Krebstherapie mit strahlenden Mikropartikeln
Tumoren in der Leber gehören mit Lungen- und Magenkrebs zu den Malignomen mit der höchsten Krebsmortalität. An Lebertumoren sterben weltweit jährlich etwa 700.000 Patienten. Die Radioembolisation als lokoregionäre Therapie kann die Prognose verbessern und Remissionen erzielen.
Veröffentlicht:ESSEN. Interventionell-radiologische Therapieverfahren bewähren sich zunehmend für die Behandlung bei Lebermetastasen oder -tumoren.
"Wir haben die Ansprechraten im Sinne einer Reduktion lebenden, metabolisch aktiven Tumorgewebes mit Hilfe der Radioembolisation in den vergangenen Jahren verdreifachen können", sagte Professor Riad Salem, Direktor der Abteilung Interventionelle Onkologie an der Northwestern University in Chicago, auf einer Pressekonferenz beim Kongress "Interdisciplinary Treatment of Liver Tumors", den die Kliniken Essen-Mitte ausgerichtet hatten.
Bei einem großen Teil der Patienten mit Lebermetastasen oder -tumoren sind chirurgische oder minimal-invasive ablative Verfahren nicht kurativ oder es gibt Kontraindikationen.
Die selektive interne Radiotherapie (SIRT), auch als Radioembolisation bezeichnet, kann eine gute Option sein, wenn die Indikation von einem interdisziplinären Tumorboard gestellt und die Behandlung von erfahrenen Ärzten vorgenommen wird.
Das sagte Professor Jens-Albrecht Koch, Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Kliniken Essen-Mitte in Essen.
Strahlung dringt nur 2,5 Millimeter ins Gewebe ein
Bei der SIRT werden mikroskopisch kleine Partikel aus Glas oder Kunstharz mit Yttrium-90 beladen. Beim Zerfall des Isotops wird Betastrahlung emittiert, die nur etwa 2,5 Millimeter tief in das Gewebe eindringt und mit 100 bis 120 Gray lokal hohe Zieldosen erreicht.
Die Halbwertszeit des Yttriums liegt bei etwa drei Tagen. Nach etwa elf Tagen ist keine Strahlenemission mehr nachweisbar.
Die Mikropartikel werden selektiv in Leberarterien injiziert und kumulieren in präkapillären Gefäßen. Somit kombiniert die SIRT arterielle Mikroembolisation und interstitielle Strahlentherapie. Die Therapie kann an einem Tag ambulant erfolgen.
Tumoren können später entfernt werden
In einer Studiengruppe von 291 Patienten mit hepatozellulärem Karzinom (HCC: Child-Pugh A oder B, mit und ohne Pfortaderthrombose) konnte bei 58 Prozent ein Downstaging des Malignoms erzielt werden, und zwar vom Stadium T3 zu T2, wie Salem über seine eigene Studie berichtete.
Dadurch wurden Tumoren bei zwei Patienten resezierbar, bei 32 Kranken konnte nach der SIRT eine Lebertransplantation erfolgen und damit insgesamt 34 Patienten kurativ behandelt werden (Gastroenterology 2010; 138: 52-64).
In einer Studie am Uniklinikum Essen, an der 108 Patienten mit fortgeschrittenem HCC teilnahmen, gelangten drei Prozent in komplette Remission, 37 Prozent sprachen partiell auf die SIRT an, 53 Prozent erreichten eine Stabilisierung der Erkrankung (Hepatol 2010; 52: 1741-1749).
400 Patienten mit ähnlichen Therapien pro Jahr
Eine weitere Phase-II-Studie mit ebenfalls 108 Teilnehmern bestätige, dass auch Patienten mit Pfortaderthrombose, für die eine Chemoembolisation nicht in Frage komme, erfolgreich radioembolisiert werden könnten, sagte Salem.
Auch wenn die SIRT oft noch nicht heile, verlängere sie doch bei einem erheblichen Teil der Patienten die Zeit bis zur Progression bei verbesserter Lebensqualität und guter Verträglichkeit. Die Kliniken Essen-Mitte behandeln pro Jahr etwa 400 Krebspatienten mit lokoregionären Therapien.