Ebola

Briten und Amerikaner starten Vakzin-Tests

Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Schon in den nächsten zwei Wochen sollen Studien mit Impfstoffen gegen das Ebola-Virus anlaufen - mit Freiwilligen in den USA und Großbritannien. Auch deutsche Forscher stehen in den Startlöchern.

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SEM von Ebolaviren: Jetzt sollen Vakzinen gegen die Filoviren am Menschen getestet werden.

SEM von Ebolaviren: Jetzt sollen Vakzinen gegen die Filoviren am Menschen getestet werden.

© Landov / NIAID / UPI / dpa

NEU-ISENBURG. Drei Buchstaben und drei Ziffern sollen der Welt einen Impfstoff gegen das Ebola-Virus bescheren: VRC 207. Unter diesem Label sollen schon ab der kommenden Woche klinische Studien mit potenziellen Vakzinkandidaten gegen den Erreger hämorrhagischen Fiebers beginnen. Auch deutsche Forscher stehen für klinische Studien in den Startlöchern.

Bis dato sind in Westafrika mindestens 1552 Menschen dem größten Ebola-Ausbruch zum Opfer gefallen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO befürchtet bis zum Ende der Epidemie insgesamt 20.000 Erkrankte.

In der klinischen Phase-I-Studie VRC 207 soll an Freiwilligen ein experimenteller Vektorimpfstoff getestet werden, teilte das US-Gesundheitsinstitut NIH am Donnerstag mit. Parallel dazu beginnt ein weiterer Phase-I-Test in Großbritannien. In Kürze soll die Studie auch in afrikanischen Ländern starten. Auch ein anderer Impfstoffkandidat soll getestet werden.

Insgesamt 180 gesunde Probanden sollen mit einem genetisch manipulierten Adenovirus geimpft werden, das als "Fähre" für ein Ebola-Glykoprotein dient. Die Vakzine wird von dem britischen Pharmahersteller GlaxoSmithKline (GSK) produziert, der die Lizenz daran hält.

"Die experimentelle Vakzine schützte nicht-humane Primaten extrem gut vor einer Ebola-Infektion", sagte der Chef des NIH-Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID), Dr. Anthony Fauci. Schon bis Ende des Jahres könnten erste Daten zur Sicherheit und Immunogenität vorliegen.

Die Vakzine ist ein abgeschwächtes Schimpansen-Adenovirus vom Serotyp 3, kurz ChAd3 (Vaccine 2009; 27 (9): 1293). Es wurde von den Wissenschaftlern genetisch so verändert, dass es ein Ebola-Glykoprotein exprimiert. Die europäischen Erfinder, die mittlerweile für GSK arbeiten, und die US-Forscherin Dr. Nancy Sullivan vom NIH halten darauf seit 2004 mehrere Patente (US8216834 B2 und WO2011130627 A3).

Entwickelt von Italienern und Schweizern

Sullivan konnte bereits mehrfach zeigen, dass die rekombinanten Adenoviren mit Ebola-Glykoproteinen eine starke zelluläre und humorale Immunantwort hervorrufen. In Kombination zu einer Plasmid-Vakzine mit Ebola-DNA schützte die Impfung sämtliche Makaken, wenn sie mit einer tödlichen Dosis des 1976er Zaire-Wildtyps infiziert wurden (Nature 2000; 408: 605).

Und selbst eine Impfung mit ausschließlich Glykoprotein-exprimierenden Adenoviren sorgte in einem weiteren Versuch an Makaken für einen vollständigen Ebola-Schutz. Den Schutz gab es selbst dann, wenn nur geringe Dosen verabreicht wurden und das kodierende Gen eine Punktmutation aufwies, die die zytopathischen Effekte verringerte (PLoS Med 2006; 3(6): e177).

Glaxo hatte den Impfstoffkandidaten im Frühjahr 2013 durch den Zukauf des italienisch-schweizerischen Biotech-Startups Okairos in seine Pipeline übernommen. Die Impfstoff-Schmiede war 2007 als Spin-off aus der US-amerikanischen Merck & Co. hervorgegangen. GSK ist nach eigenen Angaben dazu in der Lage, relativ kurzfristig rund 10.000 weitere Impfdosen zu produzieren.

Am klinischen NIH-Zentrum in Bethesda sollen in einem ersten Schritt der Phase-1-Studie ab kommender Woche 20 gesunde Probanden im Alter zwischen 18 und 50 Jahren eine bivalente Version des Impfstoffs gegen die beiden Ebola-Spezies Zaire und Sudan erhalten. Je zehn Kandidaten erhalten intramuskulär entweder eine "normale" oder eine hohe Impfdosis.

Bevor allerdings alle zwanzig Probanden geimpft werden, sollen zunächst die Auswirkungen der Impfung drei Tage lang bei den ersten drei Teilnehmern abgewartet werden. Als typische Nebenwirkungen werden Muskelschmerzen an der Injektionsstelle und Fieber erwartet.

Alle Probanden werden anschließend über insgesamt 48 Wochen beobachtet. In diesem Zeitraum werden sie neunmal klinisch untersucht, um die Sicherheit und Immunantwort durch den Impfstoff zu bewerten.

Studien auch in Gambia und Mali

In einem zweiten Schritt will das Forscherteam eine monovalente Version der GSK-Vakzine an 20 weiteren Testpersonen untersuchen, die nur vor dem Ebola-Zaire-Stamm schützen soll. Diese Studienphase soll im Oktober beginnen.

