Kinderernährung

Veganer Babybrei: Knackpunkt Vitamin B 12

Viele Eltern, die vegetarisch oder vegan leben, wollen auch ihr neugeborenes Kind so ernähren. Was können Ärzte ihnen raten? Die Stiftung Kindergesundheit gibt Tipps. Wichtig ist vor allem die Supplementation von Vitamin B 12.

Veröffentlicht:
Wer sein Kind vegan ernähren will, sollte vor allem die Versorgung mit Vitamin B 12 beachten, raten Ärzte.

Wer sein Kind vegan ernähren will, sollte vor allem die Versorgung mit Vitamin B 12 beachten, raten Ärzte.

© Werner Münzker / fotolia.com

MÜNCHEN. Für Eltern, die ihre Kinder von Anfang an vegetarisch ernähren wollen, gelten zwei wichtige Prinzipien, sagt Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit in München:

Je mehr Einschränkungen die gewählte Kostform beinhaltet, desto größer ist die Gefahr, dass sie zu einer Fehlernährung und so zu Mangelerscheinungen führt.

Je kleiner ein Kind bei der Einführung einer einschränkender Ernährungsweise ist, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten einer Mangelerscheinung, die dem sich noch entwickelnden Organismus des Kindes Schaden zufügt.

Bei Vegetariern, die ihre pflanzliche Kost mit Milch, Milchprodukten und Eiern ergänzen, also Lakto-ovo-Vegetariern, gibt es nur selten Probleme, berichtet die Stiftung.

Auch die lakto-vegetarische Kost, bei der zusätzlich auf den Genuss von Eiern verzichtet wird, könne eine vollwertige Kost sein. Für Eltern, die ihr Kind von Anfang an fleischfrei ernähren wollen, hält die Stiftung folgende Empfehlungen bereit:

Bis zu sechs Monate stillen

Das Kind sollte, wenn möglich, in den ersten vier bis sechs Monaten ohne Zufütterung gestillt werden. Auch kürzeres oder teilweises Stillen mit Zufütterung von Säuglingsanfangsnahrung ist sinnvoll.

Beikost sollte nicht vor dem Alter von 17 Wochen, also dem Beginn des fünften Monats und nicht später als mit 26 Wochen, also zu Beginn des siebten Lebensmonats eingeführt werden.

Statt des allgemein empfohlenen ersten Gemüse-Kartoffel-Fleisch/Fisch-Breis kann es einen vegetarischen Gemüse-Kartoffel-Getreide-Brei geben. Wird industriell hergestellte Gläschenkost genutzt, können vegetarische Gemüse-Vollkorn-Breie verwendet werden.

Weil der Organismus eines Babys das Eisen aus pflanzlicher Nahrung nur schlecht ausnutzen kann, ist eine Kombination aus eisenhaltigen und Vitamin C reichen Lebensmitteln notwendig.

O-Saft zum Essen

Empfehlenswert ist Orangensaft zur Mahlzeit. Durch Vitamin C wird die Aufnahme des Eisens aus den pflanzlichen Lebensmitteln erheblich verbessert.

Der fleischfreie Brei sollte keine Milch enthalten, weil durch Milch die Bioverfügbarkeit des Eisens in der Breimahlzeit vermindert wird.

Bei einem Mangel an Vitamin B12 sind ergänzende Vitamingaben nötig, sonst drohen schwere und bleibende Schäden des Nervensystems.

Auch im fleischfreien Haushalt sollte grundsätzlich jodiertes Speisesalz verwendet werden.

Für Kinder in vegan lebenden Familien, in denen also nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Milch und Eier verzichtet wird, könne die Situation kritisch werden, warnt die Stiftung Kindergesundheit.

Der Mangel an Vitamin B 12 (Cobalamin), Eisen, Eiweiß und Spurenelementen könne das Gedeihen stark beeinträchtigen, das Wachstum, und auch die Entwicklung von Motorik und Sprache verzögern. Nicht immer ließen sich diese Verzögerungen in der Entwicklung noch aufholen.

