INTERVIEW

PET-CT optimiert Brustkrebs-Nachsorge

Viele Kollegen sind unzufrieden mit den aktuellen Leitlinien zur Brustkrebs-Nachsorge. Kritisiert werden die Empfehlungen zur Diagnostik von Fernmetastasen. Diese sollte individueller sein, forderte der Gynäko-Onkologe Professor Ingo Diel im Gespräch mit Ingeborg Bördlein, Mitarbeiterin der "Ärzte Zeitung". Seiner Ansicht nach sollte bei Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko und einem hohen Sicherheitsbedürfnis mehr getan werden, als es die Leitlinien derzeit vorsehen.

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Das regelmäßige Abtasten der Brust ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Nachsorge bei Brustkrebs .

Das regelmäßige Abtasten der Brust ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Nachsorge bei Brustkrebs .

© Foto: Dr. Andre-Robert Rotmann

Ärzte Zeitung: Ist das gegenwärtig in deutschen Leitlinien empfohlene Nachsorgekonzept bei Brustkrebs noch angemessen?

Professor Ingo Diel: Nach wie vor ist das wichtigste Ziel der Brustkrebs-Nachsorge lokale und regionale Rezidive früh zu erkennen, weil dann noch eine Heilung möglich ist. Und das gelingt mit dem leitliniengerechten Programm aus regelmäßiger Tastuntersuchung, Mammografie sowie Sonografie und MRT je nach Bedarf Recht gut. Was die Suche nach Fernmetastasen betrifft, sind die aktuellen Empfehlungen hingegen schwieriger zu beurteilen. Wir haben zwar gute Diagnosemethoden wie die Oberbauch-Sonografie, Skelettszintigrafie, Thorax-Röntgen und CT. Doch leider haben die bisherigen Studien immer nur ergeben, dass Patientinnen, bei denen eine intensivere Nachsorge mit Bildgebung gemacht wurde, keine besseren Überlebenschancen hatten als Frauen, die eine symptomorientierte Nachsorge erhielten. Daher sehen auch die aktuellen Leitlinien nicht vor, bei asymptomatischen Frauen nach Metastasen zu fahnden.

Ärzte Zeitung: Viele Frauen akzeptieren das aber nicht. Sie möchten nicht erst dann untersucht werden, wenn Symptome auf Fernmetastasen hinweisen….

Diel: Das ist nur zu verständlich. Als betreuender Gynäko-Onkologe sollte man den Ängsten solcher Patientinnen auch Rechnung tragen. Ich mache meine Entscheidung für die Nachsorge bei Brustkrebs von zwei Dingen abhängig, und zwar von der Risikokonstellation und dem Sicherheitsbedürfnis der jeweiligen Patientin. So kann es durchaus sinnvoll sein, einer asymptomatischen Patientin, die von Sorgen und Ängsten vor einer Metastasierung geplagt ist, eine weitergehende Untersuchung anzubieten. Ist der Befund negativ und die Frau konnte sich davon überzeugen, dass die Brustkrebserkrankung nicht wieder aufgeflammt ist, fühlt sie sich erleichtert und kann wieder ruhiger schlafen.

Auch Patientinnen mit einem hohen Rezidivrisiko benötigen eine intensivere Nachsorge. Dazu gehören zum Beispiel Frauen mit einem großen Primärtumor (über 3 cm Durchmesser), mit Lymphknoten-Befall oder mit Hormonrezeptor-negativen, schnell wachsenden Brusttumoren.

Ärzte Zeitung: Welche Untersuchungen empfehlen Sie?

Diel: Ich empfehle eine typische Re-Staging-Untersuchung mit Knochenszintigrafie, Leber-Ultraschalluntersuchung und einem Röntgenbild der Lunge sowie eine Bestimmung der Tumormarker CEA und CA 15-3. Bei manchen Patientinnen kann auch eine PET-CT weiterhelfen, zum Beispiel wenn die Tumormarker ansteigen, aber mit den klassischen Untersuchungen keine Metastase festzustellen ist. Mit diesem kombinierten Verfahren, das Auskunft über den Tumorstoffwechsel und gleichzeitig auch über die Morphologie des jeweiligen Tumors gibt, findet man häufig auch kleinere Krebsherde, die mit den üblichen Untersuchungen nicht erkannt werden.

Ärzte Zeitung: Wie häufig sollte untersucht werden?

Diel: Das sollte man von Fall zu Fall entscheiden. Bei Verdacht auf eine Metastasierung muss untersucht werden, bis die Diagnose steht, bei asymptomatischen Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko nicht häufiger als einmal jährlich.

Ärzte Zeitung: In welcher Weise können Frauen von der Frühdiagnose von Fernmetastasen profitieren?

Diel: Meine persönliche Erfahrung hat gezeigt, dass es immer wieder Patientinnen mit einer solitären oder mit wenigen Metastasen gibt, bei denen man durch eine Kombitherapie eine Langzeitremission erreichen kann. Damit meine ich die Kombination von lokalen Therapiemaßnahmen wie der chirurgischen Abtragung der Metastasen, Laserablation, Thermo- und Kryotherapie oder Strahlentherapie plus einer systemischen Behandlung. Ob diese Patientinnen dann auch geheilt sind, wird sich erst in den darauf folgenden Jahren zeigen. Solche Erfolgsgeschichten kennt man auch von anderen Tumorarten wie dem kolorektalen Karzinom, wenn Lebermetastasen frühzeitig entdeckt worden sind und chirurgisch entfernt werden konnten.

Ärzte Zeitung: Gibt es dazu auch schon Studienergebnisse?

Diel: Es gibt bereits mehrere Studien, die gezeigt haben, dass etwa die Entfernung von Metastasen aus der Leber zu einem langfristigen Überleben oder gar zur Heilung geführt hat.

Ärzte Zeitung: Wird die Suche nach Fernmetastasen denn von der GKV bezahlt, wenn die Patientinnen noch asymptomatisch sind?

Diel: Alle Untersuchungen hierzu werden - mit Ausnahme der PET-CT - von der GKV bezahlt, sofern ein Kollege sie für indiziert hält.

STICHWORT

Leitlinien zur Nachsorge bei Brustkrebs

Zur Nachsorge bei Brustkrebs empfehlen die aktuellen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie/AGO (www.ago-online.de) eine regelmäßige Anamnese und klinische Untersuchung in den ersten drei Jahren nach der Brustkrebs-Op, und zwar im Abstand von drei Monaten. Bis zum fünften postoperativen Jahr sollte dieser Teil der Nachsorge halbjährlich und danach in jährlichem Abstand erfolgen. Die Frauen sollen auch zur monatlichen Selbstuntersuchung der Brust angehalten werden. Nach brusterhaltender Therapie wird zusätzlich eine halbjährliche oder jährliche Mammografie in den ersten fünf Jahren nach der Op empfohlen. Danach sollte diese Untersuchung jährlich gemacht werden. Frauen nach Mastektomie wird durchgehend zur jährlichen Mammografie geraten. Eine apparative und Labordiagnostik werden nur bei klinischem Verdacht auf ein Rezidiv oder Fernmetastasen empfohlen. (bd)

ZUR PERSON

Professor Ingo J. Diel ist seit sechs Jahren als Gynäko-Onkologe in einer Gemeinschaftspraxis in Mannheim niedergelassen. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit der Diagnostik sowie auch mit der Therapie bei Brustkrebs-Patientinnen mit Metastasen, besonders mit Knochenmetastasen. Der Kollege hat außerdem an der Aktualisierung der Brustkrebs-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) mitgearbeitet.

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