Im Alter
Ungesunder Lebensstil - früher am Stock
Wenn sich Senioren zu wenig bewegen, rauchen und mit Obst und Gemüse geizen, erhöht das ihre Gefahr für Behinderungen.
Veröffentlicht:VERSAILLES. Wer im Alter einen ungesunden Lebensstil pflegt, muss eher damit rechnen, sich irgendwann nicht mehr ohne fremde Hilfe versorgen zu können, als gesundheitsbewusste Senioren.
Mehr noch zeigt eine französische Studie: Die Folgen der schlechten Angewohnheiten summieren sich. So hatten Fertiggerichte futternde, rauchende Couchhocker das höchste Risiko, innerhalb von zwölf Jahren eine körperliche Einschränkung bzw. Behinderung zu entwickeln.
In einer populationsbasierten Untersuchung (Three-City Dijon Cohort Study) wollten Fanny Artaud und ihr Team von der Université de Versailles St.-Quentin herausfinden, welchen Einfluss ein ungesunder Lebensstil auf das Behinderungsrisiko bzw. Einbußen in der Selbstständigkeit alter Franzosen hat.
Hierzu wurden 3982 mindestens 65-jährige Einwohner ohne Beeinträchtigungen zwischen 1999 und 2001 in die Studie aufgenommen. In der Zeit bis 2012 wurden zu fünf Zeitpunkten Daten über den jeweiligen Gesundheitszustand der Probanden erhoben.
Als beeinträchtigt bzw. behindert wurden Teilnehmer eingestuft, die mindestens eine instrumentelle (z. B. Einkaufen) oder Basisaktivität (z. B. Waschen, Ankleiden) des Alltags oder zum mobilen Leben erforderliche Aktivität nicht mehr ohne fremde Hilfe bewerkstelligen konnten (BMJ 2013;347:f4240).
Wer rastet, der rostet
Während der zwölfjährigen Beobachtungszeit entwickelten 1236 Teilnehmer eine mittelgradige bis schwere Behinderung. Die Inzidenz stieg von 3,4/1000 bei den 65- bis 70-Jährigen auf 288/1000 bei den über 90-Jährigen.
In intervallzensierten Überlebenszeitanalysen (adjustiert für Alter, Geschlecht, Familienstand und Ausbildung) ergab sich ein unabhängiger Zusammenhang zwischen dem Behinderungsrisiko und bestimmten Lebensstilfaktoren.
So hatten Senioren, die körperlich nur wenig aktiv waren (‹ 1 h täglich zu Fuß unterwegs und ‹ 1 x wöchentlich Sport), ein mehr als doppelt so hohes Risiko wie sportliche Rentner (› 1 h täglich zu Fuß unterwegs und › 1 x wöchentlich Sport), sich im Alter nicht mehr vollständig selbst versorgen zu können.
Wer weniger als viermal pro Woche Früchte und Gemüse aß, dessen Risiko stieg um das 1,3-Fache gegenüber denen, bei denen mindestens einmal am Tag ein solch vitaminreiches Essen auf den Tisch kam.
Auch bei den Rauchern und solchen, die ihr Laster vor weniger als 15 Jahren aufgegeben hatten, zeigte sich ein Nachteil gegenüber den Nichtrauchern (HR 1,3). Keinen Einfluss hatte der Studie zufolge dagegen die Menge des Alkoholkonsums.
Kamen allerdings mehrere schlechte Angewohnheiten zusammen, trieben diese das Behinderungsrisiko zunehmend in die Höhe.
Einflussnahme nicht versäumen
Ein körperlich inaktiver Senior etwa, der kaum Obst und Gemüse aß und obendrein rauchte, hatte gegenüber einem gesund lebenden Rentner ein 2,5-fach höheres Risiko.
Mitverantwortlich für die Zusammenhänge zwischen ungesundem Lebensstil und Behinderung waren in erster Linie chronische Krankheiten. Aber auch Faktoren wie Depressionen, BMI und kognitive Fähigkeiten scheinen eine Rolle zu spielen.
Die Autoren halten die Ergebnisse ihrer Studie deshalb für so bedeutend, weil es sich bei den Risikofaktoren um solche mit Potenzial für Veränderungen handelt.
So könne künftig die Zahl körperlicher Beeinträchtigungen bei Senioren möglicherweise sinken, wenn mehr ältere Menschen zu einem gesunden Lebensstil motiviert würden.
Die erfolgreiche Umsetzung solcher Strategien könnte den Studiendaten zufolge mehr Menschen auch im hohen Alter ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. (St)