Heute Weltgesundheitstag

Neue Risiken in Lebensmitteln

Erkrankungen durch Lebensmittel sind viel weiter verbreitet als bisher registriert. Aus Anlass des Weltgesundheitstags am 7. April mahnt die WHO eine verbesserte Überwachung an.

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Eier, Schweinefleisch und Rindfleisch sowie Fisch: Das sind nach Angaben der EDCD die Lebensmittel, die für die häufigsten Infektionen sorgen.

Eier, Schweinefleisch und Rindfleisch sowie Fisch: Das sind nach Angaben der EDCD die Lebensmittel, die für die häufigsten Infektionen sorgen.

© [M] sba / AKF / fotolia.com

NEU-ISENBURG. "Wir unterschätzen es erheblich, wie viele Menschen aufgrund von Chemikalien in der Lebensmittelkette sowie weit verbreiteten Mikroorganismen erkranken", betont Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa in einer Meldung zum Weltgesundheitstag am 7. April.

In Deutschland werden vom Robert Koch-Institut häufig über 1000 potenziell lebensmittelbedingte Ausbrüche mit Infektionserregern pro Jahr registriert.

Zu den meldepflichtigen Bakterien und Viren gehören zum Beispiel Campylobacter, Salmonella, Escherichia coli inklusive enterohämorrhagische E. coli (EHEC), Yersinia enterocolitica, Listeria monocytogenes, Norovirus, Hepatitis-A- und Hepatitis-E-Virus.

EHEC-Welle 2011

Die Infektionen nehmen zu: Heute werden in Deutschland zum Beispiel deutlich mehr Patienten aufgrund einer Salmonellen- oder Campylobacter-Infektion stationär behandelt als vor 15 Jahren: Die Zahl stieg von 15.200 (2000) auf etwa 16.900 (2013). Dies entspricht einem Plus von elf Prozent, meldet das Statistische Bundesamt.

Die Dunkelziffer ist hoch und viele Erkrankungen könnten durch eine verbesserte Hygiene der Verbraucher vermieden werden.

In die Schlagzeilen geraten meist nur spektakuläre Ausbrüche wie 2011, als knapp 4000 Erkrankungen mit EHEC in Deutschland, Frankreich und weiteren 14 Ländern zu mehr als 900 Fällen von hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) führten, von denen 55 schließlich tödlich endeten.

Die Infektionen konnten schließlich nach akribischer Suche mit verseuchten Bockshornklee-Sprossen aus Ägypten in Verbindung gebracht werden. Bei den meisten Ausbrüchen wird das verursachende Lebensmittel aber nie gefunden.

WHO: Politiker müssen global denken

Erschwert wird die Überwachung durch das immer größer werdende Angebot an Produkten, die außerhalb der normalen Saison produziert, über Kontinente hinweg transportiert, verarbeitet und zunehmend vom Endverbraucher außerhalb des Hauses verzehrt werden.

Gegenwärtig sind die Surveillance- und Meldesysteme in Europa begrenzt, um potenziellen Gefahren zu begegnen, kritisiert die WHO in der Meldung.

An die Politik wird appelliert, erweiterte Systeme und Infrastrukturen für Lebensmittelsicherheit aufzubauen und aufrechtzuerhalten, einschließlich der erforderlichen Laborkapazitäten.

Angemahnt wird zudem eine verbesserte Kommunikation und Kooperation zwischen den Bereichen Bevölkerungs- und Tiergesundheit sowie Landwirtschaft.

Die WHO appelliert zudem an Politiker, global zu denken und lokal zu handeln, damit die im Inland erzeugten Lebensmittel auch im Ausland so sicher wie möglich sind.

Die Bürger werden aufgefordert, sich über die sozialen Medien zu engagieren und unter dem Hashtag #safefood das Konzept "Lebensmittelsicherheit: vom Bauernhof zum Teller" zu unterstützen.

In einem Twitter-Chat am 7. April von 14 bis 15 Uhr werden Experten aus verschiedenen Organisationen in Europa zudem Fragen zu Lebensmittelsicherheit beantworten und Ratschläge geben. (eis)

Lesen Sie dazu auch: Weltgesundheitstag: WHO rückt Lebensmittelsicherheit in Fokus

Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 08.04.201513:40 Uhr

Lebensmittel-Hygiene

Unsere alltäglichen Nahrungsgüter im Massenverbrauch sind von nie zuvor gekannter hygienischer (mikrobiologischer und substanzieller)und gleichbleibender, guter Qualität, sofern sie nicht aus dem trendigen "Bio"-Bereich stammen.
Ich selbst würde z.B. keinen Bio-Wildschwein-Schinken auf dem Marktplatz kaufen, weil ich mir nicht sicher bin, daß der Wildbbret-erlegende und In-verkehrbringende Jäger sich nicht eventuell die Trichinellen-Untersuchungs-Gebühr von 13 Euro "erspart" hat.
Die Großbetriebe der Lebensmittelindustrie und ihre HACCP-Konzepte werden ständig auf gesunheitsbezogene Aspekte und Hygiene-Kriterien im Personal-und Verarbeitungs-Bereich staatlich kontrolliert (Amtstierärzte und LMK´s).
Im Handel befindliche, abgepackte Produkte sind i.d. Regel gesundheitlich völlig unbedenklich, sofern die Kühlkette bei leicht verderblichen Waren nicht erheblich unterbrochen, oder die Mindest-Halbarkeits-Deklaration nicht wesentlich überschritten wird.
Dort können die Lebensmittel-Kontrolleure bei der überwiegenden Zahl der Beanstandungen lediglich Kennzeichnungs-Mängel feststellen, die zumeist durch "versprecherische" Werbetexter enstanden sind.
Für den genußvollen Esser, und zugleich Hygiene-Experten, liegt das Hauptproblem der ansteigenden Lebensmittel-Infektionen praktisch "auf der Straße".
Nie zuvor wurde so vielseitig und mengenmäßig im Stehen und Gehen mit ungewaschenen Händen im Freien -fern von jedweder Esskultur (und -hygiene)- "gemampft".
Das Endprodukt davon erkenne ich an vielen übergewichtigen Mitmenschen, die, anstelle sich etwas Leckeres in behaglicher Atmosphäre zu genehmigen, offensichtlich nur noch vom "Frustfressen" getrieben sind.
Ich würde dies als die "Amerikanische Krankheit" bezeichnen, die inzwischen auch zu uns tsunamihaft herübergeschwappt ist; und nicht nur LM-Infektionen, sondern ursächlich für eine ganze Kette zivilisatorischer Folge-Leiden wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Orthopädie-Schäden u.a. ist.
Da sind Antibiotika-Nachweise in Fleischerzeugnissen nach den gesetzlich vorgeschriebenen Hemmstoff-Tests an Schlachtkörpern, und deren vermeintlicher Beitrag zu Resistenzbildungen, in amtlichen Statistiken so gut wie zu vernachlässigen. Die dürften nach mikrobiologischen Erkenntnissen immer dort verstärkt auftreten, wo im unhygienischen (Wachstums-) Milieu die bakterielle Zellteilung -und damit Spontan-Mutationen, z.B. vom E. coli zum EHEC oder vom S.aureus zum MRSA- begünstigt werden! Und klassische Penicilline erweisen sich als "stumpf", weil deren Wirksamkeit bisher gar nicht an den neuen "Testkeimen" entwickelt worden ist.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt

Dr. Thomas Georg Schätzler 07.04.201507:52 Uhr

"Oh happy days"? (Sister Act Oh Happy Day HD - YouTube www.youtube.com/watch?v=6zT8AyfsFmA)

Lebensmittelsicherheit am "World Health Day" mit der Frage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu verbinden, "how safe is your food?, und als Lösung anzubieten: Vom Bauernhof zum Teller - "From farm to plate: make food safe" klingt ein wenig nach dem alten "Backpacker"-Motto zur Vermeidung von Reisediarrhö: "Boil it, cook it, peel it — or forget it!" (Kochen, Braten, Pellen - oder Vergessen!) wie auf
http://www.springermedizin.de/boil-it-cook-it-peel-it--or-forget-it/253438.html
beschrieben.

Doch wer denkt eigentlich dann noch über die potenziell multiresistenten Keime nach, die nach jedem Bauernhof-Besuch unter den Schuhsohlen kleben könnten, an die in der deutschen Veterinärmedizin offiziell eingesetzten 1.700 Tonnen Antibiotika pro Jahr, an die Massentierhaltungen, Aufzuchtanlagen und Fischfarmen, wo Antibiotika o h n e veterinärmedizinische Verordnung bzw. direkt über Antibiotika-haltige Futtermittel eingespeist werden und damit vorselektiert in der Eier-, Fleisch- und Fisch-verarbeitenden Industrie wieder auftauchen?

Die scheinbar professionelle WHO-Empfehlung, zur Infektionsvermeidung die unterschiedlichen Lebensmittel auf verschiedenen Schneidebrettern in unterschiedlichen Küchen-Arbeitsbereichen und –Stationen zu verarbeiten, erscheint angesichts der engen häuslichen Einbau- und Kompaktküchen ziemlich weltfremd - "oh happy days", eben. Oder vielleicht doch "Happy Deppi"?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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