-Screening
Wenn Schwerhörigkeit durch die Lappen geht
Auch wenn Kinder das universelle Neugeborenen-Hörscreening erfolgreich durchlaufen haben, besteht dennoch die Gefahr, dass Symptome einer Schwerhörigkeit übersehen wurden. Kollegen aus den USA regen deswegen weitere Tests an.
Veröffentlicht:PITTSBURGH. Auch wenn Kinder das universelle Neugeborenen-Hörscreening (UNHS) in den ersten drei Lebensmonaten erfolgreich durchlaufen, besteht dennoch die Gefahr, dass Symptome einer Schwerhörigkeit übersehen werden. US-HNO-Ärzte regen deshalb aufgrund eigener Untersuchungen an, über zusätzliche Tests nachzudenken.
Die Ärzte um Dr. Kavita Dedhia von der Universitätsklinik in Pittsburgh durchforsteten für ihre retrospektive Studie die Krankenakten der Kinderklinik aus den Jahren 2001 bis 2011.
Sie konzentrierten sich dabei auf jene Kinder, die beim Neugeborenen-Hörscreening unauffällig waren und bei denen später Schwerhörigkeit diagnostiziert wurde (JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2013; 139(2): 119).
Das Gesetz zum UNHS trat im US-Bundesstaat Pennsylvania 2001 in Kraft. Der erste Hörtest erfolgt nach der Geburt noch in der Klinik, ein weiterer bis zum Ende des ersten Lebensmonats.
Wie in Deutschland auch ist es das Ziel, Hörstörungen innerhalb der ersten drei Lebensmonate zu diagnostizieren, um eine entsprechende Therapie bis zum Ende der ersten sechs Lebensmonate einleiten zu können.
Bei Durchsicht der Akten entdeckten Dedhia und ihre Kollegen fast 1000 Kinder mit Schwerhörigkeit. 78 von diesen waren im UNHS unauffällig, hatten aber später Symptome einer Schwerhörigkeit.
Bei 28 Kindern dieser Gruppe hatten die Eltern den Verdacht, dass etwas bei ihren Kindern nicht stimmte, 25 Kinder mit einer Hörstörung fielen erst bei einem Test in der Schule auf. Bei 17 Prozent der Kinder kam es zu Verzögerungen in der Sprachentwicklung, 12 Prozent fielen bei einem Hörtest beim Hausarzt durch.
Zusätzlicher Test im Drei-Monats-Check-up?
Mit 37 Kindern hatte fast jedes zweite Kind eine starke oder sogar sehr starke Schwerhörigkeit; die leisesten Töne, die das bessere Ohr noch hören kann, liegen dabei zwischen 70 und 95 beziehungsweise bei 95 Dezibel oder darüber.
Die Ärzte vermuten, dass einige dieser Kinder beim ersten Test als unauffällig durchgerutscht waren und dass sich bei anderen die Hörstörung erst mit der Zeit entwickelte.
Immerhin bei jedem dritten Kind drängte sich den Eltern - unter anderem beim Vergleich mit eigenen oder fremden Kindern in der gleichen Altersgruppe - der Verdacht auf eine Hörstörung auf, und sie baten um einen erneuten Hörtest.
Die US-Ärzte erinnern daran, dass das UNHS auch zu falsch-negativen Ergebnissen führen kann. Als Beispiel nennen sie Kinder mit einer "auditory neuropathy spectrum disorder" (ANSD). Die Kleinen können den Hörtest bestehen, weil sie eigentlich normal hören.
Allerdings sei die Worterkennung schlechter als bei gesunden Kindern, so die Ärzte. Auch könnten bei hohen Schallenergien akustische Reflexe bei ihnen fehlen oder aber verstärkt werden.
Der Test auf otoakustische Emissionen ist dann normal, aber die Hirnstammaudiometrie auffällig. Werde die Audiometrie nicht gemacht, dann werde bei diesen Kindern erst viel später die Diagnose "Schwerhörigkeit" gestellt, so die HNO-Ärzte.
Ob weitere Tests helfen können, Kinder mit Hörstörungen besser zu erkennen, muss noch geprüft werden. Nicht zuletzt ist das auch eine Kostenfrage.
An der Klinik in Pittsburgh wollen die Ärzte nun herausfinden, ob ein weiterer Hörtest beim üblichen Dreimonats-Check-up dazu beitragen kann, bisher nicht entdeckte Kinder mit Hörstörungen doch noch ausfindig zu machen. (ple)