HIV
PKV-Zweitmeinungsmodell für optimierte Versorgung
Hausärzte nutzen bei Patienten mit gesicherter HIV-Infektion noch nicht das Potenzial innovativer Arzneimittel aus. Das zeigt eine Auswertung durch Fachärzte im Auftrag eines PKV-Anbieters.
Veröffentlicht:KÖLN. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt bietet der private Krankenversicherer Central allen vollversicherten Kunden mit einer HIV-Infektion an, sich bei einem auf dieses Krankheitsbild spezialisierten Arzt eine Zweitmeinung einzuholen. Der Versicherer kooperiert dabei mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä).
Die Central hat zurzeit 185 Versicherte mit einer gesicherten HIV-Diagnose. "Es geht uns darum, die Versorgung dieser Kunden so optimal wie möglich zu gestalten", erklärt Projektleiterin Bettina Marschall-Foth der "Ärzte Zeitung". Dazu gehört es auch, die Kosten bei gleichbleibendem Versorgungsniveau möglichst zu senken. Allein die medikamentöse Therapie der Patienten kostet den Versicherer pro Jahr 3,84 Millionen Euro.
Lebensqualität nicht im Blick
Rund die Hälfte der betroffenen Versicherten ist bei dagnä-Mitgliedern in Behandlung, die meisten anderen beim Hausarzt. Von den Patienten, die von Hausärzten versorgt werden, hat die Central die anonymisierten Versorgungsdaten HIV-Spezialisten vorgelegt. "Einige Hausärzte stellen die Medikation nicht um, obwohl sich die Lebensqualität der Patienten durch die innovativen Arzneimittel verbessern würde", berichtet Marschall-Foth.
Vor einem Jahr hat die Central die Kooperation mit der dagnä vereinbart. Mit dem Angebot einer Zweitmeinung will der Versicherer erreichen, dass mehr Patienten als bisher eine leitliniengerechte Versorgung erhalten und die Medikation optimiert wird. Die dagnä-Ärzte bieten den Primärversorgern an, sich mit ihnen über die Behandlung auszutauschen.
Das Unternehmen hat 85 Versicherten das Zweitmeinungsverfahren angeboten. Mitarbeiter des Versicherers haben dafür Kunden mit der gesicherten Diagnose HIV angerufen und sie über das Programm informiert, erläutert sie. Die Versicherten seien sehr überrascht und erfreut gewesen, dass sich das Unternehmen um dieses Thema kümmert. "Auch die Kunden, die sich gut versorgt fühlen, wissen das Angebot zu schätzen."
27 Prozent der Angefragten haben das Angebot angenommen. Ihnen hat die Central drei dagnä-Praxen in der Nähe ihres Wohnorts genannt und einen Termin innerhalb von zwei Wochen vermittelt. Zwei Monate später hat der Versicherer die Kunden gefragt, wie zufrieden sie sind. "Die Resonanz ist absolut positiv", sagt Marschall-Foth. Einige Patienten haben inzwischen den Arzt gewechselt. Diejenigen, bei denen sich die zuvor eingeleitete Therapie als richtig erwiesen hat, waren froh über die Bestätigung.
Direktabrechnung mit Versicherer
Teil der Kooperation von Central und dagnä ist die Möglichkeit der Direktabrechnung. Wenn die Versicherten zustimmen, erhalten die Ärzte ihre Vergütung nicht vom Patienten, sondern direkt vom Versicherer. Das gibt den Ärzten eine höhere Zahlungssicherheit. Im Gegenzug beschränken sie sich bei der Abrechnung auf den Regelsatz. "Es ist unser Ziel, dass wir bei allen Kunden in der dagnä-Versorgung die Direktabrechnung bekommen", so die Projektleiterin.
Die Central plant, die Kooperation mit der dagnä auf die Versorgung von Patienten mit einer chronischen Hepatitis C-Infektion auszuweiten. Das sind bei der Central rund 400 Vollversicherte.