Masern

Impfgegner gibt es auch unter Ärzten

Angesichts der sich weiter ausbreitenden Masern-Epidemie geht der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte mit Kollegen, die Impfungen generell ablehnen, hart ins Gericht. Gefordert wird gar der Entzug der Zulassung.

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BERLIN. Die Zahl der notorischen Impfgegner liegt in Deutschland bei drei bis fünf Prozent und ist damit wesentlich geringer, als dies in der Öffentlichkeit immer wieder dargestellt wird.

Darauf hat Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), am Wochenende hingewiesen.

Allerdings seien diese Impfkritiker "ideologisch derart verbohrt", dass "Reden und Diskutieren" zwecklos sei. Noch schärfer kritisierte Hartmann beim deutschen Jugendmedizin-Kongress in Weimar vor 500 Teilnehmern allerdings die eigenen Kolleginnen und Kollegen, die Eltern oder der Bevölkerung vom Impfen abraten.

Immerhin seien es 10 bis 15 Prozent der Mediziner, die zum Impfen eine "etwas andere Meinung" haben. Ärzten, die Impfungen aus ideologischen Gründen komplett ablehnen, sollte laut Hartmann gar die Zulassung entzogen werden.

Hier seien die KVen und Ärztekammern in der Pflicht, diesen Ärzten "das Handwerk zu legen".

Masernwelle schwillt weiter an

Die Äußerungen Hartmanns sind auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Masernwelle in Berlin weiter anschwillt und auch in andere Bundesländer übergreift. Bis Freitagvormittag wurden in der Hauptstadt 111 neue Fälle in der laufenden Woche gemeldet.

Beim aktuellen Ausbruch sind das die meisten Erkrankungen in einer Meldewoche. Insgesamt sind seit Beginn der Welle im Oktober 742 Menschen an Masern erkrankt, sagte Silvia Kostner, Sprecherin des Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo).

In Berlin musste bisher rund ein Viertel der erfassten Patienten wegen der Infektion ins Krankenhaus. Fast 90 Prozent von rund 630 befragten Kranken hatten keinen Impfschutz. Bisher steckten sich in Berlin auch 70 Babys im Alter unter einem Jahr an.

Wenn eine Mutter vor der Schwangerschaft nicht selbst Masern gehabt hat oder geimpft war, haben die Kinder keinen Nestschutz. Eine Impfung ist erst ab dem neunten Lebensmonat zugelassen. Im Februar war ein ungeimpftes Kleinkind in Berlin an Masern gestorben.

Unterdessen haben in Karlsruhe Masern-Erkrankungen in einer Flüchtlingsunterkunft die Behörden alarmiert. Nach Masern-Erkrankungen in einer Zelthalle für neu angekommene Flüchtlinge wurden Sofortmaßnahmen gegen eine Ausbreitung der Krankheit eingeleitet.

Alle 310 Bewohner der Unterkunft wurden vorsorglich geimpft, wie das Landratsamt Karlsruhe mitgeteilt hat. Um die Infektionsgefahr zu bannen, sollen die Bewohner zwei Wochen lang nicht in andere Unterkünfte verlegt werden.

Fälle auch in Hessen

Ebenso werden in dieser Zeit keine Neuzugänge aufgenommen. Bei den Erkrankten handelt es sich um einen 23-jährigen Mann aus Bosnien-Herzegowina und seine zwei und vier Jahre alten Töchter. Sie wurden in ein Krankenhaus gebracht.

In Stuttgart hat es nach dem Ausbruch von Masern unter Flüchtlingen ebenfalls eine Impfaktion gegeben. Nach Mitteilung der Stadt sollen in der nächsten Woche weitere Impfungen folgen.

Generell ist allen nach 1970 geborenen Menschen zu empfehlen, den Impfstatus prüfen lassen.

Auch in Hessen sind mehrere Masernfälle aufgetreten. An der Kinderklinik in Gießen wurde ein gesonderter Warte- und Behandlungsraum eingerichtet, nachdem dort Ende Februar bei einem anderthalb Jahre alten Kind Masern diagnostiziert worden waren.

Kinderärzte hatten zuvor den Ausschlag bei dem Kind fälschlicherweise für ein Arzneimittel-Exanthem durch Antibiotika gehalten. (ras/eis/dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 10.03.201518:36 Uhr

Fundamentalistische Impfgegnerschaft als Ausbildungsmangel?

