Neuer Weg für Alkoholkranke

Abstinenz ist bei Alkoholkranken das Therapieziel. Aber auch schon weniger trinken ist ein Fortschritt. Eine Studie mit einem bekannten Wirkstoff zeigt, dass dies klappen kann.

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Weg damit: Ein Opioidantagonist könnte helfen.

Weg damit: Ein Opioidantagonist könnte helfen.

© Ned White / fotolia.com

KÖLN (mut). Nur etwa zehn Prozent der Alkoholkranken versuchen, trocken zu werden, so Professor Karl Mann aus Mannheim. Und selbst davon scheitern die meisten.

Daher akzeptieren immer mehr Ärzte und Therapeuten, dass auch ein deutlich verringerter und weniger riskanter Konsum als Erfolg zu werten ist.

Der Suchtexperte ging bei der Fortbildungsveranstaltung "Psychiatrie Update" in Köln davon aus, dass etwa doppelt so viele Alkoholkranke bereit sind, an einer Therapie teilzunehmen, wenn es zunächst einmal nur darum geht, weniger zu trinken, und nicht gleich darum, komplett aufzuhören.

In den aktuellen Empfehlungen des britischen NICE, der US-Suchtbehörde NIAAA sowie der europäischen EMA ist zwar nach wie vor Abstinenz das Ziel.

Sind Patienten dazu aber nicht bereit, sollte ihnen deswegen eine Therapie nicht verweigert werden. Vielmehr wäre dann ein moderater Alkoholkonsum anzustreben.

Mann erläuterte dies an einem Beispiel: Trinkt jemand im Schnitt mehr als 100 g Alkohol täglich (extrem riskanter Konsum), wäre es schon ein Erfolg, wenn man ihn auf unter 60 g/d (moderat riskanter Konsum) brächte.

Auch für Hausärzte eine Option

Liegt jemand bei 60 bis 100 g/d, dann könnte ein Wert von unter 40 g/d (geringes Risiko) das Ziel sein. Positiver Nebeneffekt: Viele Alkoholkranke, denen es zunächst nur um eine Reduktion ging, entscheiden sich schließlich doch für Abstinenz.

In einer Studie mit der Vorgabe Alkoholreduktion erreichten 22 Prozent nach einem Jahr das Ziel, davon waren 10 Prozent komplett abstinent.

Zur Reduktion des Alkoholkonsums könnte es auch bald eine neue Therapie geben: Für den Opiatrezeptor-Antagonisten Nalfemene wurde die EU-Zulassung beantragt.

Das Medikament ist bereits in den 1970er-Jahren gegen verschieden Suchterkrankungen entwickelt worden, neu ist die Verwendung zur Reduktion der Alkoholmenge.

Diese Option wurde jetzt in drei Studien mit über 2000 Patienten geprüft. Mit dem Medikament sowie einem begleitenden Motivationsprogramm gelang es in den Studien, sowohl die Zahl der schweren Trinktage (mehr als 60 g/d Alkohol) als auch den Gesamtalkoholkonsum signifikant stärker zu reduzieren als mit einem Motivationsprogramm allein.

Sollte das Medikament die Zulassung erhalten, könnte dies auch Hausärzten die Scheu nehmen, Patienten erstmals auf ihr Alkoholproblem anzusprechen, sagte Mann.

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