Vitamin B 12 hilft bei der Zellteilung

"Vitamin B 12 ist lebensnotwendig für die DNA-Synthese und für die Zellteilung", erinnert auch Koletzko in der Mitteilung der Stiftung Kindergesundheit. "Es kommt praktisch nur in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft vor und wird damit zum Knackpunkt für Veganer und ihre Kinder.

Ein Mangel an diesem wichtigen Vitamin führt zu Störungen der Blutbildung und in schweren Fällen zur Degeneration von Nerven und zur Hirnatrophie".

Die möglichen drastischen Konsequenzen einer Mangelernährung sind erst kürzlich wieder auf einer Tagung der Sächsisch-Thüringischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin in Gera von Ärzten der Unikinderklinik Jena vor Augen geführt worden. Die Stiftung Kindergesundheit berichtet darüber:

Ein stationär aufgenommener zweieinhalbjähriger Junge war von seiner - auch während der Schwangerschaft - streng vegan lebenden Mutter bis zum ersten Geburtstag ausschließlich gestillt worden.

Danach bekam er strikt vegane Beikost aus Früchten und Mandelmilch gefüttert und wurde weiterhin mehrere Male am Tag gestillt. Das Kind litt unter Atemnot und hatte typische Zeichen einer schweren Blutarmut durch Vitamin-B 12-Mangel.

Vitamin B 12-Mangel entstand während der Schwangerschaft

Bildgebende Untersuchungen des Gehirns ergaben: Groß- und Kleinhirn waren geschrumpft; es bestanden Subduralblutungen. Diagnostiziert wurde eine Wernicke-Enzephalopathie durch Vitaminmangel.

Wie konnte es dazu kommen? Koletzko erklärt: "Ernährt sich eine Mutter während der Schwangerschaft nach der veganer Lebensweise ohne Ergänzung ihrer Nahrung mit zusätzlichen Nährstoffen, gibt sie ihren Mangel an Vitamin B 12 an ihr Kind weiter.

In der Leber des ungeborenen Babys werden keine ausreichenden Mengen der lebenswichtigen Vitamine B 12 und D und des Spurenelements Eisen gespeichert. Da auch die Brustmilch der Mutter nicht genug davon enthält, droht trotz Vollstillen eine bedrohliche Unterversorgung des Babys".

Der Junge wurde auf der Intensivstation und danach auf der Kinderneurologie behandelt. Seine motorischen und geistigen Defizite hätten aber auch dort nur teilweise wieder behoben werden können. (mal)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Ernährung

Salzersatz senkt offenbar Risiko für Schlaganfall-Rezidive

Unterschätzte Gefahr für Tumorpatienten

Diabetes Update: Tumorkachexie trifft vor allem Diabetiker

Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 23.08.201408:34 Uhr

Ist die Ärztezeitung vegetarierfreundlich? (Beitrag gelöscht!)

dann ist sie ärztfeindlich,
bis auf die "stromlinienförmigen" natürlich

Dr. Wolfgang P. Bayerl 19.08.201411:00 Uhr

In der Biochemie der Ernährung gibt es den Begriff der "biologischen Wertigkeit" von Eiweiß

Die Definition ist (theoretisch) denkbar einfach
nämlich mit der Menge an Körpereiweiß (in Gramm), das mit 100g Nahrungseiweiß aufgebaut werden kann.
Eiweißspeicher gibt es im Gegensatz zu Fett (und begrenzt Kohlenhydrate) im Körper NICHT. Körpereiweiß ist also IMMER lebende Zelle, deren Zahl auch den sog.Grundumsatz definiert (Energieverbrauch in Ruhe ohne Arbeitsleistung). Wenn Ihnen jemand etwas von einer biologischen Wertigkeit von über 100 erzählt, wissen Sie also, dass es ein Schwindler sein muss, mehr als 100 ist per definitione nicht möglich.
Nun raten Sie mal wievel Gramm Muskulatur mit 100 Bohneneiweiß aufgebaut werden kann,
verglichen mit 100g Muskeleiweiß (Fleisch). Beim Gewicht des Nahrungsmittels ist immer darauf zu achten den Wasseranteil abzuziehen.
Das Baby darf selbstverständlich spätestens nach 6 Monaten püriertes Fleisch essen. (Phytinhaltige) Getreideprodukte (Müsli) dagegen ganz sicher noch NICHT. Aus dem gleichen Grund ist auch das Insektenprodukt Honig noch verboten.

