Botulinumtoxin bietet Depressiven die Stirn
In die Stirn injiziertes Botulinumtoxin kann offenbar Depressionen lindern. Das hat eine Pilotstudie mit der Substanz ergeben.
Veröffentlicht:HANNOVER (eb). An der Untersuchung von Forschern der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel nahmen 30 Patienten mit Depressionen teil (J Psych Res 2012, online 23. Februar). Die Patienten hatten anhaltende Symptome, die sich unter Behandlung mit Antidepressiva nicht ausreichend gebessert hatten.
Die Hälfte der Patienten erhielt Botulinumtoxin, die anderen eine Placebo-Injektion. Bereits nach zwei Wochen seien die Patienten der Botulinumtoxin-Gruppe weniger depressiv gewesen.
Nach sechs Wochen habe sich bei 60 Prozent von ihnen die Schwere der Symptome mindestens halbiert und der Effekt sich bis zum Ende der Studie nach 16 Wochen noch verstärkt. In der Placebo-Gruppe hätten sich die Symptome nur geringfügig gebessert.
Die Stärke der Symptome - etwa gedrückte Stimmung, verminderter Antrieb und Freudlosigkeit - wurde dabei mit der Hamilton Depressions-Skala abgeschätzt.
Botulinumtoxin - ein neuer Baustein in der Depressionsbehandlung?
"Die Behandlung mit Botulinumtoxin ist relativ nebenwirkungsarm, sicher und ökonomisch. Die Wirkung hält nach einer einmaligen Gabe für mehrere Monate an", so Professor Tillmann Krüger von der MHH-Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie in einer Mitteilung der MHH. Botulinumtoxin könnte ein neuer Baustein in der Depressionsbehandlung werden.
Die Wirksamkeit der Therapie erklären sich die Forscher mit der sogenannten "Facial-Feedback-Hypothese". Diese besagt, dass Mimik nicht nur Stimmungen ausdrückt, sondern umgekehrt auch auf Stimmung zurückwirkt.
Häufige Emotionen bei Depressionen wie Ärger, Angst oder Traurigkeit aktivieren Muskeln auf der unteren mittleren Stirn (Glabellaregion). Die Wissenschaftler nehmen nun an, dass die Mimik die Emotionen aufrechterhält oder sogar verstärkt.
Mit Botulinumtoxin werden die entsprechenden Muskeln vorübergehend gelähmt. Dies könnte die Wechselwirkung zwischen Mimik und Stimmung unterbrechen.