Akuter Husten
Warum Hausärzte Pneumonien übersehen
Nicht jeder hustende Hausarztpatient kann und muss zum Röntgen. Umso mehr muss eine Pneumonie auch anhand der Symptome erkannt werden können. Doch gerade damit tun sich Hausärzte offenbar schwer.
Veröffentlicht:UTRECHT. Nur eine akute Bronchitis oder doch eine Pneumonie? Diese Frage, von der die Notwendigkeit einer Antibiotikatherapie abhängt, wird in der Hausarztpraxis normalerweise anhand von Anamnese und körperlicher Untersuchung beantwortet.
Ärzte um Dr. Saskia van Vugt von der Universität Utrecht haben deswegen geprüft, wie treffsicher die klinische Diagnostik einer Lungenentzündung ist (ERJ 2013; onlin 24. Januar).
An ihrer Studie beteiligten sich 294 Hausärzte aus zwölf europäischen Ländern, die insgesamt 2810 aufeinanderfolgende erwachsene Hustenpatienten klinisch untersucht hatten. Unabhängig von der Hausarztdiagnose wurde bei allen Patienten eine Röntgen-Thorax-Aufnahme angefertigt.
Zwar kamen Hausärzte und Radiologen in 95 Prozent der Fälle zum selben Ergebnis, die Mehrzahl der Pneumonien wurde ohne Bildgebung jedoch übersehen. 140 Patienten (5 Prozent) hatten aufgrund des Röntgenbildes die Diagnose Lungenentzündung erhalten, 41 (29 Prozent) hatte der Hausarzt korrekt erkannt.
Wiedervorstellung der Patienten
Mit nur 29 Prozent hatte die rein klinische Diagnose also eine extrem geringe Sensitivität. Bei den 99 Patienten, deren Pneumonie nicht entdeckt worden war, waren Beschwerden und Symptome wie Fieber und Raschelgeräusche bei der Auskultation weniger ausgeprägt als bei den hausärztlich diagnostizierten.
Die allermeisten Patienten mit unauffälligem Röntgenthorax hatte auch der Hausarzt als pneumoniefrei erkannt; bei 31 (ein Prozent) hatte er zu Unrecht eine Lungenentzündung diagnostiziert.
Viele Ärzte rechtfertigen laut van Vugt und Kollegen den Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika bei akutem Husten mit der Sorge, dass ihnen eine Pneumonie entgehen könnte.
Im Hinblick auf unnötige Antibiotikaverordnungen sei es daher beruhigend zu sehen, dass Hausärzte bei 99 Prozent der radiologisch unauffälligen Patienten auch keine Pneumonie vermuten.
Als "besorgniserregend" bezeichnen die niederländischen Ärzte dagegen die niedrige Trefferquote der klinischen Diagnose bei radiologisch nachweisbarer Pneumonie. "Wir brauchen dringend Tests, mit denen die diagnostische Treffsicherheit in der Praxis verbessert werden kann."
Um die Folgen einer initial übersehenen Pneumonie zu begrenzen, empfehlen van Vugt und Kollegen, die Patienten zur Wiedervorstellung aufzufordern, falls die Symptome nicht abklingen oder schlimmer werden. (BS)