? 19.08.201410:09 Uhr

Unsachlich, nicht kontrovers, fokussierend. Schade.

Per E-Mail erreichte uns folgender Leserbrief von Thomas Butscher:

Je mehr Einschränkungen die Kost beinhaltet, desto größer die Gefahr von Mangelerscheinungen?! Ehrlich so pauschalisiert in einem Ärzteblatt?! Das ist unsachlich und der Artikel beginnt gleich mit dieser unreflektierten Aussage. So formuliert erhöhe ich also auch das Risiko von Mangelerscheinungen, wenn ich meinem Baby keine Fliegenpilze und kein vergammeltes Fleisch zu essen gebe?! Zwinker-zwinker -.-

Je kleiner ein Kind bei der Einführung der ''eingeschränkten'' Ernährung ist, desto wahrscheinlicher ist eine Mangelernährung? Ähm, dringend nötige Klarstellung: Man fängt bei Säuglingen mit einer maximal eingeschränkten Kost (eine einzige Gemüsesorte!) an und baut die Einschränkung dann sehr langsam step-by-step aus. Alles andere ist unverantwortlich dem Kind gegenüber!

Die lakto-vegetarische Kost könne eine vollwertige Kost sein. Aha?! Was beinhaltet denn ein Hühnerei an Nährstoffen, die nicht durch andere Lebensmittel zugeführt werden können? Interessant, dass dieses Detail nicht erwähnt und auch nicht bearbeitet wird – dem Autor vermutlich zu unwesentlich zum Thema?! ^^

Stillen in den ersten sechs Monaten? Hey, klasse, das wird allerdings auch für jeden nicht vegetarischen/veganen ''Säugling'' empfohlen...selbiges gilt für den Beginn der Beikostzeit. Zuvor und neben der Beikost bekommen Säuglinge in der Realität übrigens alle Nährstoffe aus der Muttermilch, egal ob vegan oder vegetarisch oder fleischhaltig zugefüttert wird. Also ist die Erwähnung hier in diesem Kontext offensichtlich nur ein Versuch, die Meinung des Lesers auf hypothetische Probleme der fleischlosen Kost zu fokussieren. Naja, eine geradezu ''geniale'' dialektische Vorgehensweise des Autors -.-

Eisenaufnahme durch Vitamin C fördern. Klasse Idee, auch das wird allerdings allen(!) Menschen empfohlen, was die so nicht kommentierte Erwähnung hier im Kontext des Artikels doch zusätzlich sehr unseriös erscheinen lässt.

Es gibt keine ''ersten'' Gemüse-Kartoffel-Fleisch/Fisch-Breis, wie dies hier dargestellt wird...das ''erste'', was als Beikost gegeben wird, sind reine Gemüsebreis. Bestehend zunächst aus einem einzigen Gemüse (Karotten bspw.), dem dann nach einiger Zeit eine zweite Gemüsesorte oder Kartoffeln zugefügt werden. Das ''erste'' Essen ist für Säuglinge NIE Fleisch oder Fisch! Eine solche Falschaussage wie in diesem Artikel ist gesundheitlich schlicht gefährlich für einen Säugling!

Bei einem Mangel an Vitamin B12 sind auch bei nichtvegetarischen Menschen Supplementierungen erforderlich – also ist auch diese Aussage bezogen auf nur Vegetarier /Veganer wieder zu unsachlich und soll offensichtlich weitere hypothetische Gefahren einer fleischfreien Ernährung suggerieren. Warum?! Vielleicht weil kein ''besseres'' Argument verfügbar ist?!

