Alkoholkonsum

Weltweit wird immer mehr getrunken

Forscher haben die Entwicklung des Alkoholkonsums weltweit untersucht. Ergebnis: Gute Wirtschaftsentwicklung bringt mehr Trinker hervor – Religion hemmt den Anstieg dagegen.

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Alkohol im Kopf: Weltweit steigt die Menge an konsumiertem Alkohol; deutliche regionale Unterschiede gibt es aber.

Alkohol im Kopf: Weltweit steigt die Menge an konsumiertem Alkohol; deutliche regionale Unterschiede gibt es aber.

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DRESDEN. Wie schädlich Alkohol für die Gesundheit sein kann, ist bekannt. Und dennoch wird weltweit immer mehr getrunken, so das Ergebnis einer internationalen Studie im Fachblatt „The Lancet“ (8. Mai online, doi: 10.1016/ S0140-6736(18)32744-2). Eine Auswertung von Daten aus 189 Ländern ergab, dass der Alkoholkonsum der Weltbevölkerung von 1990 bis 2017 um 70 Prozent gestiegen ist. Ursache waren der Bevölkerungszuwachs und der stärkere Konsum pro Kopf.

Allerdings gab es große regionale Unterschiede. Während er beispielsweise in China, Indien und Vietnam stark wuchs, ist er in osteuropäischen Ländern von hohem Niveau herab deutlich gesunken. In Deutschland beobachteten die Wissenschaftler eine Stagnation mit leicht sinkendem Trend.

Verkehrsunfälle, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Krebs sind nur ein Teil der Todesursachen, die direkt oder indirekt mit Alkohol in Verbindung gebracht werden. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ging 2016 jeder 20. Todesfall weltweit darauf zurück.

Entsprechend sollte der missbräuchliche Alkoholkonsum von 2018 bis 2025 um zehn Prozent gesenkt werden – ein Ziel, das den Studienautoren zufolge vermutlich verfehlt wird. „Stattdessen wird Alkohol einer der Hauptrisikofaktoren für vorhersehbare Krankheiten bleiben und seine Auswirkungen werden sich wahrscheinlich relativ zu anderen Risikofaktoren erhöhen“, erklärt Jakob Manthey vom Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie (IKPP) der TU Dresden in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung.

Für die Untersuchung analysierte das Forscherteam Daten zum Alkoholkonsum von Menschen von 15 bis 99 Jahren aus 189 Ländern für die Jahre 1990, 2010 und 2017 und prognostizierte daraus zudem die Entwicklung für das Jahr 2030.

Wo sind die wenigsten Trinker, wo die meisten?

Die Wissenschaftler stellten fest, dass 2017 in nordafrikanischen Ländern sowie Ländern des Nahen Ostens am wenigsten getrunken wurde, während es in Zentral- und Osteuropa am meisten war. Der höchste Anstieg aber wurde mit 34 Prozent im wirtschaftlich aufstrebenden Südostasien beobachtet.

Im Detail hatte das osteuropäische Moldawien 2017 den höchsten Konsum (15 Liter reiner Alkohol pro Mensch von 15 bis 99 Jahren) und das überwiegend muslimische Kuwait den geringsten (weniger als 0,005 Liter).

Die unterschiedlichen Zahlen und Entwicklungen führen die Wissenschaftler auf Faktoren wie Religion, Gesundheitspolitik und Wirtschaftswachstum zurück. Vor allem das ökonomische Wachstum scheint sich hierbei auszuwirken, wie die Beispiele China und Indien zeigen, wo sich der Alkoholkonsum zwischen 1990 und 2017 jeweils fast oder mehr als verdoppelt hat.

Mehr als 6 Liter Konsum im Durchschnitt

Global trank 1990 jeder Mensch von 15 bis 99 Jahren im Schnitt umgerechnet 5,9 Liter reinen Alkohol. Bis 2017 stieg dieser Konsum auf 6,5 Liter. Zur Einordnung: Ein halber Liter Bier enthält etwa 20 Gramm reinen Alkohols. In Deutschland wie in anderen Ländern mit hohem Einkommen stagnierten oder sanken die Zahlen laut Studie indes: So wurden 1990 hierzulande noch 16,32 Liter reinen Alkohols getrunken, 2010 waren es 12,95 Liter.

2017 folgte eine leichte Steigerung auf 13,05 Liter. Für 2030 prognostizieren die Wissenschaftler jedoch einen Konsum von 11,63 Litern.

„Unsere Studie bietet einen umfassenden Überblick über die sich verändernde Landschaft des weltweiten Alkoholkonsums“, fasst Psychologe Manthey zusammen. „Vor 1990 wurde der meiste Alkohol in Ländern mit hohem Einkommen konsumiert mit den höchsten Leveln in Europa. Dieses Muster hat sich jedoch deutlich verändert mit starken Reduzierungen in Osteuropa und gewaltigen Zuwächsen in mehreren Ländern mit mittlerem Einkommen wie China, Indien und Vietnam.“

Dieser Trend werde sich voraussichtlich bis 2030 fortsetzen, so dass Europa dann nicht mehr den höchsten Alkoholkonsum haben werde, so Manthey weiter.

