ADHS
Zu impulsiv? Neurofeedback könnte helfen
Mit Neurofeedback-Training lässt sich das impulsive Verhalten von Kindern mit ADHS reduzieren. Forscher aus Dresden konnten nun belegen, dass dabei konkrete Veränderungen der Gehirnaktivität den Trainingserfolg anzeigen.
Veröffentlicht:DRESDEN. Impulsives Verhalten von Kindern mit Aufmerksamkeit-Defizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) lässt sich durch Theta-Beta-Neurofeedback reduzieren, berichten Forscher um Dr. Annet Bluschke von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Uniklinikums Dresden.
Das Team zeigte erstmals in einer Studie, dass das Training nicht nur das Verhalten von Kindern verändert, sondern der Erfolg sich auch auf neurophysiologischer Ebene belegen lässt (Scientific Reports 2016; online 12. August).
"In den letzten Jahren haben wir immer wieder versucht, neue Therapieansätze zu finden, um ADHS-Symptome von Kindern und Jugendlichen zu reduzieren und ihnen somit den Alltag zu erleichtern", berichtet die Psychologin in einer Mitteilung es Klinikums.
Das Gehirn besitzt die Fähigkeit, unbewusste Körpersignale willentlich zu lenken
Medikamente sind da ein Teil der Behandlung, allerdings kann auch ein intensives Training helfen. "Seit zweieinhalb Jahren bieten wir daher Neurofeedback als Therapieansatz für Patienten mit ADHS an. Mittlerweile liegen jetzt die ersten Studienergebnisse vor, die belegen, dass diese Form der Therapie eine messbare Verbesserung für die Patienten bringt", so Bluschke weiter.
Beim Neurofeedback wird die eigene Gehirnaktivität direkt auf dem Computermonitor dargestellt. Dabei macht man sich zunutze, dass das Gehirn die Fähigkeit besitzt, unbewusste Körpersignale willentlich zu lenken.
Daueraufmerksamkeit wird trainiert
Dargestellt werden dabei Thetawellen, das sind niederfrequente Gehirnwellen, die Unaufmerksamkeit signalisieren. Beta-Aktivität auf dem Bildschirm zeigt hingegen fokussierter Aufmerksamkeit an.
Beim ThetaBeta-Training lernen die Kinder, bewusst die Thetawellen zu reduzieren und Beta-Aktivität zu verstärken. Dabei werden vor allem Aspekte der Daueraufmerksamkeit trainiert. Die Kinder können auf einem Bildschirm anhand von Balken erkennen, ob vermehrt die zu reduzierenden Theta- oder die zu erhöhenden Betawellen aktiv sind.
Sobald es ihnen gelingt, die Thetawellen auf ein bestimmtes Maß zu reduzieren und vermehrt Betawellen zu produzieren, setzt sich zur Belohnung auf einem zweiten Bildschirm ein Rennwagen in Bewegung. Bei anhaltender Konzentration bleibt der Wagen in Fahrt.
Kinder steuern ihr Verhalten auf äußere Reize hin
"Bei Kindern mit ADHS geht es hier vor allem darum, das eigene Verhalten und die Konzentration besser selber steuern zu können", so Bluschke. 19 Kinder nahmen an einer Studie der Forscher teil. Die Kinder der Interventionsgruppe absolvierten dabei binnen acht Wochen sechzehn Neurofeedback-Sitzungen .
Vor Beginn und nach Ende der Therapie machten sie zudem einen Reaktionstest, bei dem gleichzeitig die Gehirnaktivität im EEG gemessen wurde. Hier mussten die Patienten auf einen "Drückimpuls" hin eine Taste betätigen. Wurde stattdessen ein "Stoppsignal" eingeblendet, mussten sie die Antwort zurückhalten.
Damit kann gemessen werden, wie gut die Kinder ihr Verhalten auf äußere Reize steuern können. Kinder der Neurofeedback-Gruppe hatten sich dabei besser im Griff als Kinder der Vergleichsgruppe, deren Selbstkontrolle nicht trainiert wurde.
Positives Fazit
Dies spiegelt sich sowohl im erfolgreichen Zurückhalten des Tastendruckes als auch in der Verbesserung zugrundeliegender neuronaler Mechanismen wider, die nur bei den mit Neurofeedback behandelten Patienten auftrat.
Insgesamt beobachteten die Forscher dabei, dass neben den wichtigen Effekten des Neurofeedbacks auf die impulsiven Verhaltensweisen der Kinder auch konkrete Veränderungen in der Gehirnaktivität auftraten.
Fazit: Ein spezielles Neurofeedback-Training führt zu Veränderungen in ganz bestimmten Hirnarealen. Das heißt: die typischen impulsiven Verhaltensweisen werden auf Verhaltensebene und neuronaler Ebene deutlich reduziert.
Neurofeedback wirkt also nicht nur oberflächlich, sondern führt tatsächlich zu einer Veränderung im Gehirn. ADHS Patienten lernen so, sich besser zu steuern. Ob die Effekte langfristig anhalten, soll nun sechs Monate nach Therapie-Ende geprüft werden. (eb/eis)