Einen einzelnen, ausgesuchten Mangelfall an Vitamin B12 bei einem Kind darzustellen, ist angesichts tausender vegetarisch und vegan ernährter Kinder in der BRD doch sehr unwissenschaftlich. (Wers nicht glaubt, googeln!) Really in einem Ärzteblatt?! Es gibt übrigens auch Kinder von Fleisch essenden Familien, die Mangelerscheinungen haben... ...zwinker-zwinker -.-

Einen Artikel mit diesem herausgepickten Einzelfall eines mangelernährten Kindes enden zu lassen, zeigt ja geradezu mit erhobenem Zeigefinger die leider vorgefrertigte Meinung des Autors und auch die Unfähigkeit, objektiv oder seriös ein Thema zu bearbeiten. Es gibt auch unzählige positiv-Beispiele von Beginn an vegan oder vegetarisch ernährter Kinder. (Wers nicht glaubt, googeln!) Diese Beispiele wurden hier leider einfach ausgeblendet. Die Kontroverse des Artikels ist also sehr interessant und sollte zum Nachdenken über dessen Intention anregen.

Fazit: Bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung von Kindern gibt es durchaus Bereiche, die tatsächlich einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen, vor allem bei der Vitamin

Dr. Wolfgang P. Bayerl 18.08.201408:32 Uhr

Eltern, die ihre Kinder von Anfang an vegetarisch ernähren wollen ....

... sollten sofort richterlich entmündigt werden. Ich verstehe die Toleranz hier nicht mehr.
Wird die Mutter nicht schon während der Schwangerschaft mit Mikronährstoffen substituiert, kommt der Säugling bereits geschädigt auf die Welt.
Es geht keineswegs nur um Vit.B12, das ist nur das bekannteste, essentiell für jede Zellteilung, essentiell nicht nur für die Blutbildung, essentiell für die Myelinbildung aller Nerven.
Auch erwachsene Vegetarier, die es schaffen ohne Anämie zu leben haben vermehrte neurologische Erkrankungen, das wird chronisch unter den Tisch gekehrt, nicht nur Erkrankungen sondern Todesursachen, natürlich zunehmend im Alter, bei der auch der Mangel an Eiweiß der Vegetarier hinzukommt.
Das minderwertige Eiweiß ist ebenso für Säuglinge fatal.
Sojamilch ist selbstverständlich auch minderwertig und nur erlaubt bei Milchallergie, die ich allerdings in meinem Leben als Arzt noch nicht persönlich erlebt habe.
Zu Erwachsenen:
Lifestyle Determinants and Mortality in German Vegetarians and Health-Conscious Persons: Results of a 21-Year Follow-up (German Cancer Research Center, Heidelberg):
Mortality analysis (1978-1999) mit ICD-9:
Mental disorders (290-319) Veget./Nicht-Veget. 112/84
Diseases of the nervous system (320-389) Veget./Nicht-Veget. 137/46 !!!
Diseases of the circulatory system (390-459) Veget./Nicht-Veget. 173/82 !!!
Infectious diseases (010-139) Veget./Nicht-Veget. 71/0 !!!
Malignant neoplasms (140-208) Veget./Nicht-Veget. 88/36 !!!

Es gibt keine bessere Studie!!!

Dr. Wolfgang P. Bayerl 18.08.201407:58 Uhr

Das sollte man gesetzlich verbieten! Wie oft muss das denn wiederholt werden!

In USA kommt man dafür ins Gefängnis. Hier haben die Medien eine große Verantwortung.

<< < 1 2 > >> 
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Schlecht für die Augen?

„Gutes" HDL-Cholesterin mit erhöhtem Glaukomrisiko assoziiert

Ernährung

Salzersatz senkt offenbar Risiko für Schlaganfall-Rezidive

REDUCE-AMI und ABYSS

Betablocker nach Herzinfarkt – so steht es um die Evidenz

Lesetipps
Personen greifen nach einer Angel mit Geldscheinen.

© mitay20 / stock.adobe.com

FAQ zum Zuschuss für angehende Ärzte

Weiterbildung: So kommen Sie an die Facharzt-Förderung

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung