Erste Erfolge, aber Tücken

Überraschende Nebenwirkungen bei Ebola-Impfstoff

Hoffnung im Kampf gegen Ebola: In ersten Studien sind mit Impfstoffen Erfolge erzielt worden - Antikörper gegen das tödliche Virus konnten gebildet werden. Doch es gab Überraschungen bei den Nebenwirkungen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Das gefürchtete Ebola-Virus.

Das gefürchtete Ebola-Virus.

© Frederick Murphy / CDC

NEU-ISENBURG. Eine Ebola-Vakzine wird dringend benötigt, ist aber nicht so einfach zu haben. Darauf deuten eine ganze Reihe von Phase-I-Studien mit zwei unterschiedlichen Ansätzen: Beim einen reicht eine einzelne Impfdosis für einen guten Schutz vielleicht nicht aus, beim anderen machen unerwartete Nebenwirkungen den Geimpften zu schaffen.

Das Nutzen-Risiko-Profil scheint aber insgesamt akzeptabel, sodass beide Ansätze weiterentwickelt werden.

Ein Ansatz setzt auf ein modifiziertes Schimpansen-Adenovirus (cAd3). Dieses enthält das Glykoprotein des Ebola-Zaire-Virus.

Dagegen soll das Immunsystem der Geimpften schützende Antikörper entwickeln. Dies klappte mit dem Adenovirus-Konstrukt offenbar nicht ganz so gut wie erwartet.

In einer Ende Januar veröffentlichten Untersuchung mit 60 Freiwilligen, die in Oxford in Großbritannien drei unterschiedliche Dosierungen der Vakzine erhielten (1; 2,5 und 5 x 1010 Viren), wurden zwar in allen Gruppen tatsächlich Antikörper gegen das Ebola-Glykoprotein gebildet, aber nicht in dem Maße wie zuvor in Studien mit Primaten (NEJM 2015, online 28. Januar).

Auch die T-Zell-Antwort fiel schwächer aus als erwartet. Hinzu kommen Berichte zu Impfstudien in Afrika, wonach die Immunantwort bei der dortigen Bevölkerung noch einmal deutlich geringer ist als bei Europäern.

Experten vermuten, die weite Verbreitung von Adenoviren in Afrika könnte zu einer gewissen Immunität gegen die Impfviren führen - der Körper entfernt sie, bevor sie die Antikörperproduktion ankurbeln.

Allerdings sind die Impfviren gut verträglich, bis auf lokale Reizungen am Injektionsort treten kaum Nebenwirkungen auf, etwa ein Viertel der Probanden entwickelte eine leichte bis moderater Temperaturerhöhung.

Booster-Impfung nötig?

Die Forscher der Oxford-Studie vermuten, dass entweder höhere Dosierungen oder eine Booster-Immunisierung mit einem anderen Impfstoff nötig sind.

So ließ sich in ersten klinischen Tests mit einer MVA-Vakzine die Antikörperproduktion um den Faktor 30 steigern, die T-Zell-Antwort um das Fünf- bis Zehnfache. Ist eine Booster-Impfung erforderlich, würde dies jedoch die Impfung bei einem aktuellen Ausbruch erschweren.

Möglicherweise klappt es jedoch auch mit einer höheren Dosis. In einer chinesischen Studie prüften Forscher bis zu 1,6 x 1011 Viruspartikel bei 120 Freiwilligen (Lancet 2015, online 24. März).

Sie verwendeten dabei jedoch einen anderen Adenovirus-Vektor (AD5). Damit ließ sich eine dosisabhängige Immunantwort nachweisen, in der höchsten Dosierung wurde die bestehende Immunität gegen das Impfvirus offenbar überrannt, alle Teilnehmer zeigten eine gut Immunantwort.

Deutliche Immunantwort mit VSV-Lebendvirus

Eine solche Antwort ist bei einer Vakzine basierend auf dem Vesikulären Stomatitis-Virus (VSV) offenbar weniger ein Problem, da es sich hier um ein replikationsfähiges Lebendvirus handelt.

Auch diesem Vektor wird das Ebola-Glykoprotein eingepflanzt. Da VSV als Tierpathogen in der menschlichen Population nicht vorkommt, liegt keine störende Immunogenität gegen das Virus vor.

In einer soeben veröffentlichten Publikation wurden Daten aus Phase-I-Studien in Hamburg, Gabun und Kenia sowie Genf präsentiert (NEJM 2015, online 1. April). An den vier gemeinsam koordinierten Studien hatten insgesamt 158 Freiwillige teilgenommen, sie erhielten zwischen 3 x 105 und 5 x 107 Viren.

Dabei zeigte sich ein gewisser dosisabhängiger Effekt: Mit der niedrigsten Dosis wurde die Antikörperproduktion nicht bei allen Teilnehmern ausreichend angekurbelt, in den höchsten Dosierungen zeigten Neutralisierungs-Assays die beste Wirksamkeit. In solchen Assays wird die Fähigkeit des Serums bestimmt, Ebolaviren zu neutralisieren.

"Aus den Daten ist eine Dosis von 2 x 107 als optimal identifiziert worden", so Studienleiterin Professor Marylyn Addo vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Diese Dosis wird derzeit bereits in Impfstudien in den Ebolagebieten Liberias und Guineas getestet.

Überraschungen gab es jedoch bei den Nebenwirkungen: Neben Fieber bei etwa einem Viertel der Teilnehmer entwickelten in der Genfer Studie elf von 51 Geimpften Arthralgien, bei neun diagnostizierten die Ärzte eine Arthritis.

Die Beschwerden verschwanden zwar meist wieder innerhalb einer Woche, bei einem Teilnehmer persistierten sie jedoch über drei Monate hinweg. Aufgrund dieser Probleme war die Genfer Studie kurzzeitig unterbrochen worden. Auch bei zwei Teilnehmern in den anderen Zentren wurde eine Arthritis festgestellt.

Weshalb es gerade in Genf zu einer Häufung kam, sei nach wie vor unklar, sagte Addo. Solche Beschwerden seien aber auch bei anderen Lebendimpfstoffen beobachtet worden.

Ob eine Arthritis tatsächlich ein Problem sei, müssten weitere Untersuchungen zeigen. Derzeit läuft eine VSV-Studie in den USA bei 600 Probanden, auch aus den afrikanischen VSV-Studien sind bis zum Sommer Ergebnisse zu erwarten.

"Wenn alles gut läuft, können wir bis zum Jahresende mit einer Zulassung rechnen", sagte Addo.

Ob die Impfstoffe dann tatsächlich vor Ebola schützen, ist auch nach der Zulassung nicht sicher: Die Epidemie flaut ab, es stecken sich nur noch wenige Menschen an.

Einen Praxistest wird es wohl erst beim nächsten Ausbruch geben.

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