Wer jegliche Schutz-Impfungen aus ideologischen Gründen komplett ablehnt, ist m. E. nicht mehr humanmedizinisch-ärztlich, sondern nur noch wunder-heilend und gesundbetend tätig. Dann sind grundlegende nosologische, infektiologische, immunologische und epidemiologische Ausbildungsziele, die zur Erteilung der ärztlichen Approbation bzw. zur staatlichen Berechtigung über die Ausübung der ärztlichen Heilkunde in der Human-, Zahn-, Veterinärmedizin führen, n i c h t erreicht. Im Gegensatz zur Heilpraktiker-Ausbildung mit amtlichem Kompetenz-Überschreitungs-Verbot und Schadensbegrenzungs-Regelung haftet übrigens der Staat mit den medizinischen Staats-Examina für eine korrekte Ausbildung und spätere Berufsausübung in Notfall-, Akut- bzw. Versorgungsmedizin.

Dies ändert allerdings nichts daran, dass in der deutschen Infektions-Epidemiologie geradezu groteske Lücken und Dilettantismus bestehen. Beim aktuellen Masern-Ausbruch in Berlin sind seit Oktober letzten Jahres jetzt 742 Menschen an Masern erkrankt. Dem zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) war ein epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Instituts (RKI) bekannt, welches für Bosnien, Herzegowina und Serbien bereits seit 2013/2014 die höchsten innereuropäischen Neu-Erkrankungsraten an Masern (Morbilli) belegten.

Als dann primär u n g e i m p f t e Migranten bzw. Asylbewerber aus Armuts- und Schwellenländern oder politisch Verfolgte aus der europäischen Nachbarschaft wie Bosnien, Herzegowina und Serbien nicht nur der Masern-Infektion schutzlos ausgeliefert nach Berlin kamen, hat man in aller Seelenruhe zugeschaut, wie sich Neuinfektionen an Masern, Windpocken (Varizella/Zoster), Diphtherie, TBC, Röteln, Mumps, Hepatitis A und B, Meningitis etc. verbreiten. Eine zentrale Impfstelle wurde erst im N a c h h i n e i n implementiert, weil man das mit den Masern gegenüber der WHO zumindest doch nicht einfach politisch aussitzen wollte.

Impfpräventiver Flickenteppich und Kleinstaaterei werden deutlich bei: "Wer darf wen impfen? - Welcher Facharzt darf welche Patienten impfen - und diese Impfung dann auch abrechnen? Die Masern-Epidemie hat diese alte Debatte neu befeuert. Dabei zeigt sich: Die 17 KVen gehen in dieser Frage unterschiedlich vor". Vgl. http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/vertragsarztrecht/article/880867/fachfremde-leistung-darf-impfen.html

Politik, STIKO (Ständige Impfkommission) und G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) wirken mit konzeptionslosem Impf- und Infektionsmanagement wie gelähmt: Dass in Berlin die meisten Masern-Patienten n i c h t Kinder, sondern 18- bis 43-Jährige sind bzw. dass nicht nur dort eine Influenza-A-H3N2-Epidemie tobt, lässt auf mangelhafte Impfstoffe s e l b s t schließen. Das entlarvt die von der Impfstoff-Industrie und Lehrbüchern behauptete längerfristige bis lebenslange Antikörper-Protektion durch Impfungen als empirisch nicht belegtes Wunschdenken.

Weit über 40 Prozent primäre Impf-Versager bestehen z. B. nach der ersten Standard-Influenza-Impfung. Nach letzten RKI-Zahlen erkranken 12 Prozent der Masern-Patienten t r o t z Impfung! Dies alles ließe sich mit einer infektionsepidemiologischen, repräsentativen Studie zur Bestimmung der spezifischen Impf-Antikörper in der Bevölkerung und deren demografische Verteilung klären. Untersuchungsansätze, die sich in der englischsprachigen Literatur vielfach finden lassen, wenn man sie nur lesen und verstehen würde.

Wesentliche Nebeneffekte einer derartigen deutschen Groß-Studie?
1. Mediziner, Impfstoff-Hersteller bzw. deren Aufsichtsbehörden hätten Zugriff auf Daten zu Effektivität, Effizienz, Risiken, Nebenwirkungen bzw. Kosten-Nutzen-Evaluationen.
2. Fanatisierten und ideologisierten Impfgegnern gingen damit die Argumente aus.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt. Mauterndorf/A)

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