Jod gegen Brustkrebs
Jodmangel macht nicht nur die Schilddrüse krank. Auch die Brustkrebs-Inzidenz nimmt bei Jodmangel zu. Deshalb ist offenbar reichliche Jodzufuhr vielversprechend sowohl zur Prävention von Brustkrebs als auch zur adjuvanten Therapie.
Von Ingeborg Bördlein
MÜNCHEN. Reichlich Jod in der Nahrung ist möglicherweise ein vielversprechender Ansatz zur Prävention von Brustkrebs und zur adjuvanten Therapie beim Mammakarzinom.
Dies legen tierexperimentelle und klinisch-epidemiologische Daten der vergangenen Jahre nahe, die in einer ersten klinischen Pilotstudie Bestätigung fanden: Danach war die Proliferationsrate in Tumoren bei Patientinnen mit bioptisch nachgewiesenem Mammakarzinom, die neoadjuvant über vier Wochen 4 Milligramm Jod pro Tag erhielten, um 50 Prozent reduziert.
Außerdem waren signifikant mehr Karzinomzellen in Apoptose festgestellt worden als in den Biopsien vor Jodgabe. Darüber berichtete der Münchner Endokrinologe Professor Roland Gärtner in der Deutschen Zeitschrift für Onkologie (2009; 41: 53).
Jodreicher Seetang schützt die Frauen in Südostasien
Ein Zusammenhang zwischen Jodmangelerkrankungen der Schilddrüse und einer erhöhten Inzidenz von Mammakarzinomen werde schon seit längerem vermutet, so Gärtner im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Dies legten zum einen epidemiologische Daten nahe: In vielen Ländern Südostasiens ist die Prävalenz von Brustkrebs und Mastopathien niedriger als in westlichen Ländern. Forscher gehen davon aus, dass dies nicht nur mit dem Verzehr von Soja , sondern auch mit dem hohen Konsum von Jod zum Beispiel in Seetang und Meeresalgen zu tun haben könnte.
Tierexperimentelle Untersuchungen untermauerten die Bedeutung des Jods und des Jodmangels nicht nur für die Wachstumsregulation und Entstehung von Neoplasien der Schilddrüse, sondern auch für Gewebeveränderungen in der Brustdrüse.
So haben Versuche an weiblichen Ratten schon in den 90-iger Jahren gezeigt, dass es unter Jodmangel verstärkt zur Mastopathie gekommen ist, während dies bei ausreichender Jodgabe nicht der Fall war. Jodmangel führe bei Ratten also nicht nur zu Strumen, sondern auch zu Zellatypien, Dysplasien und Hyperplasien der Brustdrüsen, fasst Gärtner die tierexperimentellen Befunde zusammen.
Dass Jodmangel auch das Brustkrebsrisiko oder die Brustkrebsinzidenz bei Frauen erhöht, legen mehrere epidemiologische Untersuchungen nahe. "Offensichtlich gibt es da einen gemeinsamen Pathomechanismus für Schilddrüsenerkrankungen und Brustkrebs" folgert der Münchner Endokrinologe.
Bei 70 Prozent weiblicher Ratten wurde mit Jod das Brustkrebsrisiko gesenkt
In tierexperimentellen Untersuchungen sei gezeigt worden, dass mittels chronischer Zufuhr von Jod (5 Prozent Seetang) über die Nahrung die Inzidenz von chemisch induzierten Mammakarzinomen bei weiblichen Ratten um 70 Prozent reduziert werden konnte. Erhielten Ratten mit bereits bestehendem Brustkrebs hohe Joddosen, so wurden die Tumore kleiner.
Wird humanen Brustkrebszellkulturen Jod zugeführt, so kommt es Gärtner zufolge zu einer Proliferationshemmung und verstärkten Apoptose der Brustkrebszellen. Der Endokrinologe geht davon aus, dass die Wachstumshemmung wohl darauf beruht, dass vermehrt Jodstoffwechselprodukte wie Jodlipide - besonders das Beta-Jodlacton aus Arachidonsäure - gebildet werden.
Das Beta-Jodlacton wurde auch als wesentliches Stoffwechselprodukt identifiziert, welches die Proliferation von normalen Schilddrüsenzellen zu hemmen und die Apoptose zu induzieren vermag.
Interessanterweise komme es nur bei Gabe des elementaren Jods, nicht aber des Jodids zu diesem gewünschten Effekt bei Mammakarzinomzellen, so Gärtner. Dies liege daran, dass die Schilddrüsenzellen einen besseren Aufnahmemechanismus für Jodid haben als Mammakarzinomzellen.
Nur das elementare Jod hat den gewünschten Effekt
Der Endokrinologe hält es angesichts der vielversprechenden Ergebnisse aus experimentellen Interventionsstudien, wonach eine hohe Jodzufuhr in der Nahrung möglicherweise Brustkrebs verhindert oder zur adjuvanten Therapie bei Brustkrebs geeignet sei, für geboten, diesen Ansatz nun in größeren prospektiven klinischen Studien zu überprüfen.
Die Schilddrüsen-Initiative Papillon ruft auch dieses Jahr wieder zur Schilddrüsenwoche vom 23. bis 27. April auf, Infos unter: www.schilddruese.de