Parkinson
Koffein lindert Symptome
Parkinson-Kranke müssen offenbar nicht befürchten, dass koffeinhaltige Getränke den Tremor verstärken. Mehr noch: Das Symptom wird durch Koffein sogar teilweise gebessert, hat eine Studie ergeben.
Veröffentlicht:MONTREAL (BS). Die Hinweise auf positive Auswirkungen des Adenosinrezeptor-Antagonisten Koffein gegen Morbus Parkinson mehren sich: Personen, die viel Kaffee oder schwarzen Tee trinken, erkranken zum Beispiel seltener an Parkinson.
In Tiermodellen für die neurodegenerative Erkrankung wird mit Koffein eine Verbesserung der motorischen Symptome erzielt.
Daher haben kanadische Neurologen nun die symptomatische Wirkung von Koffein bei Parkinsonkranken untersucht - und ebenfalls eine signifikante Wirkung festgestellt (Neurology 2012, online 1. August).
In die randomisierte und placebokontrollierte Doppelblindstudie wurden 61 Patienten aufgenommen. Die Verumtherapie bestand aus zweimal täglich 100 mg (Woche 1-3) bzw. 200 mg (Woche 4-6) Koffein in Kapseln.
100 mg Koffein entsprechen ungefähr 200 ml Filterkaffe oder 100 ml Espresso. Das primäre Studienziel - die Minderung der exzessiven Tagesschläfrigkeit, an der alle Patienten litten - wurde allerdings verfehlt.
Der mit der Epworth Sleepiness Scale gemessene Effekt war nur grenzwertig signifikant. Damit liefert die Studie "Klasse-1-Evidenz, dass Koffein bei übermäßiger Tageschläfrigkeit keinen signifikanten Nutzen hat", berichten Forscher um Dr. Ronald B. Postuma von der Mc Gill-Universiät in Montreal.
Als wirksam erwies sich die Koffeingabe jedoch in Bezug auf den sekundären Studienendpunkt: Die motorische Symptomatik reduzierte sich gemäß der Unified Parkinson's Disease Rating Scale (UPDRS) III um 3,2 Punkte, von 23,2 auf 20,0 Punkte.
Noch keine Empfehlung für Koffein
Vor allem Bradykinese und Rigor besserten sich unter der Therapie. Auch der UPDRS-Gesamtscore (Skala von 0-199) ging signifikant um 4,7 Punkte zurück, von 41,2 auf 36,5 Punkte. Die UPDRS-Subscores I (kognitive Funktionen, Stimmung Verhalten) und II (Aktivitäten des täglichen Lebens) blieben dagegen unverändert.
Nebenwirkungen, insbesondere Reizbarkeit, Schlaflosigkeit oder Verschlechterung des Intentionstremors, wurden unter Koffein nicht häufiger festgestellt als unter Placebo.
Als Wirkmechanismus des Koffeins wird eine Verstärkung der dopaminergen Signalübertragung vermutet. Der Adenosinrezeptor-2A (A2A), an den Koffein als nicht selektiver Antagonist bindet, ist im Striatum lokalisiert, und zwar jeweils im Verbund mit einem Dopamin-D2-Rezeptor.
Durch Agonisten am Adenosinrezeptor wird die Aktivität des Dopaminrezeptors blockiert. Daher richtet sich seit einiger Zeit das Interesse auf selektive A2A-Antagonisten zur Behandlung der motorischen Parkinson-Manifestationen.
In ersten Studien wurde mit ihnen eine ähnlich moderate Besserung erreicht wie mit Koffein, so die Forscher. Damit sei das altbekannte Koffein eine mögliche Alternative zu den neueren Substanzen. Allerdings müsse erst geprüft werden, ob die beobachtete Wirkung auch langfristig erhalten bleibe.
Auch nach Ansicht des Gastkommentators Dr. Michael A. Schwarzschild von der Harvard-Universität lässt die aktuelle Datenlage noch keine Empfehlung für Koffein zur Parkinsontherapie zu.
Die Ergebnisse sollten aber berücksichtigt werden, wenn mit Parkinsonpatienten über den Koffeinkonsum im Rahmen der Ernährung gesprochen werde.