Eine weitere Beobachtung der Studie: Die Zahl der lebenslangen Abstinenzler blieb global ungefähr stabil (1990: 46 Prozent, 2017: 43 Prozent), ebenso wie die der heftigen Trinker (1990: 18,5 Prozent, 2017: 20 Prozent). Die Forscher schätzen, dass sich diese Daten kaum verändern werden, allerdings werde die Menge des konsumierten Alkohols stärker als die Zahl der Trinker wachsen – mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen.

Was kann zur Prävention getan werden?

In einem Kommentar zu der Studie, der ebenfalls in „The Lancet“ veröffentlicht wurde, warnen die Suchtmediziner Sarah Callinan von der australischen La Trobe Universität und Michael Livingston vom Karolinska Institut in Stockholm hingegen, die Vorhersagen der Studie mit Vorsicht zu genießen. So seien exakte Prognosen zu Alkoholkonsum und Wirtschaftswachstum immer sehr schwer zu treffen.

Nichtsdestotrotz sollten gerade Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ihre Suchtmittelpolitik anpassen, da eben hier damit zu rechnen sei, dass die Menschen künftig mehr trinken. Beispiele aus Ländern mit hohem Einkommen hätten gezeigt, dass etwa höhere Preise oder eine Einschränkung der Verfügbarkeit effektiv sein könnten, schreiben Callinan und Livingston.

Gleichzeitig seien Werbeverbote oder Restriktionen sinnvolle Maßnahmen – auch gegen den Widerstand der Industrie. (dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 08.05.201914:26 Uhr

Hypothese fällt wie ein Kartenhaus zusammen 2.0!

"Global alcohol exposure between 1990 and 2017 and forecasts until 2030: a modelling study" von Jakob Manthey et al.
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)32744-2/fulltext

beobachtete in einem Zeitraum von Anfang 1990 bis Ende 2017 über 28 Jahre einen Anstieg des Alkoholkonsums der Weltbevölkerung um 70 Prozent. Das sind pro Jahr 2,5 Prozent.

1990 betrug die Zahl der Weltbevölkerung gerundet 5,3 Milliarden Menschen, davon 2,67 Milliarden Männer und 2,63 Milliarden Frauen (Nach UN Population Database,
World Population Prospects, the 2010 Revision).

2017 betrug die Zahl der Weltbevölkerung gerundet 7,435 Milliarden Menschen, davon 3,75 Milliarden Männer und 3,686 Milliarden Frauen.

Laut "UN World Population Prospects, the 2015 Revision" lag die Weltbevölkerung
1990 bei 5,31 Milliarden Menschen und 2017 bei 2017 bei 7,515 Milliarden Menschen.

Das allein bedeutet auf Grund der aktualisierten Zahlen einen Anstieg von 41,5 Prozent bei der Weltbevölkerung.

Die weltweite Lebenserwartung stieg im Zeitraum von 1990-1995 von durchschnittlich 64,5 Jahren auf 70,8 Jahre im Zeitraum 2010-2015
Quelle: Durchschnittlichen Lebenserwartung in 176 Ländern mit mindestens 90.000 Einwohnern über mehrere Zeiträume im Zehn-Jahres-Rhythmus (World Population Prospects der Vereinten Nationen).

Eine weitere Quelle gibt einen Anstieg der globalen durchschnittlichen Lebenserwartung von 64 bis 72 Lebensjahren im Zeitraum von 1990 bis 2016 an.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/227318/umfrage/weltweite-lebenserwartung-bei-geburt-nach-geschlecht/

Das ergibt bis Ende 2017 einen weiteren Zuwachs von geschätzt 13 Prozent.

Wie soll dann angeblich weltweit immer mehr Alkohol getrunken werden, so das Ergebnis einer internationalen Studie im Fachblatt „The Lancet“ (8. Mai online, doi: 10.1016/ S0140-6736(18)32744-2), wenn allein der Anstieg potenzieller Alkohol-Konsumenten im Untersuchungszeitraum von 1990 bis 2017 bzw. die Lebenserwartung derselben insgesamt 54 Prozent betragen hat.

Die zur Übertreibung neigende, dramatisierende Hypothese, dass in einem Zeitraum von Anfang 1990 bis Ende 2017 über 28 Jahre ein Anstieg des Alkoholkonsums der Weltbevölkerung um 70 Prozent zu beobachten sei, fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Als „worst-case-scenario“ bleibt ein jährlicher Anstieg des weltweiten Alkoholkonsums von 0,57 Prozent pro Jahr übrig.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Claus F. Dieterle 08.05.201911:15 Uhr

"Faktoren wie Religion..."

Dazu eine Aussage der Bibel, nämlich Epheser 5,18: "Und trinkt euch keinen Rausch an, denn übermäßiger Weingenuss führt zu zügellosem Verhalten...".

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