Sport senkt das Krebsrisiko

Das gilt für die meisten Tumoren

Wer viel Sport treibt, hat ein geringeres Darm- oder Brustkrebsrisiko. So viel weiß man schon lange. Eine Analyse bei 1,5 Millionen Senioren zeigt nun: Auch die meisten anderen Tumoren sind bei körperlichAktiven seltener zu finden.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Wer sich bewegt, senkt das Risiko, an Krebs zu erkranken.

Wer sich bewegt, senkt das Risiko, an Krebs zu erkranken.

© Kzenon / fotolia.com

ROCKVILLE. Häufige Tumoren wie Darm-, Brust- und Endometriumkarzinome treten bei körperlich Aktiven seltener auf als bei wenig aktiven Zeitgenossen, so viel dürfte längst aus unzähligen Kohortenstudien klar sein. Dabei wurde je nach Tumor, Studie und Sportintensität eine Risikoreduktion zwischen 10 und 50 Prozent gefunden.

 Wie es sich jedoch mit etwas selteneren Tumoren verhält, die zusammen etwa drei Viertel aller Krebserkrankungen ausmachen, ist noch unklar. Hauptgrund dafür sind die geringen Fallzahlen in Studien, sie lassen kaum statistisch belastbare Aussagen zu. Aus Metaanalysen gibt es zwar oft genug Daten, jedoch sind die Studien meist zu heterogen, um auch hier klare Aussagen zu treffen.

Größte Analyse ihrer Art

Wissenschaftler um Dr. Steven Moore vom Medical Center in Rockville sind daher einen anderen Weg gegangen: Sie suchten sich halbwegs vergleichbare prospektive Kohortenstudien und vereinigten deren Daten zur bislang größten Analyse dieser Art (JAMA Intern Med 2016; online 16. Mai).

Um genug statistische Power zu erhalten, beschränkten sie sich auf nur einen Parameter - den Freizeitsport. Zudem verglichen sie stets die Krebsrate zwischen den sportlichsten 10 Prozent und den inaktivsten 10 Prozent.

Insgesamt berücksichtigten sie 26 verschiedene Tumorentitäten mit jeweils 380 (Gallenblase) bis 47.000 (Prostata) Erkrankungen. Sie fanden 12 Kohortenstudien mit detaillierten Angaben zur körperlichen Aktivität in der Freizeit. An diesen hatten knapp 1,5 Millionen anfangs tumorfreie Personen teilgenommen; das Alter lag zu Beginn im Median bei 59 Jahren, etwas mehr als die Hälfte waren Frauen.

Im Median verbrachten die Teilnehmer zweieinhalb Stunden pro Woche mit moderater bis intensiver körperlicher Freizeitaktivität, im Quartil mit der geringsten Aktivität war es weniger als eine Stunde, im Quartil mit der höchsten Aktivität waren es mehr als sieben Stunden. Sportfans waren tendenziell dünner, jünger, besser gebildet und rauchten seltener als die Couchpotatoes.

Die Studienteilnehmer wurden im Median elf Jahre lang regelmäßig untersucht. In dieser Zeit fanden die Ärzte bei ihnen knapp 187.000 Krebserkrankungen. Berücksichtigten die Epidemiologen um Moore Bildung, Tabakkonsum, Alter, Geschlecht und Alkoholkonsum, dann traten bei den sportlich Aktivsten 22 der 26 Tumortypen seltener auf als bei den körperlich trägen Zeitgenossen - bei 13 der Tumoren erreichten die Unterschiede das Signifikanzniveau.

So war die Rate für ein Ösophagus-Adenokarzinom bei den aktiven Freizeitsportlern um 42 Prozent und für einen Lebertumor um 27 Prozent reduziert. Lungenkrebs wurde zu 26 Prozent seltener beobachtet, Nierenkrebs zu 23 Prozent.

Es folgten Tumoren im Dünndarm und Magen (minus 22 Prozent) sowie Endometrium (minus 21 Prozent). Für Geschwülste von Dickdarm, Rektum, Kopf, Hals, Blase, Brust sowie einige Leukämien ergab sich eine um 10-20 Prozent reduzierte Rate, bei Schilddrüsen-, Weichteil- und Pankreastumoren war eine nicht signifikante Risikosenkung von 0-10 Prozent zu beobachten.

Prostatatumoren (plus 5 Prozent) und maligne Melanome (plus 27 Prozent) traten bei den Sportlern sogar signifikant häufiger auf - was zumindest bei den Melanomen wegen des vermutlich längeren Aufenthalts im Freien nicht überrascht. Über alle Tumoren gemittelt ergab sich bei den Aktiven jedoch eine um 7 Prozent geringere Tumorrate als bei den körperlich Inaktiven.

Auch Dicke profitieren

Nahmen die Forscher den BMI in ihre Berechnungen mit auf, so schwächte dies den Zusammenhang. Doch bei zehn der Tumoren geht viel Sport auch unabhängig vom BMI mit einer geringeren Inzidenz einher, bei anderen - etwa dem Endometriumkarzinom - hat Sport dann keine Auswirkungen mehr.

Bei Letzteren beruht die geringere Tumorinzidenz wohl vor allem auf der geringeren Fettmasse der Sporttreibenden und weniger auf den direkten Effekten der körperlichen Aktivität. Immerhin können auch Übergewichtige ihr Risiko für viele Tumoren deutlich senken, wenn sie sich etwas mehr bewegen.

So jedenfalls lassen sich die Daten interpretieren, sofern man eine kausale Beziehung zwischen Sport und reduzierter Krebsgefahr voraussetzt.

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