Thermoablation
Option bei Knoten
Mit Hitze lassen sich Schilddrüsenknoten minimalinvasiv oder ganz ohne Hautverletzungen risikoarm entfernen. An der Uniklinik in Frankfurt/Main bestehen seit zwei Jahren Erfahrungen mit mehreren Verfahren der Thermoablation.
Veröffentlicht:Neu-Isenburg. Schilddrüsenknoten, die mechanische oder funktionelle Probleme bereiten, lassen sich mit der Thermoablation, der gezielten Applikation von Hitze, sehr schonend behandeln. Das ist eine in vieler Hinsicht attraktive Alternative zur Operation - eine Alternative, die allerdings auch Grenzen hat.
"Manche Patienten kommen mit Mandarinen-großen Knoten zu uns", sagte Professor Frank Grünwald, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, zur "Ärzte Zeitung".
Im Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus hat es sich bereits herumgesprochen, dass dort eine neue Methode zur Entfernung von Schilddrüsenknoten angeboten wird. Grünwald ist zugleich Vorstand des neu gegründeten Deutschen Zentrums für Thermoablation von Schilddrüsenknoten (DZTA).
Denn er und seine Kollegen haben in Deutschland die meiste Erfahrung mit thermoablativen Verfahren an der Schilddrüse: Ende 2012 haben Grünwald und sein Team erstmals in Europa einen Patienten mit der Mikrowellenablation behandelt.
Seitdem werden zunehmend Schilddrüsenpatienten von Hausärzten und Internisten überwiesen, aber auch von Chirurgen, etwa wenn die Patienten ein erhöhtes Operations- oder Narkoserisiko aufweisen.
Ablation unter Sono-Kontrolle
"Vorteil der Mikrowellenablation ist die im Vergleich höchste Effektivität", sagte Grünwald. Pro Milliliter zu entfernenden Gewebes wird lediglich eine Minute benötigt. Die etwa stricknadelstarke Sonde wird in Lokalanästhesie und unter sonografischer Kontrolle zum Knoten geführt, dort erfolgt dann die Ablation.
Die Sonde kann mehrfach verwendet werden, aber pro Patient nur einmal - angesichts der Kosten von etwa 1500 Euro pro Sonde ein Nachteil. Nachteilig ist auch das Fehlen einer Kühlung, so dass ausreichend Sicherheitsabstand zu kritischen Strukturen wie dem Rekurrenznerv gelassen werden muss.
Dies ist ein Grund, warum in Frankfurt noch zwei weitere Thermoablationsverfahren angewendet werden: die Radiofrequenzablation und HIFU (hochintensiver fokussierter Ultraschall). Vorteil der HIFU-Echotherapie ist, dass die Haut überhaupt nicht penetriert wird, der Ultraschall wird von außen direkt auf den Schilddrüsenknoten gerichtet.
Lokale Temperaturen um 85°C bewirken die Gewebsnekrose. Eine integrierte Kühlung verhindert die Schädigung des umliegenden Gewebes, und der Schallkopf dient zugleich zur Therapieüberwachung.
15 Minuten pro Milliliter Gewebe
Nachteil: Das Verfahren dauert im Moment noch recht lange. Pro Milliliter zu entfernenden Gewebes müssen etwa 15 Minuten eingeplant werden.
Da kann eine Behandlung schon einmal eine Dreiviertelstunde in Anspruch nehmen, während mit der Mikrowellenablation, in Abhängigkeit von Anzahl und Größe der Knoten, vielleicht eine Viertelstunde ausgereicht hätte.
Derzeit praktizieren Grünwald und sein Kollege Privatdozent Hüdayi Korkusuz vermehrt die Radiofrequenzablation. Sie ist etwas weniger effektiv als die Mikrowellenablation - etwa 1,5 Minuten pro Milliliter Gewebe werden benötigt - dafür kosten die Sonden lediglich etwa 300 bis 500 Euro. Im Durchschnitt dauert die Behandlung, je nach Befund, nicht länger als etwa eine Viertelstunde.
