Gendiagnostik
Melanom-Risiko - ein Fall für personalisierte Medizin?
Forscher entdecken immer mehr Risikomarker für Hautkrebs. Aber hilft dieses Wissen wirklich bei Diagnose und Therapie?
Veröffentlicht:PRAG (nös). "Warum entwickeln wir eigentlich so wenig Krebs?" Martin Röcken, Dermatologie-Professor aus Tübingen sprach mit dieser Frage auf der Herbsttagung der europäischen Dermatologengesellschaft EADV am Freitag in Prag den Aspekt an, dass der menschliche Körper täglich hunderte DNA-Schäden ohne großes Aufsehen repariert. Fällt dieser Mechanismus aus, entartet die Zelle, es entsteht Krebs.
Röcken, der Mitglied in der Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist, lenkt den Blick deswegen auf die zahlreichen Gene und Proteine, die uns täglich vor Krebs schützen. Am Beispiel des malignen Melanoms demonstrierte er die Rolle von CHEK2, einem Gen, das für die gleichnamige Proteinkinase kodiert.
CHEK2 überwacht nicht nur die DNA-Replikation, sondern fungiert auch als Tumorsuppressor, indem es das zentrale Genomwächterprotein p53 stabilisiert. Außerdem interagiert CHEK2 mit BRCA1, dessen Genmutation zu einem deutlich erhöhten Brustkrebsrisiko führt.
Allerdings kann auch CHEK2 beschädigt sein - mit negativen Folgen. Eine dänisch-deutsche Forschergruppe hat jüngst in einer großen Metaanalyse gezeigt, dass eine kleine Mutation des Gens zu einem zweifach erhöhten Melanomrisiko führt (J Invest Dermatol 2012; 132: 299). In einer anderen Analyse errechneten Forscher sogar ein drei- bis fünffach erhöhtes Risiko für Brustkrebs (J Clin Oncol 2008; 26(4): 542).
Für den Dermatologen Röcken ist die CHEK2-Mutation daher ein deutlicher Risikomarker - eben auch für Hautkrebs. Nach seiner Rechnung erkrankt von zehn Trägern dieser Mutation einer im Laufe seines Lebens an einem Melanom.
Ein Ansatzpunkt für die personalisierte Medizin? Vielleicht. "Das ist ein großes neues Feld für die Medizin", meint Röcken.
Er warnt allerdings auch vor den Gefahren - Überdiagnosen und Übertherapien sind die Stichworte. Denn nur weil man Mutationen und genetische Risiken ermitteln könne, müsse das noch lange nicht bedeuten, dass eine Krankheit auch ausbricht.
Viele Mutationen sind nicht selten "still", führen also gar nicht zu einer Erkrankung.