Hintergrund
Daten von 16.000 Kindern bestätigen: Impfungen sind sicher
Studie vom Robert Koch-Institut: Rate aller Impfnebenwirkungen liegt bei 2,1 Prozent.
Veröffentlicht:Nimmt infolge hoher Impfraten die Zahl impfpräventabler Erkrankungen ab, rücken oft die Nebenwirkungen der Impfungen in den Fokus. Dies ist ein Phänomen, das in den meisten entwickelten Ländern zu beobachten ist.
So hat etwa eine mittlerweile zurückgezogene Studie einen Zusammenhang von Autismus und der Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln nahe gelegt. Die MMR-Impfraten sind daraufhin - vor allem in Großbritannien - deutlich gesunken.
Unstrittig ist, dass medizinische Eingriffe auch unerwünschte Effekte haben. Das gilt auch für Impfungen. So kommt bei einer i.v. Impfung kein Impfling um den Einstichschmerz herum.
Untersuchungen von 16.000 Teilnehmern ausgewertet
Um allerdings seltene und sehr seltene Ereignisse - also weniger als ein Ereignis pro 10.000 Impfungen - erfassen zu können, braucht es eine entsprechend große Zahl an Impflingen. Zulassungsstudien leisten dies meist nicht.
Interessant ist daher die Auswertung des Kinder- und Jugendsurveys KiGGS, für die Daten von fast 16.000 Teilnehmern herangezogen werden konnten (Bundesges Bl 2011; 54: 357). Die entscheidende Botschaft: Nur bei 332 Kindern berichteten die Eltern von Unverträglichkeiten nach einer oder mehrerer Impfungen. Das entspricht einer Quote von 2,1 Prozent.
Von den einzelnen Impfungen wurde am häufigsten die MMR-Impfung mit gut 15 Prozent genannt, gefolgt von jener gegen FSME mit 11,5 Prozent.
113 Fieber-Meldungen
Insgesamt berichteten die Eltern 469 mal Symptome nach einer Impfung. Mit 113 Meldungen steht Fieber oben auf der Liste, gefolgt von massiver Schwellung an der geimpften Extremität (85 Nennungen) und unstillbarem Schreien (45 Nennungen).
Die Häufigkeit von Fieberkrämpfen nach der Masern-Impfung lag bei 0,02 Prozent. Bei über 26.000 erfolgten Masern-Impfungen wurden fünf Fieberkrämpfe berichtet.
Ähnliche Raten hat etwa eine US-Studie ergeben, bei der es bei fast 140.000 Masern-Impfungen zu 32 Fieberkrämpfen kam, berichten Dr. Christina Poethko-Müller und ihre Kollegen vom Robert Koch-Institut (RKI).
Zwar sind Impfnebenwirkungen in Deutschland meldepflichtig, die Einordnung einzelner Ereignisse falle aber schwer, da in der Regel keine Daten zur Zahl der tatsächlich verimpften Dosen vorliegen. Darin sehen die Epidemiologen des RKI einen Hauptnachteil passiver Surveillancesysteme.
Sehr selten Impfnebenwirkungen
Dieses Problem wurde mit den KiGGS-Daten umgangen. Es wurde nicht nur die Zahl unerwünschter Ereignisse erfasst, sondern diese in Bezug zu den Impfdosen gestellt. So konnte letztlich die Quote von nur 2,1 Prozent an Impfnebenwirkungen ermittelt werden, eine Quote, bei der die Autoren keinen Anlass sehen, das Risikoprofil von Impfungen anders als bisher zu bewerten.
In einer zweiten Auswertung sind die RKI-Epidemiologen noch einen Schritt weiter gegangen (Bundesges Bl 2011; 54: 365). Hier haben sie ermittelt, wovon die Meldung einer Impfnebenwirkung durch die Eltern abhängt.
Die stärkste und stabilste Determinante war die Elternangabe, dass sie eine oder mehrere Impfungen abgelehnt hatten, weil sie es für besser hielten, dass das Kind die Erkrankung selbst durchmacht.
Ob diese Einstellung zu einer erhöhten Melderate oder die Erfahrung der Impfnebenwirkung zu der Einstellung geführt habe, könne aus den Daten allerdings nicht abgeleitet werden, so die Epidemiologen.
Studie dauerte drei Jahre
Zwei andere Gruppen von Eltern wiederum berichteten deutlich weniger häufig von Impfnebenwirkungen als das Mittel: Migranten und Ostdeutsche. In beiden Gruppen sei die Angst vor Impfnebenwirkungen auch seltener ein Grund, Impfungen abzulehnen.
Besonders deutlich wird die kritische Einstellung zu Impfungen bei jener gegen Masern. Kritische Eltern meldeten um den Faktor vier häufiger Impfnebenwirkungen.
Für die Auswertung der KiGGS-Studie wurden Daten von fast 18.000 Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren und deren Eltern ausgewertet. Sie wurden nach Zufall aus den Melderegistern 167 Orte in Deutschland ausgewählt. Die Studie lief vom Mai 2003 bis Mai 2006.
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