Botulinumtoxin A lindert chronische Migräne
Etwa 0,4 bis 0,9 Prozent der Bevölkerung leidet unter chronischer Migräne. Für diese Patienten, die von Kopfschmerz-Experten betreut werden sollten, hat sich Botulinumtoxin A in Studien als gut wirksam erwiesen.
Veröffentlicht:FRANKFURT AM MAIN. Vor einem Missbrauch der Diagnose "chronische Migräne", um eine Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin vorzunehmen, hat der Neurologe Professor Wolfgang Jost aus Wiesbaden bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie in Frankfurt am Main gewarnt.
Noch in diesem Jahr wird in Deutschland die Zulassung von Botulinumtoxin A (BTX-A) zur Therapie bei chronischer Migräne erwartet. Bisher handelt es sich noch um einen Off-Label-Use.
Doch schon jetzt kämen in solchen Fällen Rückfragen der Kostenträger zum konkreten Injektionsschema, so der Neurologe. Dieses Injektionsschema sei durch die Zulassungsstudien vorgegeben.
Nur 0,4 bis 0,9 Prozent der Bevölkerung leiden an chronischer Migräne
Jost wies darauf hin, dass die erst seit 2004 bestehende Klassifikation "chronische Migräne" bei strenger Definition lediglich 0,4 bis 0,9 Prozent der Bevölkerung betreffe. Gemeint sind damit nach seinen Angaben Attacken, die mindestens acht Tage anhalten, wobei über mindestens 50 Prozent der Zeit die Kopfschmerzen bestehen.
Zwar reduziere bei diesen Patienten BTX-A die Zahl der Migränetage sowie die Tage mit mittelschwerer und schwerer Migräne etwas. Die Behandlung müsse allerdings in ein multidisziplinäres Therapiekonzept eingebettet sein. Daher sollten nur Kopfschmerz-Spezialisten BTX-A anwenden.
Geplant ist, für dieses Patientenklientel in Deutschland sogenannte Centers of Excellence einzurichten, an denen entsprechende Erfahrungen mit chronischer Migräne vorliegen.
Dauer des Kopfschmerzes reduziert
In den beiden Zulassungsstudien PREEMPT I und II waren knapp 1400 Patienten mit chronischer Migräne alle zwölf Wochen mit Botulinumtoxin-A-Injektionen oder mit Placebo-Injektionen an 31 definierten Punkten im Bereich von sieben Kopf- und Nackenmuskeln behandelt worden.
Je Punkt erhielten die Patienten der Verumgruppe fünf Einheiten des Medikaments. Innerhalb von 24 Wochen war die Zahl der Migränetage in der Verumgruppe um etwa acht Tage, in der Placebo-Gruppe um etwa sechs Tage pro Monat gesunken, die Dauer der Kopfschmerzen wurde um 120 und 80 Stunden reduziert.
*PREEMPT: Phase III REsearch Evaluating Migraine Prophylaxis Therapy ( Cephalalgia 2010; 30: 793 , Cephalalgia 2010; 30: 804, Headache 2010; 50: 921)