Depressionen
Wut und Ärger sind ein schlechtes Zeichen
Sind Patienten mit unipolarer Major-Depression reizbar oder aggressiv, spricht dies für einen schweren, komplexen, chronifizierenden Verlauf. Das zeigt eine Langzeitstudie, die über 31 Jahre läuft.
Veröffentlicht:SAN DIEGO. Die Bedeutung von Reizbarkeit und Agressivität bei Major Depressionen haben US-Psychiater um Lewis Judd von der University of California in einer Studie mit mehr als 500 Patienten untersucht (JAMA Psychiatry 2013, online 11. September).
In der Langzeitstudie blicken die Forscher inzwischen auf eine bis zu 31 Jahre währende Nachbeobachtung ihrer Patienten zurück.
Von den 536 Teilnehmern mit unipolarer Major-Depression waren 292 (55 Prozent) bei der Aufnahme in die Studie reizbar oder zornig/aggressiv gewesen.
Das Durchschnittsalter in der Gruppe der Reizbaren lag signifikant niedriger (37,5 vs. 41,5 Jahre). Sie waren zudem früher an Major-Depression (MD) erkrankt (mit 27,6 vs. 30,4 Jahren). Frauen waren in dieser Gruppe überrepräsentiert (66 vs. 56 Prozent).
Schwere Verläufe bei gereizten Depressiven
Bereits diejenige Episode einer Major-Depression, die schließlich zu ihrer Studienteilnahme führte, hielt bei den reizbaren Patienten signifikant länger an als bei Patienten, die nicht über Reizbarkeit oder Ärger berichteten (91 Wochen vs. 49 Wochen).
Depressive mit Reizbarkeit und Zorn während der Aufnahmeepisode zeigten in der Nachbeobachtung schwerere Verläufe. Sie verfügten über eine schlechtere Impulskontrolle bis hin zu antisozialen Handlungen (18 vs. 10 Prozent).
Eine ganze Reihe von Begleitstörungen trat bei reizbaren und aggressiven Patienten mit MD häufiger auf, zum Beispiel Alkoholismus oder Drogenmissbrauch (53 vs. 37 Prozent) und Angststörungen (40 vs. 26 Prozent).
Suchtverhalten oder irgendeine Form von mentaler Störung traten während des Follow-up bei 88 Prozent der Reizbaren und bei 73 Prozent der MD-Patienten ohne Ärger und Wut auf.
Es ist wichtig, Betroffene zu identifizieren
"Reizbarkeit beziehungsweise Wut sind während MD-Schüben hoch prävalent", schreiben Judd und seine Mitarbeiter.
Als klinische Marker sprächen diese Symptome für einen schweren, chronischen und komplexen weiteren Verlauf. Es sei daher wichtig, solche Patienten zu identifizieren.
Auch die Therapie müsse auf diese Konstellation zugeschnitten und gezielt auf Aggressionsbewältigung ausgerichtet werden. Außer einer engen Betreuung seien zudem Strategien gegen die häufigen begleitenden Probleme erforderlich - Angststörungen, Substanzmissbrauch, mangelnde Impulskontrolle und psychosoziale Beeinträchtigung. (rb)