Eine etwas größere Studienpopulation will zeitgleich ein Forscherteam an dem Jenner-Institut der Universität von Oxford untersuchen. Die dortige Phase-1-Studie wird von dem Institutschef und bekannten britischen Vakzinforscher Professor Adrian Hill geleitet.

In Oxford sollen 60 gesunde freiwillige Probanden ebenfalls im Alter zwischen 18 und 50 Jahren teilnehmen. Vor allem Mitarbeiter der Uniklinik und Studenten seien gefragt, sagte Hill der Nachrichtenagentur "Reuters".

Die Testpersonen erhalten zum Start der Studie ebenfalls exakt eine Injektion mit der Vakzine und werden in den darauf folgenden sechs Monaten neunmal untersucht. Die Teilnehmer sollen eine Kompensation von "wenigen Hundert Pfund" erhalten. "Das macht niemanden reich", so Hill.

Kurze Zeit später sollen zwei weitere Studiengruppen mit je 40 freiwilligen Teilnehmern in Gambia und Mali rekrutiert werden. Dort besteht offenbar, anders als etwa in Sierra Leone, eine ausreichend gute Infrastruktur, um klinische Tests durchführen zu können.

Laut den ersten Plänen für das britische Studienprotokoll sollen Gruppen von je 20 Personen gebildet werden, die die Vakzine in unterschiedlicher Dosierung erhalten. Derzeit entscheidet Berichten zufolge die zuständige Ethikkommission über das finale Versuchsprotokoll.

Auch eine VSV-Vakzine im Test

Ermöglicht werden die Phase-I-Studien mit der GSK-Vakzine durch Drittmittel in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro (2,8 Millionen Pfund), die der gemeinnützige "Wellcome Trust", das Medical Research Council (MRC) und das britische Entwicklungshilfeministerium bereitstellen.

In den kommenden Monaten sollen außerdem weitere Studien beim NIH in den USA anlaufen. Dort soll ein Vektorimpfstoff aus Basis des Vesicular Stomatitis Virus (VSV) getestet werden. Die experimentelle Vakzine VSV-EBOV war ursprünglich von der kanadischen Gesundheitsbehörde PHAC entwickelt worden und wird derzeit von dem Pharmahersteller NewLink Genetics im US-Bundesstaat Iowa produziert.

Das Unternehmen soll nach eigenen Angaben dazu in der Lage sein, bis zu 10.000 weitere Impfstoffdosen herzustellen. Mitte August hatte die kanadische Regierung knapp 1000 Dosen davon für individuelle Heilversuche ("compassionate use") in den betroffenen westafrikanischen Ländern bereitgestellt.

Das rekombinante VSV dient ähnlich wie die GSK-Adenovirus-Vakzine als Vektor für ein Glykoprotein des Ebola-Zaire-Virus. Im Tierversuch konnte eine VSV-Variante gegen das Bundibugyo-Ebola-Virus sämtliche Makaken vor einer Infektion schützen. Allerdings bekamen die Tiere mindestens 29 Tage bis zur Infektion Zeit, um eine ausreichende Immunkompetenz herzustellen (PLoS Negl Trop Dis 2013; 7(12): e2600).

Am Freitagmittag wurde zudem bekannt, dass ein Tierversuch mit einem neuen RNA-Polymerasehemmer gegen das Ebola-Virus beginnen soll. Die Studie mit dem Wirkstoff BCX4430 an non-humanen Primaten könne "innerhalb von Wochen" beginnen, teilte der Hersteller BioCryst Pharmaceuticals in Durham im US-Bundesstaat North Carolina mit.

Das Unternehmen hat für die Dosisfindungs- und Sicherheitsstudie eine Förderung von weiteren 2,4 Millionen US-Dollar von dem NIAID erhalten. BioCryst forscht seit vergangenem Jahr im Auftrag der US-Regierung an Arzneimitteln gegen gefährliche Krankheitserreger, darunter Ebola, die als Biowaffen eingesetzt werden könnten.

Deutschen wollen mitforschen

Der Inhibitor der RNA-abhängigen RNA-Polymerase hatte bereits erste Erfolge bei Makaken zeigen können. Tiere, die innerhalb von 48 Stunden nach einer Infektion entweder mit dem Ebola- oder dem Marburg-Virus infiziert wurden, überlebten die Infektion (Nature 2014; 508: 402).

Einen ähnlichen Ansatzpunkt verfolgen japanische Forscher mit dem Wirkstoff Favipiravir, der sich bereits gegen Influenza bewähren konnte und auch bei Ebola-Infektionen erste positive Ergebnisse gezeigt hat.

Auch in Deutschland könnte womöglich bald eine Phase-1-Studie starten. Hierzulande will der Marburger Virologe Professor Stephan Becker den VSV-EBOV-Impfstoff an Freiwilligen testen. Er ist Chef des Marburger Instituts für Virologie, ein Standort des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Becker gilt als Filovirus-Koryphäe und verfügt in Marburg über ein Hochsicherheitslabor der höchsten Stufe BSL-4.

Becker hatte jüngst berichtet, dass er eine klinische Studie mit 20 Freiwilligen starten könnte, darunter etwa Helfer von "Ärzte ohne Grenzen". Bis zuletzt war aber offenbar die Finanzierung nicht gesichert. Außerdem müsste die Vakzine verfügbar sein. Das im Langen ansässige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als zuständige Regulierungsbehörde hatte bereits Unterstützung angedeutet. (nös)

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