Zeckengenom sequenziert
Neuer Ansatz für Therapie bei Borreliose?
NEU-ISENBURG. Das Genom der Lyme-Borreliose-übertragenden Hirschzecke hat ein internationales Team von Wissenschaftlern nach zehn Jahren Forschungsarbeit vollständig entschlüsselt (Nat. Comm. 2016; 7:10507).
Die Forscher hoffen nun auf genaue Erkenntnisse, wie die krankheitsverursachenden Borrelien auf den Menschen übertragen werden, um neue Therapiemöglichkeiten gegen die Lyme-Borreliose und andere von Zecken übertragene Krankheiten zu entwickeln.
Angriffspunkte für Therapien
Einen ersten Schritt haben die Forscher um Monika Gulia-Nuss von der Purdue Universität in Arizona dabei bereits getan: Sie konnten einige der am Infektionsverlauf beteiligten Proteine identifizieren.
So schreiben die Wissenschaftler, sie hätten im Speichel der Zecke mehrere Proteine nachgewiesen, die eine Übertragung der Borreliose-Erreger auf den Menschen erleichtern. Ein Enzym der Borrelien könne zum Beispiel mit einem Protein im Speichel der Zecke interagieren und in dieser Kombination den Transport des Erregers durch Blut und Lymphflüssigkeit wesentlich erleichtern.
Mit den identifizierten Proteinen habe man nun gute Angriffspunkte für mögliche Wirkstoffe gefunden, hoffen die Forscher und erinnern, dass Zecken mehr Pathogene auf Mensch und Tier übertrügen als alle anderen Arthropoden.
Durch Zeckenbisse ausgelöste Krankheiten führten jährlich zu tausenden Todesfällen bei Mensch und Tier, allein in Europa würden etwa 65.000 Fälle von Lyme-Borreliose pro Jahr gemeldet.
Komplexes Zeckengenom
Das Genom der Hirschzecke ist das erste entschlüsselte Genom einer Zecke überhaupt. Die Gensequenzierung habe sich zehn Jahre hingezogen, da sich das Genom als besonders komplex herausgestellt habe, erklären die Wissenschaftler.
Rund 20 Prozent der entschlüsselten Gene seien wohl spezifisch für Zecken, daher böten sich damit auch ganz neue Möglichkeiten, Wirkstoffe gezielt zur Zeckenabwehr zu entwickeln.
Die Forscher entdeckten außerdem Gene, mit denen die Tiere das menschliche Blut verdauen können, das in großen Mengen toxisches Eisen enthält - ein Hinweis auf "eine einzigartige parasitäre Lebensweise", wie sie betonen. (bae)