Testosteron für Libido und Stoffwechsel
Wenn Männer in den besten Jahren über sexuelle Unlust oder Depressionen berichten, kann das an einem Androgenmangel liegen. Zur Ersatztherapie eignen sich Spritzen, Gele, Pflaster und Kapseln.
Veröffentlicht:LEVERKUSEN. 12 bis 13 Prozent der europäischen Männer zwischen 40 und 80 Jahren haben Libidostörungen. Sexuelle Lustlosigkeit ist ein Kennzeichen des Testosteronmangelsyndroms (Hypogonadismus), das sich mit dem Alter häuft: Etwa ein Fünftel der Männer älter als sechzig Jahre hat einen Testosteronspiegel unter 12 nmol/l.
Symptome sind - außer Libidoverlust - auch Übergewicht, Depressionen, Verminderung von Potenz, Konzentration, Muskelmasse, Knochendichte und Vitalität. Zudem bestehen Wechselwirkungen zu metabolischem Syndrom und Diabetes. All diese Störungen sind zwar nicht spezifisch für ein Androgendefizit, aber um so ausgeprägter, je größer der Testosteronmangel ausfällt.
Für die Anamnese sind Begleiterkrankungen und Medikamente wichtig, vor allem zentralnervöse wie Antidepressiva oder Hormonpräparate, erläutert Dr. Michael Stephan-Odenthal aus Leverkusen (Uro-News 2012; 12: 36). Ein spezieller Fragebogen erleichtert das Gespräch (www.aging-males-symptoms-scale.info/documents/AMS_German. pdf).
Entscheidend ist die Bestimmung von freiem und Gesamttestosteron, von Sexualhormonbindendem Globulin (SHBG) und Serumalbumin. Weiterhin wegweisend: LH, Prolaktin und Leberenzyme. Da der Wert fürs freie Testosteron (fT) sehr ungenau ist, wird er aus Gesamttestosteron, SHBG und Serumalbumin errechnet (www.issam.ch/freetesto.htm).
Testosteron wird meist am Vormittag gemessen
Für die Messung des Testosterons gilt die Richtlinie der Bundesärztekammer (www.baek.de/downloads/Rili-BAeK-Labor.pdf). Da die Werte morgens um 40 Prozent höher liegen als abends, empfehlen die Fachgesellschaften, die Serumproben zwischen 7 und 11 Uhr zu nehmen. Liegt das Gesamttestosteron zwischen 12 bis 8 nmol/l oder darunter, raten die Urologen zu einem zweiten Test.
Bevor eine Therapie erwogen wird, muss ein Prostatakarzinom abgeklärt werden: per digital rektaler Untersuchung und PSA-Messung. Bei der Berechnung hilft www.prostatecancer-riskcalculator.com. Denn wenn Patienten ein lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Prostata-Ca haben, kann Testosteron dessen Wachstum stimulieren.
Deshalb sollte die Prostata auch während einer Behandlung regelmäßig kontrolliert werden, im ersten Jahr alle drei Monate, danach jährlich. Bei auffälligem Tastbefund und PSA-Anstieg ist eventuell eine transrektale ultraschallgeführte Biopsie indiziert.
Paartherapie gegen Libidostörung
Für eine frühere Sorge jedoch geben die deutsche S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom sowie internationale Fachgesellschaften Entwarnung: Eine Testosterontherapie begünstigt demnach weder die Neubildung von Prostatakrebs noch einer benignen Prostatahyperplasie.
Gegen Libidostörungen kann eine Paartherapie helfen, sonst ist der Hormonersatz zentral. Konsens ist, bei Gesamttestosteron unter 8 nmol/l zu substituieren. Ermessenssache ist die Therapie bei Patienten mit Werten von 8 bis 12 nmol/l und Symptomen.
Eine Möglichkeit sind intramuskuläre Depotspritzen: Mit Testosteronundecanoat lassen sich durch vier Injektionen pro Jahr gleichmäßige Spiegel aufrecht erhalten (Drei-Monats-Spritze). Drei-Wochen-Spritzen enthalten 250 mg Testosteronenantat. Selbst appliziert werden Testosteron-Gele: Die Patienten tragen sie alle 24 Stunden morgens auf die Haut auf.
Transdermale Testosteron-Pflaster, in mehreren Wirkstufen verfügbar, werden auf Arme, Rücken oder Oberschenkel geklebt. Bei Kapseln mit Testosteronundecanoat beträgt die tägliche Erhaltungsdosis 40 bis 120 mg.
Hormonsubstitution macht auch die Taille schlanker
Die Therapie steigert nicht nur die Libido: In einer Studie machten Typ-2-Diabetiker mit Hypogonadismus Sport und ernährten sich gesund.
Nach einem Jahr hatten jene, die zusätzlich täglich ein Testosteron-Gel auftrugen, eine schmalere Taille sowie günstigere Fett- und Zuckerwerte. Ähnliches ergab eine Studie zur Drei-Monats-Spritze.