Insgesamt bedeuten die verschiedenen Eigenschaften der Thermoablationsverfahren, dass kleine Knoten eher mit HIFU entfernt werden, während ausgeprägte Befunde mit Radiofrequenz- oder Mikrowellenablation bewältigt werden.
"Damit können wir eine Volumenreduktion von etwa 50 bis 55 Prozent erreichen", erklärt Grünwald. Lägen bei einem Patienten zugleich heiße als auch kalte Knoten vor, lasse sich die Thermoablation gut mit der Radiojodtherapie kombinieren.
Thermoablation nicht bei Malignität
Dies geht dann allerdings mit einem stationären Aufenthalt einher, wohingegen die Thermoablation ambulant erfolgen kann - nach insgesamt etwa zwei Stunden gehen die Patienten nach Hause.
Infrage kommen für die Thermoablation ausschließlich Patienten, bei denen kein Hinweis auf Malignität vorliegt. Dies wird per Feinnadelpunktion, MIBI (Methoxy-Isobutyl-Isonitril)-Szintigrafie, Ultraschall und Doppler-Sonografie vorher ausgeschlossen.
Viele der inzwischen über 100 Patienten, denen in Frankfurt die Schilddrüsenknoten thermoabladiert worden sind, kamen vor allem deswegen zu Grünwald und seinem Team, weil sie Angst vor der Op, der Vollnarkose oder Komplikationen wie Rekurrenzparese und Hypoparathyreoidismus hatten.
"Wir haben allerdings auch schon Patienten zu unseren Schilddrüsenchirurgen geschickt, weil ein Malignom nicht sicher ausgeschlossen werden konnte", so Grünwald.
Überhaupt, sagt er, funktioniere die Zusammenarbeit mit den Chirurgen und Endokrinologen sehr gut. "Wir stimmen uns eng über die Therapieverfahren ab."
Ambulante Behandlung
Auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten ist die Thermoablation attraktiv. Die Gesamtkosten der Behandlung liegen nach Grünwalds Angaben etwa bei der Hälfte der Kosten für eine Schilddrüsenoperation - wobei HIFU und die Radiofrequenzablation sogar noch darunter liegen.
Die Ablation mit Mikrowellen löst etwas mehr als die Hälfte der Op-Kosten aus. Aus Patientensicht ist von Vorteil, dass das Verfahren ambulant ausgeführt wird, die Behandlungen nebenwirkungsarm und mit einem guten kosmetischen Ergebnis verbunden sind.
Auch voroperierte Patienten mit Strumarezidiv können per Thermoablation vergleichsweise sicher behandelt werden.
Über Langzeitergebnisse könne man im Moment noch nichts sagen, so Grünwald. Das medizinisch-wissenschaftliche Hauptinteresse bestehe jetzt darin zu beobachten, wie sich die Patienten langfristig funktionell und morphologisch entwickeln.
Zudem sollen die Verfahren gemeinsam mit den Herstellern sowie dem Fraunhofer Institut Mainz weiter optimiert werden: HIFU soll schneller und die Ausbreitung der Hitze mit den Mikrowellen- und Radiofrequenzsonden noch genauer steuerbar werden.
Im Unterschied zum asiatischen Raum ist in Deutschland die Thermoablation noch nicht besonders verbreitet. Außer in Frankfurt gibt es derzeit Zentren in Hamburg-Eppendorf, Fulda, Homburg (Saar), München und Marburg.
Angesichts der Verbreitung von Schilddrüsenknoten bei fast jedem fünften Deutschen und derzeit jährlich etwa 80.000 Schilddrüsenoperationen könnte sich das spätestens, wenn erste Fünfjahresdaten vorliegen, ändern.
Mehr Informationen gibt es im Internet auf: www.dzta.de