Brustkrebs
Diagnostische Chancen nutzen!
Mit dem Ruf nach besserer Evidenz werden der Routineeinsatz von MRT und Genassays zur Charakterisierung eines Brusttumors kontrovers diskutiert.
Veröffentlicht:BERLIN. Der routinemäßige Einsatz von präoperativer Magnetresonanztomografie (MRT) wie auch Genexpressionsanalysen wird bisher in Deutschland nicht eindeutig empfohlen. Es gibt aber gute Gründe dafür, wie auch ein Vortrag auf einer Plenarsitzung des Deutschen Krebskongresses 2014 in Berlin zeigte.
In der präoperativen Diagnostik des Mammakarzinoms ist das TripleAssessment mit Mammografie, Ultraschall und Stanzbiopsie Standard. Die MRT kann dazu aber wesentliche Zusatzinformationen liefern.
Davon ist Professor Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Aachen, überzeugt.
Um den in der S3-Leitlinie Mamma-Ca geforderten freien Resektionsrand als wesentlichen prognostischen Faktor zu erreichen, lassen sich die Resektionsgrenzen eines bekannten Mammakarzinoms mit der MRT sehr viel sicherer definieren, prognostisch relevante Faktoren ermitteln und zusätzliche, mammografisch okkulte Karzinome in derselben oder in der kontralateralen Brust feststellen.
Reoperationsraten verringern
In einer ganzen Reihe von Studien konnte bereits gezeigt werden, dass sich aufgrund des Befunds in der präoperativen MRT das zuvor geplante chirurgische Management in 20 und mehr Prozent der Fälle veränderte. Besonders häufig war dies bei lobulärer Histologie, DCIS oder DCIS-Anteilen, jungem Alter und dichtem Drüsengewebe der Fall, erläuterte Kuhl.
Die präoperative MRT könne so in hohem Maße Reoperationsraten verringern helfen, erklärte Kuhl. Bei 18 Prozent der Frauen mit invasiven Karzinomen und 30 Prozent der Frauen mit DCIS und DCIS-Komponenten ist derzeit eine Nachresektion oder Nachoperation nötig.
Dennoch sieht die S3-Leitlinie Mammakarzinom das präoperative Kontrast-MRT nicht zur routinemäßigen Abklärung vor. "Wir verzichten aktiv darauf, die Wahrheit über unsere Patientinnen zu erfahren", ereiferte sich Kuhl.
Dass es keine prospektiven randomisiert-kontrollierten Studien zur Effektivität der präoperativen MRT gibt, ließ sie nicht gelten.
Auch die Oxford-Kriterien für das Niveau der Evidenz forderten für diagnostische Maßnahmen nicht zwangsweise randomisierte Studien für eine gute Evidenzlage, sagte sie. Und für die diagnostische Mammografie und den Einsatz der Mamma-Ultraschalluntersuchung in allen Indikationen gebe es solche randomisiert-kontrolliert gewonnenen Daten auch nicht.
Dass es durch die Entdeckung okkulter kleiner Zweitkarzinome möglicherweise durch die präoperative MRT auch zur Überbehandlung kommt, liegt nach den Worten von Kuhl nur an einer fehlerhaften Umsetzung der Leitlinien.
Mehrere Tumoren im MRT müssten im Gegensatz zur Multizentrizität, wie sie in den Leitlinien mammografisch definiert ist, nicht zwangsläufig zu einer Mastektomie führen, sondern es könne in Bezug auf die kleinen Tumoren auch eine Watchful-Waiting-Strategie oder eine lokale Exzision erfolgen.
Damit die präoperative MRT ihr Potenzial richtig entfaltet, müsse allerdings unbedingt parallel die Möglichkeit der MRT-gesteuerten Stanzbiopsie und Markierung bestehen, betonte Kuhl.