Daten zeigen
Mit der Körpergröße steigt das Risiko für Krebs
Die Menschen werden immer größer. Und je größer sie sind, desto höher ist ihr Risiko, an Krebs zu erkranken. Grund könnte eine kalorienreiche Ernährung mit viel Milchprodukten sein.
Veröffentlicht:TÜBINGEN. Große Menschen haben zwar ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes, dafür aber ein höheres Risiko für Krebserkrankungen, und zwar unabhängig von Körperfettmasse und anderen modulierenden Faktoren.
Verantwortlich für den Zusammenhang zwischen Körpergröße und Krankheitsrisiko könnte eine kalorienreiche Ernährung mit viel Milch und Milchprodukten in schnellen Wachstumsphasen, wie zum Beispiel in der Schwangerschaft sein, wie Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) in einer Publikation schreiben (Lancet Diabetes & Endocrinology 2016; online 27. Januar).
Große sind insulinempfindlicher
Denn eine kalorienreiche Ernährung könnte bereits im Mutterleib zu einer lebenslangen Programmierung des Stoffwechsels führen, die bislang vor allem für das Insulin-like-growth-factor-1 und -2 sowie das IGF-1/2-System belegt werden konnte, schreiben die Forscher um Professor Norbert Stefan.
So führe die Aktivierung dieses Systems unter anderem dazu, dass der Körper empfindlicher für die Wirkung des Insulins und zudem der Fettstoffwechsel günstig beeinflusst werde.
Diesen Zusammenhang belegten nun auch ihre Daten, erklären die Forscher. Große Menschen seien insulinempfindlicher und hätten einen geringeren Fettgehalt in der Leber. Das könne ihr niedriges Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes erklären.
Gleichzeitig könne die Aktivierung des IGF-1/2-Systems und anderer Signalwege auch Nachteile haben: Indem durch die Aktivierung des Systems das Zellwachstum dauerhaft gefördert werde, könnte sich auch das Risiko für bestimmte Krebsarten erhöhen, vor allem für Brustkrebs, Dickdarmkrebs und schwarzen Hautkrebs, vermuten die Autoren.
Geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Eine große Körpergröße habe demnach zwar positive Auswirkung und senke das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes, aber eben auch negative: das Risiko für Krebserkrankungen steige.
"Epidemiologische Daten zeigen, dass pro 6,5 Zentimeter Körpergröße das Risiko für kardiovaskuläre Sterblichkeit um sechs Prozent sinkt, dafür aber die Krebsmortalität um vier Prozent steigt", wird Studienautor Professor Matthias Schulze in einer Mitteilung des DZD zitiert.
Die kalorienreiche Ernährung in schnellen Wachstumsphasen könnte zudem die Ursache dafür sein, dass die Menschen immer größer werden, glauben die Wissenschaftler.
Die Körpergröße sei zwar weitgehend genetisch festgelegt, dennoch beobachte man in den vergangenen Jahrzehnten weltweit, dass Kinder im Erwachsenenalter fast immer deutlich größer seien als ihre Eltern.
So zum Beispiel in den Niederlanden: Männer seien dort mittlerweile 20 Zentimeter größer als noch vor 150 Jahren. Interessanterweise sei hier auch der Pro-Kopf-Konsum von Milch und Milchprodukten weltweit am höchsten.
Die Wissenschaftler plädieren dafür, den Faktor Größenwachstum und Körpergröße stärker als bisher bei der Prävention dieser Volkskrankheiten einzubeziehen.
So sollten Ärzte besonders dafür sensibilisiert werden, dass große Menschen, obwohl sie weniger häufig mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes auffallen, ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen haben. Schließlich komme der Ernährung, vor allem in der Schwangerschaft und im Kindes- und Jugendalter, eine bislang unterschätzte Bedeutung zu. (bae/eb)