Schwangere mit Depressionen

Antidepressiva schaden Nachwuchs kaum

Die Gefahr einer Antidepressiva-Therapie bei Schwangeren wird offenbar überschätzt: In einer Metaanalyse fanden Forscher kaum negative Auswirkungen auf den Nachwuchs.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Depression in der Schwangerschaft: Das Suizidrisiko muss gegen Risiken von Arzneien abgewogen werden.

Depression in der Schwangerschaft: Das Suizidrisiko muss gegen Risiken von Arzneien abgewogen werden.

© Gladskih / Fotolia.com

TORONTO. Etwa zwölf Prozent der werdenden Mütter entwickeln eine manifeste Depression, und hier stellt sich die Frage: mit Medikamenten behandeln oder nicht?

Auf der einen Seite gibt es schon einige Hinweise, dass die Arzneien - verwendet werden hauptsächlich SSRI - negative Auswirkungen auf das Kind haben.

Andererseits ist auch niemandem geholfen, wenn sich unbehandelte Depressive in den Tod stürzen.

Ein Team um Dr. Lori Ross aus Toronto in Kanada hat nun 23 Studien ausgewertet, in denen mögliche Auswirkungen einer Antidepressivabehandlung von Schwangeren auf ihren Nachwuchs untersucht wurden (JAMA Psychiatry 2013; online 27. Februar).

In drei der Studien schauten Forscher nach der Rate von Spontanaborten. Diese war in den Gruppen mit Antidepressiva nicht signifikant höher als in denjenigen ohne.

14 Studien erfassten den Geburtszeitpunkt. Hier kam es mit Antidepressiva tatsächlich etwas häufiger zu Geburten vor der 37. Schwangerschaftswoche als ohne.

75 g niedrigeres Geburtsgewicht

Auch wenn als Vergleichsgruppe depressive Schwangere ohne Medikation dienten, war die Frühgeburtenrate mit Antidepressiva höher - ein Hinweis, dass es tatsächlich an der Medikation und nicht an der Krankheit lag.

Insgesamt kamen die Kinder von Schwangeren mit Antidepressiva eine halbe Woche früher zur Welt als die von Frauen ohne die Medikamente.

20 Studien lieferten Hinweise zum Geburtsgewicht. Dieses war in den Gruppen mit Antidepressivatherapie im Schnitt um 75 Gramm niedriger.

Wurden in den Kontrollgruppen aber ebenfalls depressive Schwangere betrachtet, so gab es keine Unterschiede zwischen solchen mit und ohne Antidepressiva - hier scheint das niedrigere Geburtsgewicht also eher eine Folge der Depression und weniger der Medikation zu sein.

Etwas anders sah es bei den APGAR-Werten aus. Kinder mit Antidepressiva in utero schnitten ein und fünf Minuten nach der Geburt deutlich schlechter ab, selbst dann, wenn die Kontrollgruppe aus Kindern depressiver Mütter ohne Medikation bestand.

Allerdings war der Unterschied mit einem halben Punkt relativ gering, und die Werte lagen in der Regel auch bei Kindern in den Antidepressivagruppen innerhalb der normalen Bandbreite.

Die Abweichungen seien als Warnhinweis zu werten, aber nicht unbedingt klinisch relevant, schreiben Ross und Mitarbeiter.

Auf mögliche Folgen einer unbehandelten Depression hinweisen

Die Forscher bemängelten zudem, dass es nur wenige Studien gab, in denen depressive Schwangere die Kontrollgruppe bildeten.

Um die Medikamenteneffekte von solchen der Erkrankung abzugrenzen, sei es aber nötig, behandelte depressive Schwangere mit nicht behandelten depressiven Schwangeren zu vergleichen.

Bevor aus überzogenen Ängsten vor negativen Antidepressivawirkungen auf eine Therapie verzichtet wird, sollten Ärzte auch die möglichen Folgen einer unbehandelten Depression abwägen, denn auch diese berge für das Ungeborene zahlreiche Risiken, schreiben die kanadischen Forscher.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Auch die Einstellung zählt

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