Screening

Zwei Fragen enttarnen Alkoholprobleme

Alkohol-Screening für alle Patienten ist aufwändig. Wie sich Gefährdete unter Patienten schnell und sicher herausfiltern lassen, haben britische Forscher herausgefunden.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Nur ein Gläschen in Ehren?

Nur ein Gläschen in Ehren?

© olly / fotolia.com

LEICESTER. Der Alkoholkonsum der Patienten ist selten ein Thema beim Hausarzt - obwohl 1,3 Millionen Alkoholiker und weitere zwei Millionen Männer und Frauen in Deutschland leben, deren Verhältnis zum Alkohol als "Missbrauch" gilt.

Wie Sie Risikopatienten ohne lange Tests herausfiltern können, hat jetzt eine britische Forschergruppe um Alex Mitchell und Kollegen von der University of Leicester in einer Metaanalyse untersucht (Br J Gen Pract 2014; online 6. Juli).

Die Durchsicht von 17 Studien ergab: Wurde nur eine gezielte Frage an die Patienten zu ihren Trinkgewohnheiten gestellt, erreichte die diagnostische Genauigkeit eine Sensitivität von 54,5 Prozent, die Spezifität lag bei 87,3 Prozent.

Stellten die Ärzte dagegen zwei Fragen, konnten 87,2 Prozent der Patienten mit Alkoholproblemen richtig identifiziert werden, und bei 79,8 Prozent der als negativ eingestuften Patienten lagen die Ärzte ebenfalls richtig.

Die zuverlässigsten Ergebnisse lieferte die Frage "Wie oft trinken Sie sechs oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit?"

Auch mit einer negativen Antwort auf die Eye-Opener-Frage aus dem CAGE-Test "Haben Sie jemals morgens zuerst Alkohol getrunken, um sich nervlich zu stabilisieren oder den Start in den Tag zu erleichtern?" oder die Frage "Hat sich infolge Ihres Alkoholkonsums im letzten Jahr etwas ereignet, von dem Sie nicht wollten, dass es geschieht?" konnten Alkoholprobleme relativ sicher ausgeschlossen werden.

Die Ergebnisse, so Alex Mitchell, könnten dazu beitragen, dass es Hausärzten künftig leichter fällt, Auskünfte über die Trinkgewohnheiten ihrer Patienten zu gewinnen. Denn ausführliche Standardtests für alle Patienten seien in der täglichen Routine zu zeitraubend.

Schon mit zwei gezielten Eingangsfragen, könnte ein Alkoholproblem relativ sicher ausgeschlossen werden. Nur diejenigen Patienten, die hier auffällig sind, sollten anschließend weitere Tests wie CAGE oder AUDIT durchlaufen.

Mit der Kombination aus zwei Fragen plus CAGE lag die Trefferquote in der Metaanalyse bei insgesamt 90,9 Prozent. Durchschnittlich waren nur 3,3 Fragen pro Teilnehmer nötig, um das Alkoholproblem dingfest zu machen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gretchenfrage Alkohol

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 20.07.201420:01 Uhr

GQMA zur Detektion von Alkoholproblemen in der Praxis?

Sorry, aber das ist eine GQMA (''gequirlte Quatsch Meta-Analyse''), auch wenn ich viel Verständnis für methodologische Schwächen in der Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung habe.

Wie kann man denn im Titel einer Publikation die angebliche Akkuratesse von e i n bis z w e i simplen Fragen anpreisen ["Accuracy of one or two simple questions to identify alcohol-use disorder in primary care: a meta-analysis"], und im Ergebnis ["Results"] eine Akkuratesse von 90,9 Prozent ausloben, wenn im Durchschnitt nach zwei Fragen u n d dem CAGE-Test m e h r als d r e i Fragen, nämlich 3,3 pro Praxisbesucher, benötigt werden ["The optimal approach appears to be two questions followed by the CAGE questionnaire, which achieved an overall accuracy of 90.9% and required only 3.3 questions per attendee."]?

Der CAGE-Test ist übrigens als "CAGE questionnaire" definiert:
"Two ''yes'' responses indicate that the possibility of alcoholism should be investigated further. The questionnaire asks the following questions:
• Have you ever felt you needed to cut down on your drinking?
• Have people annoyed you by criticizing your drinking?
• Have you ever felt guilty about drinking?
• Have you ever felt you needed a drink first thing in the morning (eye-opener) to steady your nerves or to get rid of a hangover?"
Kurz zusammengefasst:
• Begrenzung des eigenen Alkoholkonsums?
• Kritik-Unfähigkeit wegen des eigenen Trinkverhaltens?
• Schuldgefühle wegen der eigenen Alkoholabhängigkeit?
• Morgendliche Alkohol-Pegel-Notwendigkeit?

Ich weiß aus jahrzehntelanger Erfahrung in Klinik, Beratungsstelle und Praxis, wie unendlich schwer es ist, Ratsuchende zum Eingeständnis der eigenen Alkohol-Abhängigkeitserkrankung zu bewegen. Aber mir soll bitte keiner mit der naiven Einschätzung kommen, das eine vollkommen verkorkste (!) und verklausulierte Fragestellung namens "wie oft haben Sie sechs oder mehr alkoholische Getränke bei ein und derselben Gelegenheit ["Single Alcohol Screening Question (SASQ) namely, ‘How often do you have six or more drinks on one occasion?’"]? Ein echter Alkoholiker versteht dabei nur noch Bahnhof und sagt eher vorsichtshalber ''Jein'', weil er sich es mit dem Arzt nicht verderben will.

Das ist, mit Verlaub, völlig weltfremd und ''typical British idiom''. Am gesellschaftlichen Problem des ubiquitären Alkoholismus führt es bagatellisierend und beschönigend vorbei - denn auch drei bis vier Drinks können schon viel zu viel sein!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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