Vergewaltigung
Vom Trauma zum chronischen Schmerz
Eine Vergewaltigung hinterlässt dauerhaft Spuren - nicht nur in der verletzten Psyche. Forscher aus den USA haben jetzt gezeigt, dass betroffene Frauen dauerhaft Schmerzen entwickeln - auch an nicht verletzten Körperteilen.
Veröffentlicht:CHAPEL HILL. Die Folgen sexueller Gewalt beschränken sich mitnichten auf psychische Probleme wie etwa eine posttraumatische Belastungsstörung.
Vielmehr äußern sie sich auch in massiven körperlichen Symptomen, wie eine Gruppe von Wissenschaftlern des TRYUMPH-Forschungsprogramms der University of North Carolina herausgefunden hat (Eur J Pain 2013, online 10. September).
Die Beschwerden halten dabei weit über das akute Stadium hinaus an. Und während die Schmerzen an den von der Gewalt betroffenen Körperstellen mit der Zeit nachlassen, kommt es in anderen Regionen zu neu auftretenden oder sich verschlimmernden Symptomen.
In ihre Studie hatten die Forscher Frauen aufgenommen, die nach einer Vergewaltigung medizinische Hilfe gesucht hatten. 69 von ihnen ließen sich eine Woche, sechs Wochen und drei Monate nach dem gewaltsamen Übergriff zu ihrem Befinden befragen.
58 Prozent der Frauen berichteten nach sechs Wochen und 60 Prozent nach drei Monaten über neu aufgetretene oder verstärkte Schmerzen. Dabei handelte es sich in rund 80 Prozent der Fälle um Körperstellen, die bei der Vergewaltigung unverletzt geblieben waren.
Am häufigsten: Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen
Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen wurden am häufigsten geklagt; rund jede dritte Frau mit Schmerzen berichtete darüber. Aber auch Bauch-, Brust-, Arm- und Beinschmerzen wurden nicht selten genannt, die Häufigkeiten lagen zwischen 11 Prozent und 28 Prozent.
Neben den Schmerzen gab es weitere Beschwerden, die ebenfalls nach drei Monaten noch persistierten: Übelkeit, Konzentrationsstörungen, Ruhelosigkeit, Herzrasen, anhaltende Müdigkeit, Schlafstörungen, Lärmempfindlichkeit, Jucken der Haut sowie der Augen und Händezittern.
Schmerzen, sonstige körperliche Symptome und Zeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung korrelierten dabei nur schwach. Dies spricht dafür, dass es sich bei den körperlichen Beschwerden nach sexueller Gewalt um ein eigenständiges Geschehen handelt.
Die Wissenschaftler aus North Carolina vermuten, dass physiologische Stressmechanismen aktiviert werden, welche die zentrale und periphere Schmerzempfindlichkeit steigern - etwa über dauerhaft erhöhte Katecholamin- und Glukokortikoidspiegel. (rb)