Schilddrüsen-Ca

Erhöhtes Krebsrisiko bei Hashimoto-Thyreoiditis?

Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis und noch teilweise funktionstüchtigem Schilddrüsengewebe haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko für ein differenziertes Schilddrüsenkarzinom, und zwar unter anderem dann, wenn zugleich keine oder nur geringe Mengen an Antikörpern gegen die thyreoidale Peroxidase (anti-TPO) im Serum vorhanden sind.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Untersuchung der Schilddrüse mit Ultraschall.

Untersuchung der Schilddrüse mit Ultraschall.

© zilli / istock

MADISON. Ein Zusammenhang zwischen einer Hashimoto-Thyreoiditis und der Entstehung eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms wird schon lange vermutet. Bisherige Studien haben aber keine einheitlichen Ergebnisse geliefert.

Allerdings betrachten zum Beispiel manche Pädiater inzwischen die Autoimmunerkrankung als prädisponierenden Faktor für das Karzinom. Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, haben US-Endokrinologen Daten einer Spezialklinik in Madison ausgewertet, die von 1994 bis 2013 gesammelt worden waren (Thyroid 2014; online 7. April).

Die Daten stammen von fast 3000 Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis, berichten Ärzte um Dr. Rodis Paparodis von der Universität von Wisconsin in Madison. Bei den Patienten hatten sich nach Feinnadelbiopsie Hinweise auf eine maligne Veränderung ergeben.

Außerdem hatten sie gutartige Knoten (über 4 cm) in der Schilddrüse oder einen Kropf, der bereits eine Dysphagie, Dyspnoe, obstruktive Schlafapnoe oder Heiserkeit zur Folge hatte.

Von 2733 Patienten ergab die histologische Untersuchung bei 582 eine Hashimoto-Thyreoiditis. Mit 365 Patienten waren die meisten präoperativ euthyreot, von denen etwa 48 Prozent ein Schilddrüsenkarzinom entwickelten. Die übrigen, hypothyreoten Patienten (n = 217) teilten die Ärzte in drei Gruppen ein, je nach L-Thyroxin-Dosis zur Supplementierung (n = 202): niedrig, mittel und hoch.

Unter den Patienten, die L-Thyroxin nur in niedriger Dosis supplementierten, erkrankten knapp 60 Prozent (40 Patienten) an einem Schilddrüsenkarzinom. Bei mittlerer und hoher Hormondosis lag der Anteil bei knapp 30 Prozent (20 Patienten) und bei fast 28 Prozent (19 Patienten).

Wie die Ärzte berichten, war das relative Risiko (RR) für ein Karzinom der Schilddrüse bei Patienten mit hypothyreoter Hashimoto-Thyreoiditis im Vergleich zu Patienten ohne die Autoimmunerkrankung signifikant erhöht (RR: 1,04).

Noch deutlicher war das Ergebnis der statistischen Berechnung, wenn die Daten der Patienten mit euthyreoter Hashimoto-Thyreoiditis und die der Patienten mit niedriger L-Thyroxin-Dosis sowie geringen oder fehlenden anti-TPO-Titern mit denen der Patienten ohne die Autoimmunerkrankung verglichen wurden (RR: 1,06 und 1,01).

Hohe anti-TPO-Titer hatten dagegen eher einen schützenden Effekt. Das Krebsrisiko war bei Patienten, die L-Thyroxin in mittleren oder höheren Dosen supplementierten, nicht erhöht.

Für die Endokrinologen sind die Ergebnisse ihrer Studie ein Hinweis darauf, dass bei Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis ein Rest von funktionellem Schilddrüsengewebe die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Karzinoms in dem Organ erhöht, wenn zugleich kaum oder gar keine Antikörper gegen das Enzym TPO - als Zeichen für eine schwache humorale Aktivität - vorhanden sind. Ist die Autoimmunerkrankung hingegen weit fortgeschritten, habe dies möglicherweise einen eher vor dem Malignom schützenden Effekt.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Irene Gronegger 30.06.201413:31 Uhr

Konsequenzen für die Behandlung?

Mich überrascht dieser Artikel nicht, weil Emilio Fiori und Paolo Vitti bereits 2012 auf einen Zusammenhang zwischen TSH und papillärem Schilddrüsenkrebs hingewiesen hatten:

"TSH plays a key role in the development of clinically detectable thyroid cancer, and LT4 treatment reduces the risk of thyroid malignancy in patients with nodular thyroid disease."

http://dx.doi.org/10.1210/jc.2011-2735 (im Volltext online)

Was sind die Konsequenzen? Wird die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie endlich dafür eintreten, dass die Hashimoto-Thyreoiditis frühzeitig behandelt wird? Oder wird man sich um dieses Thema herumdrücken?

Viele Ärzte sind immer noch der Meinung, dass die Hashimoto-Thyreoiditis erst ab einem TSH-Wert von 8 bis 10 behandelt werden soll oder muss, unabhängig vom Grund des erhöhten TSH. Das kann man doch nicht so lassen.

Irene Gronegger
Ratgeber-Autorin
www.schilddruesen-unterfunktion.de

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Behandlungstipps

Psoriasis und Komorbiditäten: Welche Therapie wirkt am besten?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener